Review Ancient VVisdom – Deathlike

  • Label: Prosthetic
  • Veröffentlicht: 2013
  • Spielart: Rock

2011 überraschten ANCIENT VVISDOM mit ihrem Debüt „A Godlike Inferno“ die Metalwelt, waren doch solch sanfte Klänge vorher den meisten nur vom Hörensagen bekannt gewesen. In Verbindung mit den zutiefst okkulten und teilweise satanischen Texten ergab dieses Album etwas, wonach sich so mancher Anhänger der harten Klänge wohl heimlich gesehnt hatte: eine Ruhepause. Anders ist der kometenhafte Aufstieg der Band, gekrönt durch einen Auftritt auf dem renommierten Roadburn Festival nicht zu erklären. ANCIENT VVISDOM waren anders. Ruhig und doch gefährlich. Sanft, aber unbändig und irgendwie schwer greifbar – einfach mysteriös.

Nun steht mit „Deathlike“ das zweite Album der Band ins Haus und man muss sich fragen, wie die Band mit dem Erfolg des Erstwerks umgegangen ist und welche Konsequenzen daraus folgen. Radikale Weiterentwicklung oder stilistisches Verharren? Denn eines ist klar: In der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit stürzen sich die meisten Menschen auf das nächste heiße Ding, wobei everybodys darling von gestern natürlich fallen gelassen wird.
Was also kann man von „Deathlike“ erwarten?Nach einem kurzen Intro stürzt “Let The End Begin” den Hörer direkt wieder in diese unendlichen Tiefen, die ANCIENT VVISDOM bereits auf ihrem Debüt auszeichneten. Ruhige Akustikgitarren, ganz sanfte Perkussion und Nathan Oppositions Stimme, die einem den Weg durch die unendlichen Weiten des Todes weist.
Das darauf folgende „Life On Earth?“ ist ein Instrumental, das sich durch simples Gitarrenspiel mit meditativem Charakter auszeichnet. Dem entgegen steht der Titelsong, der beinahe schon hymnenhaften daherkommt. Hier ergeht man sich in melancholischen Weiten, dass man sich als Hörer fragt, ob man die Tragweite solcher Kompositionen auch ohne ernsthafte Depressionen erfassen kann. Neu ist hier die Größe der Komposition, versprühte das Vorgängeralbum doch eher Lagerfeuercharme, so werden hier Klangwelten erschaffen, die ganze Kontinente in Traurigkeit stoßen können.
„Far Beyond Good And Evil“ knüpft stilistisch wieder mehr an „A Godlike Inferno“ an – ein relativ simpel gehaltener Track, bei dem erstmals die elektrische Gitarre Raum bekommt, um einen Klangteppich auszurollen, auf dem der Gesang sich entfalten kann. Gleichzeitig erhält der Song durch den Einsatz der E-Gitarre eine Dringlichkeit, die die lyrische Botschaft massiv unterstreicht und dem Hörer keine andere Wahl lässt, als bedingungslos zuzustimmen, unabhängig davon, was Nathan Opposition eigentlich proklamiert.
„I Am Rebirth“ klingt in den ersten Takten komplett wie „Lost Civilization“, allerdings wird das Tempo dann etwas angezogen, was dem Song einen coolen Drive verleiht. Im gleichen Maße, in dem der Song musikalisch eindringlicher und direkter wird, nimmt die Intensität des Gesangs ab, bis teilweise kaum mehr als ein Hauchen zu hören ist – genial umgesetzte Dynamik.
„Look Alive“ kommt im Verhältnis dazu etwas schwachbrüstig daher. Auch wenn das hier Gebotene keinesfalls schlecht ist, so kann man das Level des Vorgängers leider nicht ganz halten. Irgendwie gelingt hier der Spagat zwischen des Simplizität des ersten Albums und der größeren Spannweite von „Deathlike“ nicht. „Waiting To Die“ ist dagegen wieder ANCIENT VVISDOM in Reinkultur und hätte in seiner einfachen Art und Schönheit auch prima auf „A Godlike Inferno“ gepasst.
Doch was dann passiert, ist wirklich neu. „Death Or Victory“ beginnt mit einem so beschwingt leichten Riff, dass man meint, aus Versehen irgendeine Hippi-Scheibe eingelegt zu haben. Auch Oppositions Gesang passt sich dieser Leichtigkeit an, die dann jedoch jäh durch die einsetzende E-Gitarre und einen fast schon bombastischen Chorus zerstört wird, nach dem aber prompt wieder das Hippi-Feeling einsetzt. Diese abrupten Wechsel in der Dynamik und die damit einhergehende komplette Verkehrung der Stimmung sind absolut irre. Dem einen oder anderen wird der Refrain sicherlich etwas zu cheesy sein, an der Klasse der Komposition ändert das jedoch nichts.
Der nächste Song sorgt zu Beginn für massive Verwirrung. Ist das ein „Personal Jesus“-Cover? Nein, es ist „The Last Man On Earth“, auch wenn der Grundton und die Stimmung dem genannten Song in nichts nachstehen. Das wirkt im ersten Moment irgendwie seltsam, allerdings kommt der Track dermaßen cool aus den Boxen, dass man nach den nur zwei Minuten Spieldauer ob des abrupten Endes etwas vor den Kopf gestoßen zurückbleibt.
„Never Live Again“ zeigt die Band von ihrer zerbrechlichen Seite. Gehauchter Gesang, sparsame, gezupfte Gitarren und dazu eine Perkussion, die an das Rasseln von Ketten in einem Kerker verursacht – rums! Die elektrische Gitarre knallt die aufgebaute Stimmung weg, nur um sich direkt wieder zurückzuziehen. Man sieht beim Hören tatsächlich einen Kerker vor sich, in dem sich der Verdammte ein letztes Mal aufbäumt, bevor er seinem unausweichlichen Schicksal entgegentritt.
Selbiges kommt in Form des abschließenden „Here Is The Grave“. Der Verdammte tritt seinem Schicksal gegenüber. Alles was zurückbleibt, ist eine tote Welt, hohl und sinnentleert. Ob dies ein Fingerzeig auf den gegenwärtigen Zustand der westlichen Welt sein soll, oder schlicht das Album zu einem passenden Ende bringt bleibt spekulation.

ANCIENT VVISOM schaffen es auf „Deathlike“ das Niveau von „A Golike Inferno“ zu halten. Auch stilistisch bleibt man sich treu, ohne jedoch zu stagnieren. Das Songwriting hat eine größere Spannweite und die Dynamik der einzelnen Songs untereinander sowie innerhalb ist größer, als noch beim Vorgänger. Das größte Plus der Scheibe sind jedoch die Stimmungen, die erschaffen werden und denen sich der Hörer nicht entziehen kann. Die Welt ist ein dunkler Ort und das einzige Licht ist die Stimme von Nathan Opposition. Oder wie E. A. Poe es formulierte: “Die Grenzen, die das Leben vom Tod teilen, sind bestenfalls schattenhaft und vage. Wer sagt, wo das eine endet und wo das andere anfängt?“

Wertung: 9 / 10

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