Review Seder – Sunbled (Re-Release)

  • Label: Northern Silence
  • Veröffentlicht: 2020
  • Spielart: Black Metal

Über dreißig Jahre nach seiner Gründung hat sich der Black Metal wie kaum ein anderes Metal-Subgenre in die verschiedensten Richtungen weiterentwickelt. Eine der daraus erwachsenen Stilvariationen ist der Cascadian Black Metal, eine im Kern atmosphärische und oftmals naturverbundene, in den USA situierte Ausformung des Genres mit Einflüssen von Folk und Post-Rock, wie sie etwa von Agalloch, Wolves In The Throne Room oder Alda gespielt wird. Auch das 2012 von Gurthang Borealis gegründete Projekt SEDER fällt unter diese Kategorie. Mit „Sunbled“ brachte der Solokünstler im August 2018 im Alleingang sein erstes und bisher einziges Album heraus, welches nunmehr erstmalig über ein Label wiederveröffentlicht wird.

Der Sinn und Zweck eines Re-Releases liegt üblicherweise entweder darin, einem Album, das zuvor unter dem Radar der Öffentlichkeit geblieben ist, mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, oder umgekehrt darin, eine aufgrund ihrer begrenzten Erstauflage bereits vergriffene Platte wieder verfügbar zu machen. In jedem Fall sollte es sich dabei um eine Veröffentlichung handeln, die es wert ist, von mehr Leuten gehört zu werden. Worin genau dieser Wert im Fall von „Sunbled“ bestehen soll, erscheint jedoch mehr als fraglich.

Auf dem Papier erfüllt SEDER grundsätzlich sämtliche Kriterien eines passablen Cascadian-Black-Metal-Projekts: Der Gesang ist überwiegend garstig schreiend vorgetragen, die zwischendurch gegen kontemplative Clean-Gitarren eingetauschten Tremolo-Riffs klingen eher schwermütig als aggressiv, das Schlagzeug spielt Borealis oft eher gemächlich und vereinzelt gibt es auch ätherische Ambient-Einschübe („Lost, Without A Crook Around My Neck“). Die technische Umsetzung – was sowohl die Performance als auch den Sound umfasst – könnte jedoch kaum miserabler sein. Dass die kratzigen Screams eindimensional und gelegentlich sogar regelrecht atemlos klingen, ist da noch das geringste Problem.

Woran SEDER auf geradezu kolossale Weise scheitert, ist die Instrumentierung. Hier reiht sich nämlich ein spielerischer Fauxpas an den anderen und das in derart hoher Frequenz, dass man kaum noch mitzählen kann. Ständig verlangsamt oder beschleunigt sich völlig willkürlich das Tempo der Musik, von Rhythmusgefühl keine Spur. Die hin und wieder eingeworfenen Blast-Beats überhaupt als solche zu bezeichnen, wäre purer Euphemismus, handelt es sich dabei doch vielmehr um zielloses Gehämmer ohne jede Struktur. In puncto Songwriting zeigt sich SEDER ebenso kopflos, zum Teil setzen die Instrumente komplett unvermittelt ein und aus, ohne dass es auch nur irgendeinen kompositorischen Sinn ergibt. Um die Produktion ist es leider um keinen Deut besser bestellt. „Sunbled“ klingt, als kratze man mit Fingernägeln über eine Tafel – und das 36 Minuten lang.

Selbstverständlich muss Musik nicht immer hundertprozentig punktgenau eingespielt sein, um ihren Zweck zu erfüllen. In einigen Genres, wie etwa Outsider Music oder eben auch Black Metal, werden Musikstücke mitunter sogar dadurch aufgewertet, dass nicht jeder kleine Fehler wegretuschiert wird, weil sie dadurch umso aufrichtiger wirken. Ein gewisses Mindestmaß an technischen Fertigkeiten oder zumindest einen kreativen Funken sollte man allerdings erwarten dürfen – SEDER weist jedoch nichts davon auf. In ein paar Momenten, wenn die melancholischen Melodien halbwegs fehlerfrei erklingen, lässt „Sunbled“ erahnen, dass das Album mit einer besseren Aufnahmequalität durchaus akzeptabel (wenn auch nicht weltbewegend) sein hätte können. So hingegen ist es einfach nur schade um die Tonträger, die dafür vergeudet wurden.

Wertung: 2 / 10

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