Review Seelenfrost – ☽

  • Label: Talheim
  • Veröffentlicht: 2014
  • Spielart: Black Metal

Bei SEELENFROST handelt es sich um eine umtriebige Band aus dem westfälischen Werl. Umtriebig deshalb, weil die Truppe es in den letzten fünf Jahren auf immerhin vier Full-Length-Veröffentlichungen gebracht hat. Im Black-Metal-Underground sicher eine sehr vernünftige Zahl, wenn man sich die Musik des Quartetts einmal zu Gemüte führt.

So sind ja durchaus Projekte dieser Spielart bekannt, die jedes Jahr mindestens eine Platte herausbringen. Leider klingen diese Outputs in aller Regel auch so: rasch runtergekurbelt, wenig inspiriert und mit entsprechendem Sound. SEELENFROST gehen da einen Schritt weiter, man merkt der Band ihre Ambitionen in vielen Bereichen sehr schnell an. „☽“ bietet neben einem Intro acht Songs, die es auf ordentliche 44 Minuten Spielzeit bringen. Diese hingegen vergeht quasi wie im Flug, woran nicht zuletzt das abwechslungsreiche Songwriting einen gehörigen Anteil hat.
So gibt man sich nicht mit simplen 08/15-Kompositionen zufrieden, sondern zieht möglichst viele Register. So spielt man zwar in der Regel zügig drauf los, scheut sich aber nicht, auch einmal das Tempo herauszunehmen, vereinzelt wird es sogar richtig romantisch. Spielerisch ist das Niveau hoch, mehrere gut platzierte und technisch gut umgesetzte Gitarrensoli lockern „☽“ gehörig auf. Dazu kommen Celloeinlagen, denen man anmerkt, dass sich da jemand einige Gedanken zu gemacht hat. Etwas Abwechslung hätte man sich vielleicht beim Gesang wünschen können, Wächter Rutan verfügt zwar über ein ausdrucksstarkes Organ, aber auf die Dauer wird das, zugegebenermaßen gekonnte, heisere Röcheln etwas eindimensional.
Diesen kleinen Kritikpunkt kann man durch einen amtlichen Sound aber schnell ausgleichen. Für eine Black-Metal-Veröffentlichung ist der Klang nicht nur überraschend wuchtig, sondern auch von sauberer Transparenz. Dabei geht man sogar soweit und verwendet nicht einen gut ausgearbeiteten Standardsound, sondern gibt jedem Song das, was er braucht. Als Beispiel sei der teilweise stark in den Vordergrund gemischte Bass zu nennen, der in diesen Situationen richtig federführend wird.
Und zu guter Letzt wagen sich SEELENFROST auf „☽“ sogar an ein kleines Sakrileg der Szene heran: manche Nummer ist tatsächlich so was wie eingängig. Melodien, die flink ins Ohr gehen und noch dazu einige Male wiederholt werden, erlebt man selten im Black Metal, noch seltener im Underground.

Der häufige Verweis auf die Szenewächter soll vor allem eines aufzeigen: SEELENFROST widersetzen sich Konventionen und da tun sie gut dran. Für Puristen ist „☽“ sicher nichts, für alle, die gut gemachten, gut gespielten und gut produzierten Black Metal schätzen, sollten die verschiedenen Möglichkeiten des Antestens ausschöpfen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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