Trollfest Flamingo Overlord

Review Trollfest – Flamingo Overlord

„Everybody hit the dancing floor!“
TROLLFEST waren schon immer hemmungslose Spaßvögel und Partygaranten. Das wissen alle, die die verrückten Norweger schon mal live sehen durften. Die ungewöhnliche Musik ist freilich nicht für jeden etwas, mitunter können die Songs auch sehr anstrengend werden. Die bandeigene Sprache „trollspråk“ – eine grammatiklose Mischung aus Norwegisch und Deutsch – sorgt ebenso dafür wie die oft seltsamen Songstrukturen und Klänge.

Spätestens seit ihrer Teilnahme am Melodi Grand Prix 2022 – der nationalen Entscheidung über den norwegischen ESC-Teilnehmer – mit „Dance Like A Pink Flamingo“ erreichen TROLLFEST ein größeres Publikum. Manch alteingesessene Fans schreien vielleicht empört „Was soll diese pinke Flamingo-Kacke, wo sind meine Trolle, Sellout, Kommerz!!!“ – aber ernst kann das ja wohl kaum jemand meinen, denn vor allem TROLLFEST nehmen nichts ernster als den Spaß und der kennt einfach keine Grenzen. Statt in „trollspråk“ werden die lyrischen Ergüsse auf „Flamingo Overlord“ nun in Englisch gesungen, gebrüllt und geschrien. Die Folk-/Viking-Metal-Anteile treten in den Hintergrund und lassen einer extragroßen Palette an verschiedenen Elementen den Vortritt. Ja, das neunte Album hebt sich bezüglich Partyfaktor, Extravaganz, Melodik und Abwechslungsreichtum von allen Vorgängern ab – und ist gerade deswegen mehr TROLLFEST als alles Bisherige.

Weit aufgerissene Augen, eingefrorene Gesichter, vor dem Kopf kreisende WTFs – das dürfte die Reaktion der meisten (auch TROLLFEST-affinen) Hörer gewesen sein, als das erste Mal „Dance Like A Pink Flamingo“ über die Monitore flimmerte und aus den Boxen tanzte. Danach spaltet sich das zuerst erstaunte Publikum wohl in zwei Lager – zwischen „Was soll denn dieser bescheuerte Quatsch, geh mir weg damit“ und dem puren Spaß an der Freude dürfte es wenig geben. TROLLFEST drehen nämlich im Laufe von „Flamingo Overlord“ so richtig an der Nonsens-Schraube. „Flamingorilla“ hat noch am ehesten Folk-Metal-Charakter, ansonsten obsiegt die Vielfalt: Bei „Flamongous“ gibt’s Super-Mario-Sounds und Trompeten, „Flamingo Libre“ hat einen eigenartigen Hummpa-Disco-Charakter und beim noch eigenartigeren „Twenty Miles An Hour“ mischt plötzlich ein Rapper mit.

Das Gejodel (!) beim äußerst tanzbaren „All Drinks On Me“ brennt sich unweigerlich in die Hirnwendungen ein: Wenn man nach mehreren Durchläufen auf einmal merkt, dass man schon tagelang beschwingt „Heidiho, all drinks on me“ im Kopf singt und dabei unbeschwert vor sich hin summt, kann das nur bedeuten, dass TROLLFEST auf einer speziellen Ebene ganz viel richtig machen. „Piña Colada“ macht als astreiner Reggaeton-Metal-Sommerhit ebenso unverschämt viel Spaß und ist einfach ein grandioser Gute-Laune-Garant.

Acht gestandene Männer wuseln in pinken, glitzernden, flauschigen und völlig übertriebenen Flamingo-Kostümen über die Bühne, spielen nichts als Quatsch – und haben dabei wohl die Zeit ihres Lebens. TROLLFEST waren noch nie so vielseitig und musikalisch offen wie jetzt. „Flamingo Overlord“ wirkt wie ein Befreiungsschlag, wie das Abwerfen aller nur denkbaren Fesseln, wie die Umsetzung eines lange gehegten musikalischen Traumes ohne Grenzen. Das macht „Flamingo Overlord“ zum definierenden TROLLFEST-Album, auch wenn es sich aus diversen Gründen von allen bisherigen Alben abhebt. „Flamingo Overlord“ ist ein überwältigender Spaß für alle, die mit dem schrägen und verschrobenen Humor zurecht kommen und sich darauf einlassen können und wollen. TROLLFEST biedern sich niemandem an und machen ganz einfach, worauf sie Bock haben und nach wie vor keine Musik für eine breite Masse. Danke, TROLLFEST, für diesen eigenartigen und einzigartigen Spaß!

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Wertung: 8.5 / 10

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