Review Mercyless – The Mother Of All Plagues

  • Label: Xenokorp
  • Veröffentlicht: Mercyless
  • Spielart: Death Metal

Nicht mehr ganz so leicht zu verwechseln mit den schwedischen Death-Thrashern Merciless sind die französischen Death-Thrasher MERCYLESS. Das war nicht immer so: Die Demos während der ersten Jahre erschienen zunächst mit „I“ in der Mitte des Namens. Doch da es dort oben im Norden noch eine andere, gleichnamige Band gab, die zu allem Überfluss auch noch dasselbe Genre beackerte – und zudem ein Jahr früher gegründet wurde, nämlich 1986 – entschieden sich die Westeuropäer für das mittständige „Y“ im Namen. Unter diesem Banner kam 1992 das Debüt „Abject Offerings“ auf den Markt, das heute gemeinhin als einer der Eckpfeiler des Genres gilt. Seitdem hat sich einiges getan: Von der Urbesetzung ist heute nur noch Sänger und Gitarrist Max Otero übrig, der die Band im Jahr 2011 nach zehnjähriger Trennung mit neuem Line-up wieder ins Leben gerufen hat. Mit „The Mother Of All Plagues“ kommt nun das dritte Studioalbum nach der Reunion in den Handel – und setzt den bisherigen, zuletzt vom 2016er Output „Pathetic Divinity“ in Albumlänge markierten Weg konsequent fort.

Dieser führt den Hörer zunächst durch ein Intro mit Ambient-Sounds, verfremdeten Schreien und Geflüster, jaulenden Gitarren und offenbar der Stimme eines Exorzisten, der gerade eine Dämonenaustreibung durchführt. Sicherlich könnte der Track mit „Infection“ sowie das Album mit „The Mother Of All Plagues“ in Zeiten einer omnipräsenten Viruspandemie nicht passender betitelt sein – tatsächlich standen die Ideen dazu aber schon im Jahr 2018 fest. Bei der Plage kann es sich im Hause MERCYLESS folglich nicht um Covid-19 handeln, vielmehr geht es um die gute, alte christliche Weltreligion.

Die sorgt, auch wenn sich schon mehr als die halbe Szene an ihr abgearbeitet hat, bei den Franzosen nach wie vor für eine mehr als ordentliche Portion Wut im Bauch, die sie – abzüglich des Intros und des 50-sekündigen Interludes „Contagion“ – in neun hasserfüllten Todesstahl-Brocken kanalisiert haben. Herausgekommen ist eine Platte mit technisch überaus anspruchsvoll dargebotenem Death Metal mit Thrash-Anleihen und einer zeitgemäßen, druckvollen und direkten Produktion. Über eine Spielzeit von 35 Minuten zocken sich MERCYLESS durch die unterschiedlichsten Tempos und Rhythmen. Dass sie im schleppend-diabolischen, unteren Midtempo verweilen, bleibt die Ausnahme („Litany Of Supplication“), vielmehr scheint sich die Combo zu langweilen, wenn sie allzu lange ohne merkliche Variation musiziert.

Infolgedessen ist „The Mother Of All Plagues“ eine wahre Achterbahnfahrt der Geschwindigkeiten, Doublebass-Teppiche und Blast-Passagen geworden, garniert mit peitschenden Snare-Beats, wuchtigem Riffing und maßvoll eingebrachten Soli, die teilweise unerwartet melodisch ausgefallen sind. Alles andere als melodisch ist hingegen die Gesangsdarbietung von Bandkopf Otero, der bellt und keift, shoutet und growlt, wie man es auf solch einer Platte erwartet. Dabei erinnern die Franzosen mal an die polnischen Kollegen von Vader oder die niederländischen Nebenmänner von Pestilence, mal schielen sie nach Skandinavien zu den schwedischen Szene-Veteranen Grave oder gar über den großen Teich zu US-Death-Metal-Größen wie Immolation.

Dabei muss man jedoch feststellen, dass die Songs nicht so recht zünden wollen – sei es „Rival Of The Nazarene“ mit seinen variablen Drum-Patterns, aber nachvollziehbarer Struktur, „Bring Me His Head“ mit seinem stumpfen, doch immerhin eingängigen Uptempo und roh geröhrten Refrain, „Laqueum Diaboli“ mit seinem finalen Blast-Chaos oder „All Souls Are Mine“ mit seinen scheinbar willkürlich aneinandergereihten Liedfetzen. Bei allem musikalischen Können der Franzosen brechen die Tracks auf „Mother Of All Plagues“ in keine Richtung aus – und haben deshalb zwar keine Rohrkrepierer, aber eben auch keine Highlights in ihren Reihen. So stellt das neue Album von MERCYLESS einerseits den Beweis dar, dass die Death-Thrash-Veteranen immer noch liefern können, jedoch verweilt das Endergebnis im soliden Durchschnitt. Für Fans der Band sowie Genre-Liebhaber wird das allerdings schon genug sein.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert