Nero Kane - Of Knowledge and Revelation Cover

Review Nero Kane – Of Knowledge And Revelation

Es liegt eine verlockende Einfachheit darin, Kunst bloß im Kontext derselben Kunstform zu betrachten. Dabei ist es oft um einiges interessanter, einen Blick auf weniger offensichtliche Inspirationsquellen zu werfen – so auch im Fall von NERO KANE und „Of Knowledge And Revelation“. Man könnte das dritte Album der italienischen Ein-Mann-Band schlicht im Dark Folk verorten und es dabei bewenden lassen. Mit dem Wissen, dass NERO KANE sich von Hieronymus Boschs Gemälde „Aufstieg der Seligen“ (1490), Gustave Dorés Holzstich zur „Göttlichen Komödie“ (1861), Emil M. Ciorans Buch „Von Tränen und von Heiligen“ (1937), Novalis’ Gedichtzyklus „Hymnen an die Nacht“ (1800) sowie Mechthild von Magdeburgs Buch „Das fließende Licht der Gottheit“ (1250-1270) beeinflussen lassen hat, erscheint die Platte jedoch sogleich um einiges faszinierender.

Angesichts dieser Querverweise ist nicht zu übersehen, dass der Glaube auf „Of Knowledge And Revelation“ eine tragende Rolle spielt. Entsprechend bedeutungsschwer klingen die verhältnismäßig langen Lieder, die es zusammen auf eine Gesamtlaufzeit von 51 Minuten bringen. Die Bodenständigkeit und Beschwingtheit, die viele Dark-Folk-Werke auszeichnet, sucht man bei NERO KANE vergebens. Stattdessen basieren die Songs des obskuren Projekts größtenteils auf repetitiven, getragenen Motiven und oft eher gesprochenen als gesungenen Vocals.

Die Akustikgitarre erfüllt hier – anders als im Dark Folk üblich – lediglich eine unterstützende Funktion, auf Perkussionsinstrumente wird sogar ganz verzichtet. Im Zentrum der andächtigen Stücke stehen vielmehr melancholische, mitunter auch mysteriös anmutende Clean-Gitarren („Lady Of Sorrow“, „The Vale Of Rest“), hypnotische Synthesizer („Burn The Faith“) und die stoischen Stimmen des Projektkopfs sowie der Gastsängerin Samantha Stella, die mit ihrer Performance stellenweise an Avantgarde-Ikone Nico erinnert.

Dass NERO KANE lediglich mit dem verträumten „The End, The Beginning, The Eternal“ eine gewisse Leichtigkeit in das ansonsten so zeremonielle Album einbringen, mag man als Mangel an Abwechslung und Drive auslegen. Im Hinblick auf die Schwere der in die Songs eingeflossenen Themen ergibt ihr langsames Voranschreiten allerdings durchaus Sinn. Zudem gestaltet NERO KANE die Musik dennoch gerade so prägnant genug, um sie nicht beliebig oder langweilig wirken zu lassen. Seine einnehmende Atmosphäre kommt „Of Knowledge And Revelation“ bis einschließlich seines sakralen Abschlussstücks „Sola Gratia“ letztlich nie abhanden.

NERO KANE hat mit seinem dritten Album gewiss nicht die außergewöhnlichste oder vielseitigste Düsterfolk-Platte geschaffen. Dennoch gehen der Italiener und seine Mitwirkenden auf „Of Knowledge And Revelation“ ihren eigenen Weg, der sie zudem an interessantere Stellen führt, als man es anhand der auf den ersten Blick unscheinbaren Songs vermuten würde. Die recht langen und in ihrem Aufbau wenig variierten Stücke stellen die Geduld mancher Zuhörender zwar mit Sicherheit auf die Probe. Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass NERO KANE sie zu einem konsistenten, stimmungsvollen Gesamtwerk zusammengestellt hat, das in seinen Bann zu ziehen vermag, wenn man sich darauf einlässt.

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Wertung: 7.5 / 10

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