Konzertbericht: Heretoir w/ Firtan, Outlaw

23.10.2023 München, Feierwerk (Kranhalle)

Zwei EPs und drei Alben hat es gebraucht, ehe HERETOIR erstmalig auf Headliner-Tour gehen können. Dass diese nach dem aktuellen Album „Nightsphere Tour“ betitelt wurde, ist logisch – aber auch schade, hätte sich da in guter, alter Tournamen-Kalauer-Tradition „Heretour“ doch geradezu aufgedrängt. Für insgesamt neun Shows mit ihren Labelkollegen FIRTAN und OUTLAW reisen die Münchner in fünf Länder. Aber natürlich führt die „Nightsphere Tour“ die Münchner auch in ihre Heimatstadt, wo sie in der Kranhalle zu Gast sind. Dass das Feierwerk nur selten Black-Metal-Shows veranstaltet und entsprechend wenig Stammgäste aus der Szene hat, wirkt sich nicht im geringsten auf die heutige Show aus: Bereits als um kurz vor 20:00 Uhr ist die Kranhalle extrem gut gefüllt.

OUTLAW im Oktober 2023 in MünchenBeim heutigen Vorprogramm ist man allerdings auch gut damit beraten, pünktlich zu sein: Mit OUTLAW gibt es nämlich direkt zu Beginn ein erstes Highlight. Zwar passt die Band nur durch die Zugehörigkeit zum AOP-Records-Roster ins Billing und wäre im Vorprogramm von rabiateren Bands wie Darvaza oder Watain weit besser aufgehoben – dennoch verfehlen OUTLAW auch vor dem eher „gemäßigt truen“ Heretoir-Publikum ihre Wirkung nicht. Mit wenig Licht, dafür Kerzen, Nebel, Nieten und blutiges Corpsepaint zelebriert die Band klassisch schwedischen Black Metal. Dass das Kern-Trio aus Brasilien kommt, überrascht fast genauso, wie mit Simon Wiedenhöft (Äera) einen Deutschen im Lineup vorzufinden. Nach einem packenden Einstieg bei wuchtigem Sound verliert die Show zwar über die Zeit leider etwas an Zugkraft. Dennoch gelingt es OUTLAW immer wieder, durch elegant integrierte Melodien aufmerken zu lassen. Vielleicht hätten es 30 Minuten auch getan. Trotzdem: Der Applaus nach Showende spricht für sich. Diese Band sollte man auf dem Schirm behalten!

FIRTAN im Oktober 2023 in MünchenUm 21:00 Uhr stehen FIRTAN auf dem Programm: Begleitet von einem kräftigen Gitarren- und Drumwirbel eröffnen die Lörracher ihr Set – zunächst als Quartett, ehe sich später auch Geigerin Klara Bachmair dazugesellt. Allein damit, dass die Geige hier eben nicht vom Band kommt, können FIRTAN bereits punkten – aber auch die Souveränität, mit dem die Truppe ihren (Pagan) Black Metal darbietet, verdient Respekt. Im Detail verliert sich die Arbeit an den Instrumenten leider im überraschend undifferenzierten Klangbild: Insbesondere die beiden Siebensaiter-Gitarren sind zunächst kaum zu vernehmen. So ist es durchaus gut, dass Fronter Phillip Thienger den neuen Song „Renga“ (oder ähnlich) vom kommenden Album als ebensolchen ankündigt – ansonsten wäre das eventuell der einen oder dem anderen durchgegangen. Mit dem Akustik-Instrumental „Purpur“ bekommt die Geigerin kurz vor Showende noch die Gelegenheit, als Solistin (nun doch: zu einem Backing-Track) zu brillieren, ehe die Band zum Abschluss ihres 50-Minuten-Sets für einen gemeinsamen Abschlusssong zurück auf die Bühne kommt. Stilistisch mit der Pagan-Schlagseite insgesamt wieder eine ganz andere Nummer – das Münchner Publikum jedoch ist begeistert.

HERETOIR im Oktober 2023 in MünchenAbermals nur 20 Minuten später sind schließlich HERETOIR an der Reihe. Wirkt der Einstieg in die Show noch etwas hemdsärmlig, dauert es nur wenige Songs, bis die Musik in Kombination mit dem stimmungsvollen Spiel aus Licht und Nebel das Publikum vollends vereinnahmt hat. Diese dichte Atmosphäre wird allenfalls von den Spielpausen gestört: Dass die Samples, mit denen HERETOIR diese zu füllen gedenken, mehrfach nicht lang genug sind, um peinliche Stille beim Stimmen der Instrumente zu verhindern, ist etwas schade – zumal sich der eine oder andere Zuschauer dadurch zu witzig gemeinten Zwischenrufen bemüßigt fühlt. Andererseits versucht Eklatanz sympathischerweise gar nicht erst, zu verbergen, wie sehr ihn die volle Halle auf der ersten Headliner-Tour in der Heimatstadt freut, sodass sich insgesamt eine sehr lockere aber zugleich intime Atmosphäre entwickelt. Dazu „passt“ es fast, dass Eklatanz viel zu früh im Set den vermeintlich finalen Song „The Circle“ ankündigt, was Drummer Nils Groth mit einem Rimshot („Ba Dum Tss“) und das Publikum mit Gelächter quittiert. Als der Song dann aber wirklich kommt, zählt er (neben der Zugabe „Eclipse“ vom gleichen Album) definitiv zu den Highlights des rund 70-minütigen Auftritts.

 

  1. Exhale
  2. Anima
  3. Twilight Of The Machines
  4. Heretoir
  5. Graue Bauten
  6. Golden Dust
  7. Wastelands
  8. The Circle (Omega)
  9. Eclipse

Ein Heimspiel ist eben immer etwas Besonderes. Vor allem natürlich, wenn die Show so gut besucht ist wie heute – aber auch, wenn sich die Band dabei so sympathisch präsentiert wie HERETOIR. Zusammen mit OUTLAW und FIRTAN ergibt sich so ein so vielseitiges wie sehenswertes Package.

HERETOIR im Oktober 2023 in München
HERETOIR im Oktober 2023 in München

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