Human Abyss Anatomy Of Anxiety Coverartwork

Review Human Abyss – Anatomy Of Anxiety

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2022
  • Spielart: Death Metal

HUMAN ABYSS bieten mit ihrem Debütalbum „Anatomy Of Anxiety“ schwere Kost – und das bezieht sich erstmal gar nicht mal auf die Musik, sondern auf die Hintergrundgeschichte. Die Berliner behandeln Themen wie „zwischenmenschliche Abgründe“ und „den tiefen Schmerz der menschlichen Natur“. Dabei steht vor allem Sänger Lynn im Mittelpunkt: Er wurde bei der Geburt als intergeschlechtlich identifiziert (wies also sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale auf), musste sich medizinisch fragwürdigen Operationen unterziehen und leidet bis heute an den Folgen von Fehlbehandlungen. Diese ungerechte Behandlung und die Missachtung seiner Persönlichkeitsrechte versucht Lynn nun musikalisch zu verarbeiten, nachdem er mehrere Jahre in diversen Print- und Rundfunk-Medien aktiv war.

Dass bei dieser Thematik kein locker-flockiges Album entstehen kann, versteht sich von selbst. Angefangen vom bitterbösen Schwarz-weiß-Cover kredenzen HUMAN ABYSS düsteren, melancholischen melodischen Death Metal. Neben einer Portion Schweden steckt auch ein kalter Hauch Norwegen in den acht Songs: Die Riffs sind klar von der Göteborger Schule geprägt, die Melodien erinnern häufig an ganz klassischen 90er-Jahre-Death-Metal. Dazu kommt eine Brise eiskalter Atmosphäre und garstige Raserei, das sorgt für eine herbe schwarzmetallische Schlagseite.

Das Songmaterial ist über die gesamten 38 Minuten sehr solide, HUMAN ABYSS machen nichts falsch und haben ein gutes Gespür für dynamische Riffs und flirrenden Gitarren, Groove und Soli an den richtigen Stellen und beeindrucken vor allem mit starken Melodien. Vor allem in der zweiten Albumhälfte trauen sich die Berliner an straightere Rhythmen: „Disappear“ ist äußerst headbangtauglich und das herrlich stampfende „Mors Cardo“ lässt Bärte und Haare gleichermaßen in Amon-Amarth-Manier rotieren. Das vorab ausgekoppelte „Shallow Water“ ist ebenfalls stark, bewegt sich bis auf kurzzeitige Raserei jedoch eher im gemächlichen Midtempo und zeigt mehr die melancholische Seite der Band.

„Anatomy Of Anxiety“ ist sicher eine Herzensangelegenheit für HUMAN ABYSS, der Eigenproduktion hört man aber leider auch an, dass sie ohne großes Budget produziert wurde. Der Sound ist durchaus charmant, an vielen Stellen fehlt aber der Druck, der etwas schwachbrüstige Klang leidet zudem an zu dominant abgemischten Gitarren. Der zweite Streitpunkt des Albums und enorme Geschmackssache ist wohl der Gesang von Lynn: Seine heiseren Growls sind nicht schlecht, die Screams klingen jedoch zu gepresst, zu bemüht – das erinnert nicht wenig an melodische Black-Metal-Alben der späten 90er wie etwa von Stormlord. Lynn schafft es allerdings auch, eine breite Palette von Wut über Verzweiflung bis zu nachdenklichen Momenten abzubilden.

HUMAN ABYSS blicken in menschliche Abgründe und wollen auf ein schwieriges Thema aufmerksam machen – ob das mit „Anatomy Of Anxiety“ gelingt oder nicht, der Ansatz und das Vorhaben sind natürlich sehr  unterstützenswert. Rein musikalisch betrachtet haben wir hier ein gut gemachtes Debütalbum mit einer ganz guten ersten und einer sehr guten zweiten Hälfte. Wenn HUMAN ABYSS an starke Songs wie das abschließende „Endurance“ mit Groove, Stakkato-Riffs und mächtig Wumms anknüpfen, kann eine Nachfolgeplatte vielleicht so richtig überzeugen.

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Wertung: 6 / 10

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