Konzertbericht: Team Scheisse w/ Empty Bones

Es gibt gute, schlechte und skurrile Bands. In letztgenannte Kategorie fallen TEAM SCHEISSE: Objektiv kann der Mix aus Schrammelpunkriffs und kaum als „Gesang“ zu bezeichnendem Gejaule nur schwerlich als „gut“ bezeichnet werden. In Kombination mit den gleichermaßen spaßigen wie tiefgründigen Texten funktionieren TEAM SCHEISSE jedoch so gut, dass die Truppe gerade – völlig zu Recht – regelrecht durch die Decke geht. Insofern passt es auch gut, dass Deutschlands wohl skurrilster Hype in Münchens skurrilster Location stattfindet: der Theaterfakrik, einer Multifunktionshalle in einem ehemaligen Parkhaus, die in Einkaufscenter-Optik mit Kristalllüstern daherkommt.

Als Opener hat die Band ihre Bremer Bandraumkollegen EMPTY BONES mitgebracht. Die sympatische Truppe bezeichnet ihren Sound selbst als „Boogie ‚N‘ Bouncy Surfpunkrock“ – was in der Beschreibung fehlt, ist höchstens die Prise Hipstertum. Optisch wie musikalisch leben EMPTY BONES nämlich genau jene Art „modernen Retro-Charme“, der dem Hipstertum zueigen ist. Zu den Songs möchte man abhotten, nicht tanzen – mit einer Africola in der Hand. Mit ihren sympathischen Ansagen, unverkrampftem Auftreten und viel Freude am Spielen sorgen die EMPTY BONES bereits früh am Abend für gute Laune – wenngleich der Sound fast einen Tick zu „brav“ ist, um adäquat auf Team Scheisse einzustimmen.

Die entern um kurz nach neun Uhr die Bühne mit „Verjubel all mein Cash“. Und wäre die Stimmung nicht hier bereits von null auf hundert gegangen – spätestens mit dem darauffolgenden Hit „Schmetterling“ („Ich bin fantastisch, wunderschön und bunt – Und du kannst mich hart am Arsch lecken“) bringen TEAM SCHEISSE die Theaterfabrik zum Kochen. Das ist durchaus wortwörtlich zu verstehen … im Verlauf des Sets heizt sich der Raum tatsächlich so auf, dass die Spiegel beschlagen und der Boden auch dort nass ist, wo keine Getränke verschüttet wurden. Das liegt natürlich an der großen Partytauglichkeit der Musik, die die Halle (auch ohne Käsetheke!) zum kollektiven Abdancen bringt – aber auch an den herzerwärmenden Statements der Truppe, die sich in jeder Form bemüht gibt, allen Konzertbesucher:innen einen schönen Abend zu bereiten: Neben den selbsterklärenden Regeln der Fairness im Moshpit stellt Fronter Timo Warkus etwa klar, dass alle ihre Shirts anbehalten sollen – und mit exklusiven „FLINTA*-Pits“ bekommen alle nicht „Cis-Macker“ mehrfach die Gelegenheit, unbeschwert zu tanzen.

Nachdem neben zwei brandneuen Songs auch die musikalischen Highlights aus dem Œuvre von TEAM SCHEISSE – ganz klar der „Karstadtdetektiv“ und „Rein ins Loch“ (BIEP!) – schon im Laufe des Sets beziehungsweise als erste Zugabe abgefrühstückt sind, bleibt für die unausweichliche, weil vehement eingeforderte echte Zugabe später nurmehr Improvisation: Zunächst liefern Gitarristin Mello Kanone und Drummer Simon Barth ein ziemlich punkiges Cover des Dido-Hits „White Flag“, danach spielt die Band einfach „Schmetterling“ und „Karstadtdetektiv“ nochmal. Warum auch nicht – wichtig ist hier und heute nur, dass diese Party noch nicht zu Ende ist.

Nach rund 90 Minuten TEAM SCHEISSE fühlt man sich zwar irgendwie auch weich im Kopf (BIEP!) – aber auch in Samt gebettet: Wenn die ganze Welt wäre wie TEAM SCHEISSE – achtsam, humorvoll und kompromisslos gegen Nazis – wäre sie ein besserer Ort. Mehr muss über diese Show dann auch eigentlich nicht gesagt werden.

Publiziert am 15. Oktober 2023 von Moritz Grütz

Fotos von: Afra Gethöffer-Grütz