Konzertbericht: Carpenter Brut w/ Youth Code

11.03.2018 München, Backstage Halle

Dass die 80er Jahre in der Popkultur zurück sind, zeigt nicht zuletzt der Erfolg der Netflix-Serie „Stranger Things“. Der bereits jetzt kultige Soundtrack von Kavinsky zum Film „Drive“ und eine wahre Flut an neuen Bands, die mit Post-Punk-Elementen und Synthie-Tönen spielen, transportiert den Retro-Trend als „Retro Wave“ auch in die Musik. Franck Huseo, bekannt unter dem Namen CARPENTER BRUT, ist wohl der erfolgreichste Vertreter dieses Musikstils und hat zumindest in der härteren Musik seinen Teil dazu beigetragen, Neonfarben und Lederhandschuhe wieder cool zu machen. Nach drei EPs, einer Compilation und einem Live-Album erschien im Februar 2018 mit „Leather Teeth“ das erste richtige Album des Projekts. Im Frühjahr 2018 ist der Franzose unterstützt von Live-Musikern auf Europa-Tour und macht dabei in der Backstage Halle in München Halt.

Pünktlich um 20 Uhr betritt zunächst das Duo YOUTH CODE aus Los Angeles die Bühne. Ihre brachiale Mischung aus krachenden Industrial Beats, verzerrtem Hardcore-Gesang und veganer Attitüde geht von 0 auf 100. Leider hat der Mischer den Beginn des Konzerts wohl versäumt: Zumindest der Opener ist deutlich zu leise abgenommen, was die mitreißende Energie der beiden Musiker schmälert. Mit dem zweiten Song ändert sich das allerdings: Ohne große Melodien machen Sara Taylor am Gesang und Ryan George an den Synthesizern keinerlei Gefangenen und versprühen mehr Energie als so manche analoge Band. Vereinzelte Mosh Pits und lautstarker Jubel zwischen den Songs zeugen davon, dass die rund 40-minütige Show auch in München sehr gut ankommt. Ein mehr als überzeugender Auftakt.

Nachdem die Umbaupause musikalisch von einigen 80s-Hits untermalt wird, singt die Menge im mittlerweile ausverkauften Backstage beim Toto-Song „Africa“ laut mit – bis ein lauter Knall beim finalen Break den Startschuss für einen schweißtreibenden, euphorischen Abend gibt. Die drei Jungs von CARPENTER BRUT – Franck Hueso wird unterstützt von Schlagzeug und Gitarre – winken kurz in die Menge, bevor alle Anwesenden mit den ersten Tönen von „Leather Teeth“ absolut durchdrehen. War die Lautstärke bei Youth Code noch zu bemängeln, dröhnt der heftige Basssound von CARPENTER BRUT unfassbar laut und drückend aus den Boxen.

Hinter den Musikern flimmern Fake-Trailer von Horrorfilmen über eine riesige Leinwand, die bei einigen Songs auch als Karaoke-Bildschirm dient. CARPENTER BRUT kennen keine Gnade in der Setlist und gönnen keinerlei Verschnaufpause, da sie auf Ansagen oder Unterbrechungen komplett verzichten. Dass sich im Publikum einige verkleidete Menschen befinden und der Metaller neben einem Huhn mit Lederhandschuhen, einem Rocker mit Motorradhelm und einem Gothic-Mädchen mit Werwolfmaske abfeiert, spricht für den derzeit universalen Charakter von Retro Wave. Nach einer Stunde bedanken sich CARPENTER BRUT kurz, um ohne das lästige Von-der-Bühne-Geh-Spiel noch zwei Songs nachzulegen; das nach vorne schiebende Michael Sambello Cover von „Maniac“ setzt noch einmal die letzten Energiereserven frei, bevor die Show von CARPENTER BRUT nach 70 Minuten zu Ende ist.

  1. Leather Teeth
  2. Division Ruine
  3. Roller Mobster
  4. Beware The Beast
  5. Wake Up The President
  6. Chew Bubble Gum And Kick Ass
  7. Turbo Killer
  8. Paradise Warfare
  9. Cheerleader Effect
  10. Meet Matt Stryker
  11. Monday Hunt
  12. Inferno Galore
  13. Sex Killer On the Loose
  14. Disco Zombi Italia
  15. Hairspray Hurricane
  16. ———–

  17. Le Perv
  18. Maniac (Michael Sembello Cover)

Unglaublich, dass CARPENTER BRUT erst ein richtiges Album veröffentlicht haben und eine derartig enthusiastische, große Fanschar hinter sich versammeln können. Gemeinsam mit Youth Code zeigt sich an diesem Abend, dass auch für Metal-Fans große Potenzial elektronischer Musik, die live keinerlei Einbußen gegenüber angeblich authentischer Musik erkennen lässt.

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