Review Rotfront – 17 Deutsche Tänze

  • Label: Rough Trade
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Punk / Punk Rock, Hip-Hop, Klezmer

Allein die Anzahl der inkorporierten Stile macht deutlich, dass ROTFRONT alles andere als eine normale Band sind. Das u.a. aus Ukrainern, Ungarn und Deutschen bestehende „Emigrantski Raggamuffin Kollektiv“ ließ seine Fans vier Jahre auf den Nachfolger von „Visa Free“ warten. Zwischendurch verließ Dorka Gryllus die Band und wurde durch Katya Tasheva ersetzt. Zudem waren ROTFRONT quasi ununterbrochen auf Tour, sei es in Deutschland, Ungarn oder Rumänien.

Je kälter die Gegend desto heftiger tanzen die Leute.
Die Russen zum Beispiel können sehr laut singen und sind die Ersten im Ballett.
Die Deutschen sind auch gute Tänzer. Sie brauchen eine Weile und eine richtige Musik doch wenn es bei denen zündet, gibt es keine Ruhe mehr.“
, so der Wortlaut von „German Dance – Proömium“. Diese Zitat Wladimir Kaminers fasst „17 Deutsche Tänze“ eigentlich recht gut zusammen und verweist zugleich auf die kulturelle sowie musikalische Vielfalt, die ROTFRONT auf ihrer neuen Platte vereinen.

„1990s“ eröffnet schwungvoll den Reigen. Mad Millan blickt auf seine wilde Jugend in der deutschen Hauptstadt zurück und lässt dabei seine charakteristischen Raps hören. Begleitet werden diese von einem rockigen Riff, Ska-Rhythmen und kräftigen Bläsern. Auch Simon bringt sein Goldkehlchen ein und die angesprochenen Themen (Auflehnung gegen elterliche Gebote, erster Vollrausch, etc.) kann wohl jeder nachfühlen. Ein sehr gelungener Auftakt zu den „17 Deutsche Tänze(n)“.
Das folgende „Loser“ kommt ebenfalls sehr schwungvoll aus den Boxen und packt im Refrain mit seinem Zusammenspiel aus knackigem Riff und fröhlichen Bläsern noch eine Schippe drauf, was mitreißende Tanzbarkeit angeht. Da der Song sich bereits live bewährt hat, ist davon auszugehen, dass man ihn auch auf kommenden Touren bewundern können wird.

„Kontrabanda“ überzeugt mit Offbeat- und Klezmerklängen und erzählt vom Schmuggel vorbei an bestechlichen und betrunkenen russischen Grenzern. „Everyone Speaks Russian“ ist fast eine reinrassige Skanummer, ohne den ROTFRONT-typischen Einschlag (süd-)osteuropäischer Folklore vermissen zu lassen. Mit „In Paris“ sowie „Cousin Lenny“ wird gleich zwei europäischen Hauptstädten gehuldigt, wobei der erste Song von Marla Blumenblatt mitausgestaltet wird und eine Hymne auf ihre Heimatstadt eigentlich auf keinem Album einer Berliner Band fehlen darf.
In „Perfect Strangers“ darf Sängerin Katya Tsaheva ihre laszive Seite zumindest stimmlich zur Geltung bringen, was dem jazzig angehauchten Song einen interessanten Spin gibt. „German Dance“ wiederum ist eine Hommage an das, oftmals belächelte, (rhythmische) Klatschen der Deutschen und dessen Anwendung in der ganzen Welt. Abschließend gibt es mit „Girl From Bayreuth“ noch eine astreine Ballade, bei dem sogar ein Streichorchester mitmischen darf.
In die zweite Hälfte von „17 Deutsche Tänze“ haben sich dann allerdings auch ein paar Songs eingeschlichen, die nicht ganz das enorm hohe Niveau des Anfangs halten können. So sind „Sober“, „Songs About Me“ oder „Superman“ keine schlechten Tracks, reißen aber nicht mehr ganz so mit. Da hilft auch nicht, dass „Weather“ mehr als nachvollziehbar vom abkühlenden Einfluss des Alltags auf die Liebe erzählt.

Und so erzählt jeder der Songs auf „17 Deutsche Tänze“ eine eigene Geschichte. Zusammengehalten wird das Album dabei von dem umfassenden Thema der interkulturellen Verständigung und des gemeinschaftlichen Spaßes, ohne dass dies direkt angesprochen werden müsste. ROTFRONT gehen hier einfach mit gutem Beispiel voran und zelebrieren das friedliche und höchst unterhaltsame Miteinander verschiedener Völker. Das ist nicht nur vorbildlich, sondern klingt auch noch absolut mitreißend – definitiv das (nicht nur) Sommeralbum des Jahres!

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Wertung: 8.5 / 10

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