Review Nas – Illmatic

Im Jahre 1992 sollte sich ein erst 20 jähriger Mann in Queensbridge, New York auf den Weg ins Studio machen, um sein Debüt aufzunehmen. Keiner dachte damals daran, dass dieser junge Mann, Sohn des Jazzmusikers Olu Dara, das Gesicht des Raps in seinen Grundfesten erschüttern würde. Nasir Jones, kurz NAS, setzte sich vom Mainstream, den es damals in den heutigen Dimensionen zwar noch nicht gab, ab, in dem er langsam und deutlich seine lyrisch hochwertigen Texte vortrug, während im Hintergrund geniale Basslines und Melodien die Songs in das Gehirn des Hörers einbrannten. Hier werden keine Phrasen gedroschen, hier wird auf höchstem Niveau Geschichte geschrieben.

Mit dem Geräusch eines einfahrenden Zuges wird der Hörer nach Queensbridge geführt und nach dem kurzen Intro „The Genesis“ läuft auch schon das erste große Meisterwerk dieses Album: „N.Y. State Of Mind“. Die Beats, die Basslinie und vor allem das Pianosample sind das geilste, was Rap zu bieten hat. NAS erzählt von seiner Heimatstadt und schafft dies wie kaum ein andere mit viel Ehrlichkeit und hoher Dichte an intelligenten Reimen. I’m takin rappers to a new plateau, through rap slow – und das alles von einem so jungen Mann. Auch das anschließend „Life’s A Bitch“ hält das Niveau hoch, auch wenn die Aussage etwas platt wirken mag. Hier kommen auch die Jazzwurzeln von NAS deutlich heraus, da das Stück mit einem Saxophon-Solo endet. Bei dem sehr entspannten „The World Is Yours“ spielt das Piano ebenfalls wieder eine große Rolle, aber hier sollte man vor allem auf den Text hören.
Das fünfte Lied des Album heißt passenderweise „Halftime“ und ist nach „N.Y. State Of Mind“ der nächste Riesenwurf des Amerikaners. Der Track bietet die Definition einer schweinecoolen, groovenden Basslinie. It’s like that, you know it’s like that | I got at him, now you never get the mic back |When I attack, there ain’t an army that could strike back | So I react never calmly on a hype track – solche perfekten Reime schüttelt der Mann scheinbar mühelos aus dem Ärmel.

Bei „Memory Line (Sittin‘ In Da Park)“ lässt uns NAS ein wenig an seiner Jugend teilhaben und macht auch gleich eines klar: Poetry, that’s a part of me – und alleine diese Einstellung hebt NAS und dieses Album von den Massen der heutigen Szene deutlich ab. Rap als Form der Poetik zu verstehen, ist für mich wichtig, wenn nicht sogar essentiell und genau das bedient NAS mit „Illmatic“. Aber auch die Produktion macht dieses Stück Musikgeschichte zu dem Meisterwerk, das es ist. Vor diesen Beats können sich die ganzen Klingelton-Rapper heute verstecken. Gleichzeitig wird aber auch Melodieführung groß geschrieben, wie man bei dem großartigen „One Love“ merkt. „One Time 4 Your Mind“ ist danach ein straight-forward Hardcore Rap Stück, das gleichzeitig aber wieder diesen einzigartigen Groove, der einfach zum Kopfnicken herausfordert, bietet.Die letzten zwei Tracks spielen aber wieder in einer höheren Liga. „Represent“ mit seinen treibenden Reimen und Beats macht das Ding richtig viel Spaß. Partytauglich? Keinesfalls! Der Text ist überraschend direkt, macht nachdenklich und kann einen sogar unerwartet treffen, aber wirkt niemals platt, aufgesetzt oder lächerlich. Das abschließend Stück „It Ain’t Hard To Tell“ groovt danach wieder mehr als ordentlich und unterscheidet sich wieder deutlich vom Rest des Albums, wodurch einiges an Abwechslung geboten wird.

Was bleibt abschließend zu sagen? Meiner Meinung nach ist „Illmatic“ eines der wenigen Rap Alben, das einen wichtigen Platz in der Musikgeschichte einnimmt. NAS hat diese Musikrichtung sowohl lyrisch als auch produktionstechnisch auf ein neues Level gehoben, das aber seit dem nur mehr selten erreicht wurde. Auch NAS konnte nie wieder an diese Qualität anschließen.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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