Review Iron Jaws – Guilty Of Ignorance

  • Label: Pure Steel
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Heavy Metal

Schuldig im Sinne der Anklage. Der Delinquent gibt sich auch keine Mühe, sein Verfehlen zu verbergen, im Gegenteil; man hat es hier mit einer astreinen Selbstanklage zu tun, einem in der Literatur klassischen Fall, der schnell und schmerzlos abgewickelt werden kann. „Guilty Of Ignorance“ – sehr selten stimmen Programmanspruch und dessen Umsetzung so nahtlos miteinander überein, wie dies bei dem zweiten Werk der Italiener IRON JAWS der Fall ist.

Wie die oben angeklungene Ignoranz sich ausdrückt, ist leicht auszumachen: Sie besteht in der vollkommenen Ausblendung aller musikalischer Bewegungen der letzten 25 Jahre. Nachdem die 2000er Jahre zuerst mit einer Flut von Reunions aufwarten konnten (die – häufig überflüssigerweise – noch anhält), kommen jetzt die jungen Bands und machen durch ihre „Besinnung auf die Ursprünge des Heavy Metals“ das erneute Zusammenfinden fragwürdiger Legenden aus den 80ern endgültig redundant. Um es abzukürzen: IRON JAWS spielen vollkommen schnörkellosen Speed Metal der ersten Stunde, eine ordentlich deftige Mischung aus Exciter, Motörhead und Hallows Eve (es findet sich nicht von ungefähr ein Cover des Hallows Eve Klassikers „Metal Merchant“ auf der CD).

„Guilty Of Ignorance“ setzt vor allem auf eins: Geschwindigkeit. Mit „No Speed Limit“ findet das Trio einen äußerst gelungenen Start in die insgesamt zwölf Songs des Albums. Die Gitarren sind ordentlich kratzig und spulen stur und unbeirrbar ihre geradlinigen Riffs herunter, darüber ein fliegendes Schlagzeug und ein Sänger, der seine hohe, raue Stimme oft bis zum Überschlagen strapaziert. Noch ein Wort diesem Stimmbandakrobaten: Es lässt sich zwar nicht leugnen, dass dieses aggressive Organ, vor allem dann, wenn es sich in förmlich übersteuernde Rasereien stürzt, enorm genretauglich ist. Leider ist es mit der Abwechslung nicht weit her. Nur dann, wenn Sänger Andrea „MIXY“ Finotti tiefere Töne anschlägt, sind überhaupt Variationen merkbar – das ist insofern schade, als gerade diese Passagen (wie beispielsweise in „Nuclear Disaster“) eine gewisse Griffigkeit entwickeln können.

Wie bei der bereits konstatierten Anklagesituation nicht anders zu erwarten, verklären die Angeklagten ihr Vergehen zu einem parasakralen Akt – was für gewöhnlich unter „Old School“ firmiert. Und ja, wenn „Guilty Of Ignorance“ überhaupt etwas ist, dann das. Man beachte das Cover. Absolut alte Schule. Die Songs kennen nur eine Richtung, nach vorne, am liebsten schnell (mit „Whitch Hunter“ findet sich gerade mal ein einziger Song im Mid-Tempo-Bereich) und das alles versehen mit einer authentischen Faust-in-die-Luft-Attitüde. Jeder Ton dieses Albums ist geschrieben worden, um in brachiale Live-Auftritte umgemünzt zu werden, das minimalistische Riffing auf „Guilty Of Ignorance“ ist Tanzmusik für jeden Kuttenträger. Live – auf CD stirbt diese Musik langsam vor sich hin; obwohl die meisten der Stücke für sich genommen Spaß machen, können sie den Langzeittest kaum bestehen. Dafür ist diese Musik auch nicht gemacht. Das hier ist ganz Rauch und Ekstase und bekanntlich wacht man aus beidem mit einem Kater auf und hat dann erstmal eine Weile genug.

Trotzdem: IRON JAWS liefern mit ihrem Zweitwerk ein absolut stilbewusstes Scheibchen ab, das tatsächlich nicht nur für Traditionalisten interessant ist, sondern jedem Freund ehrlichen und schnörkellosen Speed Metals einige schweißtreibende Minuten bescheren sollte.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

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