Lindy-Fay Hella & Dei Farne - Hildring Cover

Review Lindy-Fay Hella & Dei Farne – Hildring

LINDY-FAY HELLA ist eine Musikerin mit einer interessanten Geschichte. Schon in ihrer Jugend verliebte die spätere Wardruna-Sängerin sich in den Klang von Synthesizern und insbesondere in Depeche Modes „Black Celebration“ (1986). Durch ihre Urgroßmutter, die eine Angehörige der Samen war, hat die Norwegerin allerdings auch einen Bezug zu der traditionellen Musik jener Volksgruppe, dem Joik. Dieser nur spärlich auf Instrumenten untermalte, oft improvisierte Ritualgesang diente ursprünglich nicht der Unterhaltung, sondern der Herstellung einer spirituellen Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Umgebung. Im Einklang mit diesem Ursprungszweck besingt LINDY-FAY HELLA auf ihrem zweiten Soloalbum „Hildring“, das sie mit den drei gleichgesinnten Künstlern von DEI FARNE aufgenommen hat, die Wunder der Natur.

Auch bezüglich der Instrumentierung scheinen LINDY-FAY HELLA und DEI FARNE sich bis zu einem gewissen Grad am Joik orientiert zu haben. In melodischer Hinsicht sind die Tracks einfach gehalten, der Fokus liegt oft auf Gesang und Rhythmik. Mit ihrer ungewöhnlich piepsenden Stimme führt LINDY-FAY HELLA geradewegs in die auf hypnotischen Synthesizern, Zupf- und Tasteninstrumenten vertonten Untiefen der Anderswelt, während bodenständige Tribal-Perkussionen dazu animieren, dem dryadenhaften Locken der Sängerin eilig zu folgen („Hildring“).

Dringt man weiter in das klangliche Dickicht vor, offenbart sich in manchen der wunderbar ungetrübt klingenden, nuanciert produzierten Stücke eine ungeahnte Vielschichtigkeit. Insbesondere von dem fremdartigen „Insect“ mit seinen spacigen Synthesizern geht eine besondere Faszination aus. Leider haben nicht alle Songs auf „Hildring“ dieselbe eindrucksvolle Wirkung. So führt etwa das geheimnisvoll-monotone „Brising“ mit seinen Retro-Synths und tiefen, beschwörenden Vocals gefühlt nirgendwohin und die peppige Folk-Rock-Nummer „Taag“ ist zwar nett anzuhören, wirkt im mystischen Kontext der Platte aber etwas zu alltäglich.

Auch die sanfte Piano-Ballade „The Lake“ und das gesetzte „Kjetto“, das an Björks Kreationen auf „Biophilia“ (2011) erinnert, werden einzig durch LINDY-FAY HELLA und ihren intimen Gesang gerettet. In den letzten beiden Tracks läuft die Stimmakrobatin noch einmal zur Höchstform auf: In „Otherworld“ ruft sie aus vollem Hals und von spürbarer Neugier getrieben über trippelnde Electro-Sounds hinweg das Ungewisse an und ihre improvisiert wirkende Performance in „Gjelet“ lässt erahnen, wie sich eine rituelle Ekstase anfühlen muss.

Auf „Hildring“ haben LINDY-FAY HELLA und DEI FARNE Eindrücke einer wundersamen Welt festgehalten. Wie an jedem noch so magischen Ort finden sich im Zuge des 40 Minuten langen Albums aber auch einige gewöhnliche Stellen, die keinen besonderen Zauber in sich tragen. In ihren geistvollsten Momenten verweben die vier Musiker*innen ihre vorzeitlichen und modernen Einflüsse zu einem fantastischen Klanggeflecht („Insect“). Die unscheinbareren Parts werden hingegen zumindest von der hervorragenden Produktion und dem beseelten, wenn auch gewöhnungsbedürftigen Gesang der Frontfrau getragen. Obwohl LINDY-FAY HELLA bereits Spannenderes veröffentlicht hat, ist ihre erste Zusammenarbeit mit DEI FARNE also alles in allem ganz gut geglückt.

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Wertung: 7 / 10

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