Review Nyt Liv – Ensomhedens Kolde Kald

Dänischsprachiger Hardcore ist nicht gerade die Musik, die alltäglich den Weg in den CD-Spieler findet. So ist man es eher von skandinavischen Black-Metal-Bands gewohnt, dass sie in ihrer Landessprache singen. In punkigeren Gefilden fallen einem in dieser Sparte hingegen nur die Norweger Kvelertak ein. Der Kopenhagener Kombo NYT LIV scheint dies herzlich egal zu sein und so liegt mit ihrem Debütalbum „Ensomhedens Kolde Kald“ („Der kalte Ruf der Einsamkeit“) nun eine knappe halbe Stunde dänischer Melodic Hardcore vor.

Musikalisch orientieren sich NYT LIV am klassischen Melodic Hardcore von Bands wie Modern Life Is War oder Defeater: Kurze Songs, die häufig die Drei-Minuten-Marke nicht knacken, Verzicht auf jeglichen Klargesang sowie technisch simple Riffs, die zwischen klassischem Hardcore Punk und der benötigten Melodie jederzeit einen guten Mittelweg finden. So ergibt sich ein sehr homogenes Album, das ohne Experimente auskommt und dadurch auf der einen Seite wenige Highlights aufbietet, auf der anderen aber auch keine Ausfälle aufweist.

Für die größte Abwechslung auf „Ensomhedens Kolde Kald“ sorgen dabei vereinzelt herausstechende Melodien wie in „Blodet Skyggar“ oder das variierende Tempo der Songs untereinander. So folgt auf das schnelle und kurze „Løgne“ mit „Stille Ikke Død“ der wohl gemächlichste Song des Albums. Sehr gelungen wirken auch die hin und wieder eingestreuten ruhigen Passagen, wie es in „Det Skal Du Nok Blive“ der Fall ist. Abgesehen davon regiert häufig die Einstellung, die Songs auf einem Riff aufzubauen und durchzuziehen. Stellenweise erinnert diese Herangehensweise auch an die Aachener Fjørt: Melodie trifft auf eine gewisse Monotonie, die durch Basslines und Drum-Fills aufgebrochen wird, um anschließend in ihr altes Muster zurückzukehren.

Da bei NYT LIV im Gegensatz zu der deutschen Post-Hardcore-Truppe die Riffs in den einzelnen Liedern leider alle sehr ähnlich wirken, leidet die Vielfalt und man mag den Dänen teilweise sogar mangelnden Ideenreichtum vorwerfen. Die kurze Spielzeit des Debüts ist dabei ein rettendes Ufer, da die Songs schnell auf den Punkt kommen und das Album endet, bevor Langeweile aufkommt. Auch schafft es das Quartett leider nicht, die emotionale Tiefe der drei erwähnten Mitstreiter zu erreichen. In diesem Punkt spielt die sprachliche Barriere mit Sicherheit eine gewisse Rolle, es allein darauf zu schieben wäre aber zu einfach. Der bereits angesprochene Tempowechsel zwischen den Songs sorgt zwar für nötige Variation, verhindert gleichzeitig jedoch das Aufkommen der gewünschten Gefühle.

Letztendlich haben wir mit NYT LIVs Debütalbum „Ensomhedens Kolde Kald“ aber einen grundsoliden Einstieg vorliegen. Zwar fehlt es an richtigen Hits und etwas an Abwechslung, handwerklich agieren die Dänen jedoch auf gutem Niveau und lassen den Hörer in einigen Momenten erfreut aufhorchen. Die bodenständige Produktion ist ebenso durchweg gut gelungen – alle Instrumente sind präsent und das Album klingt zu keiner Zeit überladen. So wünscht man sich in Zukunft von NYT LIV mehr Überraschungsmomente, für ein Debüt darf sich die Platte aber so sehen und hören lassen wie sie ist. Gerade Fans der genannten Bands dürfen dabei gerne mal ein Ohr riskieren.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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