Review Helfró – Helfró (Re-Release)

  • Label: Season Of Mist
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Seitdem dezidiert zwischen Black und Death Metal unterschieden wird, gehört es sozusagen zum Extreme-Metal-Basiswissen, dass ersterer im Allgemeinen darauf ausgelegt ist, eine bestimmte Atmosphäre aufzubauen, während in letzterem Brutalität und Technik das Maß aller Dinge sind. Es gibt aber auch Ausnahmen von der Regel – man denke hierbei nur an die vertrackten Kompositionen von Emperor oder Enslaved, die schiere Aggression von Marduk und die obskuren Klangräume von Ulcerate oder Ævangelist. Dass Black Metal nicht immer an spielerischer Präzision vermissen lassen muss, bezeugen auch HELFRÓ mit ihrem selbstbetitelten, ursprünglich 2018 in Eigenregie herausgebrachten Debüt, das inzwischen über Season Of Mist neuerlich veröffentlicht wurde.

Dass der Re-Release von „Helfró“ trotz Beigabe eines neuen Opening-Tracks („Afeitrun“) mit einer knackigen Laufzeit von 37 Minuten auskommt, trägt nicht unwesentlich zur Effektivität der Platte bei. Mit seinem außerordentlich rabiaten und zugleich punktgenau eingespielten Songmaterial gestaltet sich das bislang einzige Album des ursprünglich von Ragnar Sverrisson als Ein-Mann-Band geführten, inzwischen zu einem Duo angewachsenen Projekts nämlich durchaus herausfordernd. Hier jagt ein rasantes Riff das nächste, Double-Bass und Blast-Beats rattern beständig in Höchstgeschwindigkeit und ein einzelner Track enthält hier mehr Breaks als so manche Black-Metal-LP als Ganzes.

Eiskalte Leads und monotone Gitarrenwälle hört man von HELFRÓ selten bis gar nicht, stattdessen drücken sich die Isländer primär über brachiales, aber stets klar definiertes und vielfach variiertes Tremolo-Picking aus. Entsprechend manisch ist Sverrissons Gesangsperformance, im Zuge derer er in Sekundenschnelle von gekreischten Screams zu ungeschlachten Growls wechselt. Manchen der Tracks verpassen HELFRÓ mithilfe von geisterhaften Clean-Vocals, für die Gastsänger Gísli S verantwortlich zeichnet, und ominösen, aber doch griffigen Keyboards zudem einen leicht unheimlichen Touch („Hin Forboðna Alsæla“).

Davon abgesehen spielt die Atmosphäre auf „Helfró“ jedoch eine untergeordnete Rolle, was sich insbesondere in dem von Stephen Lockhart (Svartidauði, Sinmara etc.) kreierten Klangbild bemerkbar macht. Im Gegensatz zu dem schemenhaften, surrealen Sound, den man von dem isländischen Produzenten gewohnt ist, werden die einzelnen Töne hier ebenso detailgetreu wiedergegeben, wie sie zuvor von HELFRÓ eingespielt wurden. Auf verklärende Halleffekte und andere derartige Spielereien hat man hier zugunsten eines gestochen scharfen, modernen Klangs weitgehend verzichtet.

Mit ihrem Debüt haben HELFRÓ sich nicht nur als eine der wenigen Black-Metal-Combos, die ihr Hauptaugenmerk auf komplexe Arrangements und gezielte Schlagkraft legen, zu erkennen gegeben, sondern auch unter Beweis gestellt, dass sie sich ausgesprochen gut auf diese Herangehensweise verstehen. Nichtsdestotrotz ist es ein wenig schade, dass die fraglos talentierten Newcomer es nicht für nötig befunden haben, die wenigen stimmungsvollen Parts weiter auszubauen – zumal die Kompositionen noch ein paar zusätzliche Höhepunkte gebrauchen hätten können, um sich besser einzuprägen. So haben HELFRÓ ein nüchtern betrachtet beeindruckendes, jedoch nicht über die Summe seiner Teile hinauswachsendes Album geschaffen.

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Wertung: 7 / 10

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