Konzertbericht: Coven w/ Dune Pilot, Sons Of Morpheus

15.06.2018 München, Backstage Halle

Dass es funktioniert, wenn bekannte Ikonen der Siebziger Jahre Reunion feiern, weiß jeder. Aber würde es auch bei den Vorläufern des Black Metal funktionieren? Nun, wenn es sich um die Okkult-Rocker von COVEN handelt, dann schon. Bereits Ende der 60er-Jahre wurde ihr Album „Witchcraft (Destroys Minds And Reaps Souls)“ veröffentlicht und man kann sagen, COVEN waren die erste Band, die es wagte, sich mit okkulten Texten an den Mainstream-Rock’n’Roll heranzutasten. Natürlich sorgten sie damit damals für einen riesen Skandal und erboste Mütter überall in den USA verteufelten die Band. Da COVEN auf ihrem Debut-Album quasi eine Art „Schwarze Messe“ abhalten, nicht weiter verwunderlich.

Im Jahr 2018 erweckt Bandgründerin und selbsternannte Hohepriesterin Jinx Dawson die Band erneut zum Leben und geht nun direkt mit neu rekrutierten Live-Musikern auf Tour. Nach fast 50 Jahren spielen COVEN zum ersten Mal auch in Deutschland.  Einen dauerhaften Support-Act für die Europatour gibt es nicht, stattdessen werden speziell für Deutschland zwei heimische Bands als Anheizer rekrutiert. Dass diese stielmäßig unmöglich zu COVEN passen können, die ja sogar Jazz-Anleihen, aber vor allem viel Rock’n’Roll in ihren Stil eingearbeitet haben, war zu erwarten. 

Die Schweizer Band mit dem schönen Namen SONS OF MORPHEUS darf eröffnen. Diese bezeichnen ihren Stil selbst als „Psychedelic Stoner Blues Rock mit Anleihen von Jimmy Hendrix und Queens Of The Stone Age“. Sie bringen an diesem Abend offensichtlich einige eigene Fans mit, so dass die Backstage Halle mit etwa 100 Leuten zumindest nicht ganz leer wirkt. Man kann sagen, dass SONS OF MORPHEUS trotzdem spielen, als müssten sie ein Stadion-Publikum begeistern: Vor allem der Schlagzeuger sprüht nur so vor Spielfreude (da wirbeln auch schon mal die Drumsticks durch die Luft), während die beiden Gitarristen mit ansprechenden Riffs für Atmosphäre sorgen. Die Band spielt hauptsächlich neue Songs von ihrem Split-Album „The Fuzz Charger“ mit SAMAVAYU (Stonerrock) und heimst für ihre Hingabe auf der Bühne einiges an Achtungsapplaus ein.

Die Desert-/Stonerocker von DUNE PILOT aus München haben den zweiten Slot und stellen an diesem Abend ihr neues Album „Lucy“ vor. Sie mischen gekonnt punkige, rockige und klangvolle Momente und leben vor allem von der Performance ihres charismatischen Frontmannes Andris, der bereits beim Soundcheck ordentlich mit dem Publikum flirtet, später beim Gig auch durch lang ausgesungene und tragende Vocal beweisen kann, dass er stimmlich einiges drauf hat. Freakige, emotionale Gitarrenlinien aber auch melodische Momente bieten insgesamt gute Unterhaltung: Unter anderem kommt sogar kurzzeitig eine Country-Gitarre zum Einsatz. Aber hauptsächlich zollt man der emotionalen Gestik des Sängers Aufmerksamkeit. Guter Rock für einen Abend!

Da um 23 Uhr die Halle wieder für ein anderes Event vorgesehen ist, betreten COVEN die Bühne bereits kurz nach 21 Uhr. Inzwischen haben sich etwas mehr als 300 Besucher eingefunden, darunter erstaunlicherweise viele jüngere Leute, die die Band aber abfeiern, als wären sie in den 70ern auch schon Fan gewesen. Auch einige ältere Anhänger, die offensichtlich echte Black-Metal-Liebhaber sind, sind im Publikum und man fühlt, dass diese vielleicht tatsächlich Fans der ersten Stunde waren.

COVEN machen es spannend und setzen von Anfang an auf theatralische Showeffekte. Der Bühnenvorhang ist zugezogen und man hört ein langes, satanisches Intro, bevor in tief dunkelrotes Licht getaucht ein Sarg auf der Bühne zu sehen ist. Man mag es ahnen, natürlich steigt Jinx Dawson aus diesem und trägt zu Beginn der Show eine Maske, die sie noch geheimnisvoller macht. Auch der lange schwarze Umhang verleiht ihr einen Hauch Mystik. Die Band legt mit „Out Of Luck“ los und jeder ist vom ersten Moment an geflasht davon, wie stark, voll und satt Jinx‘ Stimme nach all den Jahren noch ist. Sie haut den Zuhörern ein perfekt gesungendes Vibrato nach dem anderen um die Ohren. Ihre reife, einzigartige und dennoch klare Stimme tut ihr Übriges dazu.

Die satanische Atmosphäre macht die Grundstimmung des Gigs aus: Die komplette Bühnendekoration ist dem angepasst, und die selbstbewusste, erfahrene Art von Jinx, ihre Musik so magisch wie möglich zu präsentieren, weiß zu beeindrucken. Bereits bei „Black Sabbath“ singen einige Fans jede Zeile mit, aber bei „Coven In Charing Cross“ geht es dann richtig ab. Der Song enthält gesprochenen Passagen, die an Schwarze Messen erinnern. Und sowohl junge als auch alteingesessene Fans sprechen jedes einzelne Wort mit, so dass ein Fremder, der in diesem Moment versehentlich die Halle betreten hätte, in dem Jinx auch gerade mit einem Schädel posiert, wahrscheinlich vor Angst rückwärts wieder raus geschlichen wäre.
Was die Arrangements der Songs betrifft, so haben Coven den typischen 70er-Jahre-Stil größtenteils beibehalten. Bass und Schlagzeug klingen auch live absolut original mit dem leichten Jazz-Einschlag in der Spielweise. Lediglich die Gitarrenlinien und -soli sowie der Gesang haben auch viel Modernes im Klang. Somit schaffen es COVEN, eine Brücke über fast 50 Jahre Coven-Musikgeschichte zu schlagen.
Die Band konzentriert sich auf ihre größten Hits wie „White Witch Rose Hall“, „Dignitaries Of Hell“ und natürlich „Wicked Woman“, dem musikalischen Highlight der Show, bei dem Jinx alles an gesanglichem Können auffährt, was möglich ist.

  1. Out Of Luck
  2. Black Sabbath
  3. Coven Charing Cross
  4. White Witch Rose Hall
  5. Wicked Woman
  6. The Crematory
  7. Choke, Thirst, Die
  8. Black Swan
  9. Dignitaries Of Hell
  10. F.U.C.K.
  11. Epitaph
  12. Blood On The Snow

Von heftigem Applaus und vielen Zugabe-Rufen begleitet, müssen COVEN pünktlich die Bühne verlassen, jedoch nicht ohne dass Jinx ausgiebig mit ihren Fans interagiert, sowohl mit Worten als auch mit Händeschütteln, was einen Fan im Publikum sogar zu Tränen rührt. Dies wohl zu Recht, schließlich ist es vielleicht das einzige oder letzte Mal, dass es COVEN nach München verschlägt. Die Dinos der satanischen Musik wissen jedenfalls immer noch schwer zu überzeugen und zeigen heute, was musikalische Professionalität bedeutet.

Publiziert am von Uta A. (Gastredakteurin)

Fotos von: Uta A. (Gastredakteurin)

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