Review Noctambulist – Noctambulist I: Elegieën

  • Label: Northern Silence
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Von all den unterschiedlichen, rund um die Welt zu findenden Black-Metal-Subkulturen mit ihren landestypischen Eigenheiten ist jene der Niederlande wohl die verschrobenste und kurioseste. Ob nun die obskure Ritualmusik von Urfaust, der durchgedrehte Klangwahnsinn von Laster oder die überbordend theatralischen Gruselgeschichtenvertonungen von Carach Angren – wer nicht einfach nur die hundertste Darkthrone-Imitation hören möchte, tut gut daran, im Musikoutput des flachen Tulpenlands zu stöbern. Eine weitere vielversprechende Newcomergruppe aus diesen Breitengraden ist NOCTAMBULIST. So einzigartig wie seine oben genannten Kollegen klingt das Quintett auf seinem Debüt „Noctambulist I: Elegieën“ zwar nicht, Blackgaze-Begeisterten ist die knapp 50 Minuten lange Platte dennoch wärmstens zu empfehlen.

Nach passenden Referenzbands braucht man nicht lange zu suchen, liegen NOCTAMBULIST stilistisch doch ziemlich genau auf halbem Wege zwischen Alcest und Deafheaven. Im Anschluss an ein betrübliches Intro mit scharrenden Streichern und dem Sample einer Sprachaufnahme zeigen die Niederländer in „Klatergoud“ mit rohen Riffs, Blast-Beats und garstigen Screams, dass der Black Metal hier neben den Post-Rock-Einflüssen nicht zu kurz kommt. Ebenso wenig versuchen NOCTAMBULIST jedoch, durchwegs möglichst brutal oder halsbrecherisch schnell zu spielen.

Gerade dank seines steten, flüssigen Wechsels von sanftmütigen, verletzlichen Kompositionen und intensiven Klanggewaltausbrüchen ist „Elegieën“ auch ohne besondere Alleinstellungsmerkmale ein mitreißendes Album. Dass insbesondere die beschwingten Riffs zu Beginn von „Vreugd“ an Alcest und sowohl die harschen Vocals als auch die lieblichen Clean-Gitarren mehr als nur einmal an Deafhaven denken lassen, stört also keineswegs.

Einprägsame Arrangements finden sich hier in nahezu jeden Track – allen voran die langgezogenen Melodien und schellenden Perkussionen im später punkig drauflosstürmenden „De Leegte Wenkt“ und die berührend sehnsuchtsvollen Gitarrenleads in „Vagevuur“. Sogar ein paar verspielte Bassspuren stechen hin und wieder heraus. Mit ihren Instrumenten gehen NOCTAMBULIST allerdings mitunter etwas grob um, sodass etwa das ansonsten sehr dynamische „Vagevuur“ vereinzelt etwas plump wirkt. Auch die raue Produktion vertrüge noch etwas mehr Feinschliff. Der emotionalen Strahlkraft der bis zu 14 Minuten langen Songs tut das ungeglättete Klangbild jedoch keinen Abbruch.

Gewiss haben NOCTAMBULIST mit „Elegieën“ weder das außergewöhnlichste noch das ausgefeilteste Album seiner Art kreiert. Von dem neugierig machenden Intro bis hin zu den letzten betrüblichen Pianotönen im Abschlusstrack „Kraaienmars“ ist die Platte allerdings derart mit schlüssig arrangierten, bewegenden Songs gefüllt, dass weder die allzu offensichtlichen Parallelen zu anderen Bands noch die recht grobe Umsetzung ihr zum Verhängnis wird. Wer Alcest manchmal etwas zu schmeichelweich findet, sich von Deafheaven hin und wieder vielleicht etwas mehr Fingerspitzengefühl wünscht und auch Post-Black-Metal-Interpreten wie Lantlôs oder Heretoir schätzt, sollte NOCTAMBULIST definitiv im Auge behalten. Auf die offensichtlich schon jetzt geplante Nachfolgeplatte zu „Noctambulist I: Elegieën“ darf man jedenfalls gespannt sein.

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Wertung: 7.5 / 10

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