Review Ill Nino – Epidemia

Die Epidemie – seit Jahren wird sie heraufbeschworen: Mal ist es die Schweinegrippe, mal die Vogelgrippe, mal die kollektive Verdummung der Deutschen. All das kommt und geht genauso schnell wieder, weil vieles davon Schwachsinn ist. Wenn eine Epidemie jedoch von ILL NINO heraufbeschworen wird, lasse ich mich davon sehr gerne anstecken.

Relativ heftig legt der Opener „The Depression“ mit bratenden Gitarren und übereinander gelegten Growl- und Clean-Vocals los – hier fallen gleich die stimmigen Percussion-Einsätze auf, und die eingängigen Gitarrenriffs schaffen trotz des gemäßigten Tempos eine gewisse Zugänglichkeit, bevor „Only The Unloved“ das Tempo ordentlich anzieht und darüber hinaus mit hervorragenden Gesangsparts im Refrain zu begeistern weiß. ILL NINO geben sich auf „Epidemia“ extrem variabel, was verschiedenen Faktoren geschuldet ist:
Zunächst das sehr abwechslungsreiche Drumming von Dave Chavarri, der in den Beats ständig variiert und zusammen mit Percussionist Couto ein hochtrabendes rhythmisches Fundament legt – gleichzeitig schaffen es die Gitarristen Verduzco und Luster durch viele atmosphärische Gitarrenparts für Stimmung zu sorgen: In „Eva“ sind es beinahe Melodic-Death-artige Tremolo-Pickings, in „Demi-God“ neben düsteren, melodischen Gitarren auch hämmernde Nu-Metal-Grooves, die sich wie ein roter Faden durch „Epidemia“ ziehen und für die richtige Portion Härte sorgen. Das kommt auch in beinahe Radio-tauglichen Songs wie „Forgive Me Father“ mit seinen geradlinigen Melodien zur Geltung, in dem Christian Machado fast nur clean singt. Letzterer ist ein weiterer Grund dafür, warum ILL NINO so einen verdammt coolen Sound haben – quasi im Alleingang verleiht er Songs wie „Death Wants More“ mit seiner tiefen und trotzdem gefühlvollen Gesangsstimme einen absolut mitreißenden Touch. Gleichzeitig kann er quasi im Bruchteil einer Sekunde vom Gesang zu Midrange-Vocals, Growls oder auch hohen Kreischvocals umspringen.

Der Titeltrack des Albums bietet dafür das beste Beispiel – es bleibt aber ein solches, denn auf „Epidemia“ gibt es in jedem Lied unheimlich viel zu entdecken. Fear Factory können angesichts dieses Albums einpacken und auch sämtliche amerikanischen Nu-Rock und –Metal-Bands, die es dort ja im Überfluss gibt, erscheinen angesichts dieses Releases beinahe überflüssig.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Pascal Stieler

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