Review Greylevel – Opus One

„I sit and watch you, feeling helpless and scared, can I wake you, will you know I’m there? I remember your laughter, seems so far away and I think of heaven, and if we we’ll meet there someday – your light went out tonight…”

Wenn solche Lyrics auf einer Platte zu finden sind, dürfte klar sein, dass es sich bei dem Album nicht um die optimale Untermalung für Cabriofahrten im bald beginnenden Frühling handeln dürfte. Bei dem Debütwerk von GREYLEVEL kommt man aber ohnehin nicht auf diese Idee: Bandname, Artwork und Songtitel strahlen eine solch graue Eintönigkeit auf, dass nun wirklich nichts ferner liegt, als GREYLEVEL im Plattenregal unter „Gute-Laune“-Scheiben einzuordnen.

In sechs teils überlangen Tracks kreieren Derek Barber und seine Frau Esther zusammen mit ihrem Gitarristen Richard Shukin epische, fließende Melancholie und konzentrieren sich dabei ganz besonders auf das Erschaffen einer mitreißenden Atmosphäre, der sich der Hörer nicht mehr entziehen kann. GREYLEVEL fallen in dieser Hinsicht wohl nur schwer unter das, was sich gemeinhin als klassischer Prog entpuppt, sondern bewegen sich eher in der Schnittmenge von sanftem, nicht allzu durchgedrehtem New Artrock und jeder Menge Ambientsounds. Der Sound kommt klar, kühl und klinisch rüber, aber irgendwie doch persönlicher und intimer als beispielsweise bei Porcupine Tree. Musikalisch sind GREYLEVEL freilich gar nicht so weit von der ruhigen Nummern des Stachelschweinbaums entfernt. Esther und Derek Barber teilen sich während des gesamten Albums den Gesang und erzeugen mit ihren Stimmen eine Art Sog, der den Hörer in die Musik hineinzieht. Obwohl die Stimmen keineswegs zur obersten Güteklasse gehören, passen sie einfach zu den Soundscapes, die die Band erschafft. Für die ausführlichen Synthiflächen, Akustikgitarrenpassagen oder die sanft dahinwabernden Gitarrenlicks lässt man sich dabei wesentlich mehr Zeit als so manche Genrekollegen. So kann es zum Beispiel sein, dass manchem Hörer die beiden Longtracks „Blue Waves“ oder „Possessing Nothing“ für ihre jeweils gute Viertelstunde Spielzeit recht langatmig, lahm und eintönig vorkommen. Ganz klar, rocken kann die Band nicht wirklich, aber wer genug Zeit und Ausdauer mitbringt, der wird in „Opus One“ durchaus mit einer Atmosphäre belohnt, die irgendwo zwischen Herbst und Space-Sounds beheimatet ist und die wirklich perfekt ausgearbeitet ist. Immer wieder setzt auch das Piano großartige Akzente, zum Beispiel in „Blue Waves“. GREYLEVEL hatten beim Schreiben und Einspielen eine ganz klare Vision und haben sie perfekt in Musik umgesetzt. Das diese Musik dabei nicht allzu viele Anhänger finden wird, dürfte zu vernachlässigen sein. Es gibt nur wenige Bands, die einen einmal eingeschlagenen Weg konsequent ein ganzes Album durchgehen, ohne sich Ausreißer, sowohl in stilistischer, als auch in qualitativer Hinsicht zu leisten. In dieser Hinsicht ist GREYLEVEL tatsächlich eines der organischsten Alben gelungen, die ich kenne. Die drei hier versammelten Musiker brauchen keinen Sticker „klingt wie Porcupine Tree“ oder einen Quoten-Rocker, um auf sich aufmerksam zu machen. Ganz nebenbei: Einen Drummer brauchen sie auch nicht.

„Opus One“ ist das perfekte Beispiel für ein rundes Album, aus dem man keinen einzelnen Track rauspicken oder gar die Reihenfolge der Tracks ändern sollte. Hörer, die Gefallen an den ruhigen Sachen von Porcupine Tree, Anathema, Pink Floyd oder auch Blackfield finden und sich dabei vorstellen können, dass die Melodien weniger eindringlich dargeboten werden, dafür aber umso mehr Atmosphäre von Synthies und Akustikgitarren aufgebaut wird, denen sei das ausgesprochen reife Debüt von GREYLEVEL ans Herz gelegt. Mag übrigens durchaus sein, dass die Musik den Hörer etwas runterreißt, aber das auf eine angenehme und nicht nachtragende Art und Weise. Und wer so ein Album hört, ist sich um seine Wirkung eh bewusst. Das hier ist Kunst!

Wertung: 8.5 / 10

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