Interview mit Markus Engel von Krayenzeit

2015 erschien das Debütalbum „Auf dunklen Schwingen“, bereits ein Jahr später folgt „Tenebra“ – die Stuttgarter Mittelalter-Rocker KRAYENZEIT sind auf dem Vormarsch. Sänger Markus Engel lässt uns wissen, inwiefern sich die Musik seiner Band von der etablierter Genrekollegen unterscheidet, wie es um die Vorbereitungen zur anstehenden Tour mit Schandmaul bestellt ist… und wie aus einer einfachen Alltagshandlung wie dem Einräumen des Wäscheschranks ein gesamter Songtext entstehen kann.

Krayenzeit

Da dies unser erstes Interview mit euch ist, stell dich und die Band bitte kurz vor.
Gerne, also wir sind KRAYENTEIT aus Stuttgart. Sieben Musiker, die gerne Rock und Metal hören und spielen. Dies vermischen wir mit Elementen aus Folklore und historischer Musik unterschiedlicher Couleur – klar, das gibt’s natürlich schon, aber ich denke, dass wir unserer Musik auch ganz gehörig unseren eigenen Stempel aufdrücken und wir haben viel Spaß an dem, was wir tun. Wir mögen morbide, düstere Texte und verbinden die allerdings sehr gerne mit Musik, die eher nach vorne geht.

Du hast ja gerade euren eigenen Stil betont. Bleiben wir gleich dabei – Worin unterscheidet sich Krayenzeit deines Erachtens nach konkret von anderen Bands des Genres?
Ich glaube, dass unser Einfluss aus dem Power- und Melodic Metal streckenweise deutlich hörbar ist, zum Beispiel auch in meinem Gesang, und einen Teil unseres ganz eigenen Stils darstellt. Ein weiterer Faktor ist Chris – unser Mann an der E-Gitarre, der mit sehr viel Feingefühl und Liebe zum Detail seine Einflüsse aus diversen Sparten des Metal in seine Gitarrenriffs einfließen lässt und viel Wert darauf legt, dass sein Riffing nicht nur eingängig und einzigartig, sondern auch immer perfekt auf die Folkinstrumente abgestimmt ist. Außerdem setzten wir uns keine Grenzen was unsere Einflüsse angeht. Es muss nicht zwingend „Mittelalter“ sein – die Welt bietet sehr viel saucoole Folk-Musik…

Und welche Bands siehst du für euren Stil als wichtigste Inspirationen an?
Hmm, kann ich gar nicht wirklich sagen. Wir mögen unterschiedlichste Musik von Iron Maiden über Katatonia, Evanescence und Subway to Sally bis hin zu Emperor ist da echt alles dabei. Es geht natürlich auch in die Folk-Richtung mit bretonischer, irischer oder slawischer Folklore. Aber auch Musical, Klassik und Oper finden Platz bei den diversen Musikern in unserer Band.

Was hat euch dazu veranlasst, Mittelalter-Rock zu spielen? War es vorrangig der Klang der Instrumente, oder basiert dies auch auf generellem Interesse am Mittelalter?
Ich denke sowohl als auch. Ein Großteil der Band ist privat an Geschichte, Mittelalter, Renaissance und auch Fantasy interessiert. Alex und ich sind darüber hinaus auch große Fans historischer Lyrik und Poesie. Ebenso finden wir die musikalischen Möglichkeiten der historischen und folkigen Instrumente sehr spannend. Da führte dann eins zum anderen.

Nun ist euer zweites Album „Tenebra“ seit einigen Wochen draußen. Wie fühlst du dich hinsichtlich der fertigen Platte? Bist du damit vollends zufrieden, oder gibt es im Nachhinein Krayenzeitnoch Dinge, die du gerne ändern würdest?
Es ist das erste Mal in meiner Zeit als Musiker, dass ich mit einer Produktion rundum zufrieden bin. Sogar noch Wochen nachdem ich die Platte nun schon fertig hören kann. Ok, aus Erfahrung weiß ich, dass mit Sicherheit irgendwann der Punkt kommt, wo mir doch die ersten Kleinigkeiten auffallen, die ich noch ändern oder verbessern würde – aber das ist normal. Man will sich als Musiker schließlich ja auch immer verbessern und weiter entwickeln. Aber zum aktuellen Zeitpunkt bin ich noch absolut zufrieden, glücklich und auch ein bisschen stolz!

Wie ist die bisherige Resonanz zum Album? Fällt es dir manchmal schwer, mit negativer Kritik umzugehen?
Die bisherigen Resonanzen waren ehrlich gesagt ziemlich umwerfend. Mehrmals zehn von zehn Punkten, Sonic Seducer, Orkus, Miroque, Metal Hammer, EMP… überall richtig gute Reviews. Das freut uns natürlich sehr – trotzdem nehmen wir generell Kritik ernst und versuchen Anregungen und Ideen konstruktiv in unser Songwriting aufzunehmen, wenn es in unsere Vorstellung von unserem Sound passt – verbiegen wollen wir uns nicht. Wenn beispielsweise jemandem nicht gefällt wie ich singe, bin ich ihm nicht böse, dass er unsere Musik nicht hören will. Etwas nicht zu mögen ist jedermanns gutes Recht. Aber deswegen werde ich nicht versuchen meine Stimme grundlegend anders klingen zu lassen. Musik ist und bleibt Geschmackssache und es ist völlig okay, etwas nicht zu mögen.

Das Album erscheint bereits im Folgejahr zu eurem Debüt „Auf dunklen Schwingen“, was ein recht schneller Veröffentlichungsrhythmus ist. Wie ist es euch gelungen, den Nachfolger innerhalb eines Jahres auf die Beine zu stellen?
Wir hatten bereits beim Erscheinen des Debüts einige neue Songs im Kopf und im Herbst 2015 hatte ich zugegebenermaßen eine sehr kreative Phase, in der ich recht viele Ideen hatte, die in der Band gleich gut ankamen. Auch haben wir uns zusätzlich sehr viel Zeit genommen, um das neue Material mit viel Liebe zum Detail zu bearbeiten – da standen dann alle anderen Dinge im Leben ein paar Monate hinter der Band an, aber wir glauben es hat sich gelohnt. Ob du es glaubst oder nicht, die ersten vier neuen Songs fürs nächste Album sind schon fast fertig…

Welche Entwicklungen an eurem Sound siehst du bei einem Vergleich der beiden Alben?
KrayenzeitIch denke, dass das Songwriting ausgereifter ist. Wir sind als Band stärker zusammengewachsen und das schlägt sich auch in einem homogeneren Arrangement und einem noch eindeutigeren Sound, der nach KRAYENZEIT klingt, nieder. Wir haben uns auch weiter über den Tellerrand hinausgewagt und einige neue Einflüsse verwerten können – zum Beispiel bei solchen Songs wie „Chimaera“ oder „2000 Jahre Einsamkeit“. Alles in Allem denke ich kann man sagen, dass wir mehr zu unserem ureigenen Stil beziehungsweise Sound gefunden haben und alles ausgereifter, vielleicht auch erwachsener klingt.

Erzähl uns bitte mehr über die Texte. Was hat euch beim Verfassen der Lyrics beeinflusst?
Oh, da könnte ich Bücher drüber schreiben (lacht). Unsere Texte sind uns sehr wichtig. Alex und ich feilen oft tagelang daran, bis jeder Euphemismus, jede Metapher, jedes Sinnbild und jede sprachliche Eigenheit so sitzt, wie wir uns das vorstellen. Dabei spielen Reimschemata und andere Stilmittel auch immer eine große Rolle, um den Inhalt des Textes so sinnschwer wie möglich herauszustellen. Unsere Einflüsse bei den Texten sind so vielfältig wie die Einflüsse in unserer Musik: Poesie, Bücher, Stimmungen, ein Videospiel, ein Film, ein Ereignis im Leben oder manchmal ein extrem spontaner Gedanke. Bei „2000 Jahre Einsamkeit“ ist der ganze Song aus einem einzigen Gedanken entsprungen, der mir in den Kopf kam, als ich gerade Wäsche in meinen Schrank räumte – keine Ahnung, warum mich die Idee gerade da angesprungen hat. Es war nur ein einziger Satz: „Was wäre, wenn Jesus in den Himmel aufgefahren ist und niemand war da…?“. Das hat mich spontan zu diesem Song inspiriert und ich hab ihn in einem Zug in etwa zwei bis drei Stunden fertig geschrieben.

Ich habe in einer Meinungsäußerung zu eurem Album gelesen, dass es düsterer sei als das, was im Mittelalter-Rock oder Mittelalter-Metal üblicherweise geboten wird. Inwieweit stimmst du dem zu?
Dem stimme ich was die Texte angeht eindeutig zu. Wir sind keine Band für Sauflieder. Die sind natürlich auch gut und wichtig und haben ihre Daseinsberechtigung – aber wir mögen eher düstere Geschichten und tragische Erzählungen. So ist beispielsweise unser „Trinklied“ „In Vino Veritas“ textlich ein Lied, dass ein Verführer, vielleicht sogar der Teufel selbst, singt. Es ist im Prinzip eine Metapher auf den Kelch des Wissens, und dass es Wissen nicht ohne Preis gibt. Unsere Musik steht oft in starkem Kontrast zu den düsteren Lyrics. Das ist allerdings ein Stilmittel, das wir erstens mögen und außerdem trägt es auch ein Stück weit zu unserem ureigenen Stil bei.

Was steht nun, da das Album draußen ist, als nächstes auf dem Plan der Band?
Wir haben momentan vor allem die Promotion des Albums auf der Liste. Das werden wir natürlich auf der Tour mit Schandmaul ausgiebig tun und danach steht ohne Pause unsere eigene Headliner-Tour zu Tenebra an. Nebenher steht natürlich auch schon wieder Songwriting auf dem Plan. Wir haben richtig Bock und sind generell einfach immer fleißig – von nichts kommt ja bekanntlich nichts. Es wird also in nicht allzu ferner Zukunft schon am dritten Studioalbum gearbeitet werden… (grinst)

Krayenzeit

Zur Tour mit Schandmaul: Wie laufen die Vorbereitungen? Und was sind deine Erwartungen bezüglich der Tour?
Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Wir proben fleißig, koordinieren mit unserer Crew die logistischen Fragen und planen nebenher auch schon die Werbung für unsere eigene Tour. Hmm, Erwartungen… ehrlich gesagt kann ich da nichts dazu sagen, da ich in dieser Größenordnung bisher noch nichts gemacht habe und überhaupt nicht einschätzen kann, was sich daraus für uns ändert, verbessert oder ergibt. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass wir solch eine Chance nutzen können!

Damit wären wir bereits am Ende. Ich danke dir für die Antworten und würde das Interview gerne mit unserem traditionellen Metal1-Brainstorming beenden. Was fällt dir spontan zu diesen Begriffen ein?
Metallica: Black Album
Mittelalter-Märkte: MPS
Alkohol: Scotch
Festival: Wacken
KRAYENZEIT in zehn Jahren: Hoffentlich eine feste Instanz in der Rock-, Metal- und Mittelalter-Szene

Die letzten Worte gehören dir. Was würdest du unseren Lesern und euren Fans gerne noch mit auf den Weg geben?
Wer KRAYENZEIT hört wird nicht nur schöner, schlauer und reicher – nein, er oder sie wird auch ein besserer Mensch, Seelenheil erlangen und im Lotto gewinnen (lacht). Nein, im Ernst: Wir freuen uns auf euch da draußen! Wir sehen uns live.

Publiziert am von Pascal Weber

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