Review Sick – Satanism. Sickness. Solitude.

Selten passte der Name einer Band besser zu ihren Mitgliedern: Von den Promofotos der weißrussischen Formation SICK blicken uns drei nicht gerade vor Gesundheit strotzende Männer entgegen. Einer ganz glatzköpfig, die dürren Arme in Bandagen eingewickelt, der Kopf scheint irgendwie unsicher auf dem schmalen Hals zu sitzen. Der zweite mit schütterem Haar und krankhaft bleicher Haut, der dritte im Bunde mit Ringen unter den Augen, bei denen sogar Peter Tägtgren neidisch werden würde… Diese drei Herren scheinen für ihre Musik zu leben, ihre Band mit vollem Körpereinsatz zu unterstützen. Nicht gerade gesund, aber hey, wirkt immerhin authentisch.

2006 bereits wurde ihr erstes Album „Satanism. Sickness. Solitude.“ aufgenommen, jetzt, nachdem die drei Herren bei Spikefarm heimisch geworden sind, wird die Platte allerdings neu aufgelegt und findet auch ihren Weg in unsere Gefilde. Inspirieren ließen die Weißrussen sich bei ihrer Musik vom tragischen Reaktorunfall in Chernobyl, Anno 1986, der ihrer aller Leben – dem Promoschrieb zufolge – direkt beeinflusste. Ich glaub’s gern. Aber auch die Musik wirkt sehr gezeichnet von der nuklearen Katstrophe. Fieser Black Metal, angereichert mit einer apokalyptischen Atmosphäre und ein paar elektronischen Spielereien und einigen Samples. Das klingt soweit relativ unspektakulär, schießen derartige Bands doch in letzter Zeit wie Pilze aus dem Boden…

Und tatsächlich ist das Material auf „Satanism. Sickness. Solitude.“ enttäuschend nichtssagend. Heftig verzerrte Gitarren, getriggertes Drumming, fies grollende Vocals die manchmal auch durch die Effektmaschine gedreht wurden, dazu elektronische Einsprengsel und hin und wieder auch mal ein leicht psychedelischer, experimenteller Breakdown, das findet man auf SICKs erster CD alles, aber trotzdem will der Funke nicht wirklich überspringen. Ein wenig kopflos rennt die Stilmischung der Osteuropäer durch die Landschaft und nimmt dabei die eine oder andere Mauer mit, scheinbar weiß man selbst nicht so genau, wo es langgehen soll. Deswegen ist das Material auch denkbar uneingängig und erschließt sich auch nach mehreren Durchläufen noch nicht wirklich.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass die Musik des Dreiers generell schlecht wäre. Sie hat definitiv ihre Augenblicke und die sind noch nicht mal wirklich rar gesät. Das etwas klassischere „Helios“ zum Beispiel, oder das teilweise absolut deprimierende „Alone“. Auch die beiden Tracks „Emptiness“ und das daran angeschlossene „Wandering Star“ sind erwähnenswert. Ersteres ist ein komplett elektronischer Track, der eine sehr apokalyptische Atmosphäre heraufbeschwört, hier wurde das „Tschernobyl-Feeling“, wenn ich das mal so sagen darf, gut eingefangen. „Wandering Star“ ist dann ein Portishead-Cover und ich muss zugeben, dass ich mich mit der Musik dieser Gruppierung nicht sonderlich gut auskenne (nur „Roads“ kenne ich und das zieht gegen die My Dying Bride-Version dermaßen den Kürzeren…), aber das Cover hier gefällt richtig gut und stellt meiner Meinung nach ganz klar den Höhepunkt des Albums dar. Man merkt dem Track einfach an, dass er absolut nicht metallisch gedacht war, aber wie SICK ihn umsetzen, da entsteht ein wirklich interessanter Gegensatz in der Musik selbst. Ja, das tönt wirklich gut und auch irgendwie ziemlich innovativ und eigenständig (komisch so was von einem Cover zu sagen).

Genau wie der Rest der CD auch. SICK haben auf jeden Fall einen sehr eigenen Soundbastard erschaffen, der seinen Weg zwar noch nicht wirklich gefunden hat, aber doch schon Potential zeigt. Jeder Freund von apokalyptischen Klängen sollte wenigstens mal ein Ohr in das Material der drei Weißrussen riskieren, er könnte was finden, was ihm gefällt… Wieso aber um jeden Preis noch der gute alte Satanismus ins Bandkonzept reingekloppt werden musste, werd ich nie verstehen.

Wertung: 6 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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