Konzertbericht: Vermaledeyt

22.03.2014 Memmingen, Kaminwerk

logoDas vermaledeyte 10. Jahr! Nach einer Dekade des gemeinsamen Musizierens auf den großen wie kleinen Bühnen der Welt beendet die süddeutsche Folkformation VERMALEDEYT ihre Karriere dort, wo sie begonnen hat: in Memmingen. Zum Abschied feiern die Musiker in ihrer Heimat ein rauschendes Fest mit Freunden, Familien und alten Bekannten.

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Im März 2004 gegründet tritt die Formation bis 2007 unter dem Namen Societas Morbis und in einer geringfügig anderen Besetzung auf. Anlässlich des Ausstiegs von Gründungsvater Karl dem Kessler und der anstehenden ersten CD-Produktion von „Des Wahnsinns fette Beute“ wird aus Societas Morbis schließlich das heutige VERMALEDEYT. Von Anfang an hat die Band einen gewissen Anspruch an sich und ihre Musik. Und dieser ist auch bei ihrem Abschiedskonzert spürbar: So erstrahlen die sieben Mitglieder im ausgezeichneten Bühnenlicht und der Sound ist glockenklar, was besonders in der hiesigen Folk- und Mittelalterszene bei der Instrumentenvielfalt keine Selbstverständlichkeit darstellt. Diese Show ist der Beweis dafür, wie sehr Technik allein eine ganze musikalische Inszenierung aufwerten kann, ohne dabei etwaige Schwächen kompensieren zu müssen. Dass Basileus von Berg, Vivianne von der Saar, Johann Lästerzunge, Jean der Franzose, Simon Donnerschlag, Arras Shelter und Thomas Galgenvogel ihr jeweiliges Handwerk verstehen, ist beim facettenreichen Klangbild im Memminger Kaminwerk von Anfang an offenkundig.

SONY DSCZusammen gelingt es ihnen die rund dreistündige Veranstaltung erstaunlich kurzweilig zu gestalten. Die Setliste erstreckt sich erwartungsgemäß über die verschiedenen Schaffensphasen von VERMALEDEYT. Die Songauswahl ist geprägt von einer Mischung aus traditionellem Liedgut wie „Totus Floreo“ und verschiedenen Tänzen, vorzugsweise aus dem Balkan, sowie den Eigenkompositionen der älteren wie jüngeren Vergangenheit. „Tanzt!“ erweist sich dabei nach einem kurzen Eröffnungsvideo als goldrichtiger Opener, der zusammen mit dem französischen „La Maitre De La Maison“ exemplarisch die musikalische Bandbreite von VERMALEDEYT auf den Punkt bringt. Im Verlaufe des Konzerts debütieren die Mittelaltermusiker dazu ihr erstes selbstgeschriebenes Stück aus dem Jahr 2005 namens “ Spielleute erzählen Heldensagen“, dessen fragwürdigen Text sie nach Aussage von Basileus extra für ihr letztes Konzert noch einmal aufgebohrt haben. Diese zusätzliche Mühe  hat sich zweifelsfrei gelohnt. Allgemein entsteht der Eindruck, dass sich alle Extraschritte für VERMALEDEYT an diesem Abend lohnen. Bei den musikalischen Gästen verzichten sie auf prominente Namen. Dafür steht bei „Fünf Söhne“ der Vater von Johann und Basileus zusammen mit seinen Sprösslingen ein letztes Mal gemeinsam auf der Bühne. Ein Relikt an frühere Tage, genau wie das Gastspiel von Enrico bei „Rubolt“, einem weiteren alten Weggefährten und besser bekannt als Karl der Kessler. Übersetzt bedeutet der Songtitel so viel wie „Freiheit“ und an ihrem letzten Abend nimmt sich das Septett jede Freiheit der Welt. Das „Palästinalied“ spielen die Sieben zum ersten Mal nicht instrumental, sondern mit Text, und bei einem minutenlangen Medley mischen sie alles von „Smoke On The Water“ bis „Ai Vis Lo Lop“. All dies gelingt im wahren Sinne des Wortes spielerisch. Abseits davon entsteht zwischenzeitlich echte Gänsehautatmosphäre, als die Stimmen von Johann, Basileus und Jean gleichzeitig ertönen.

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Dass bei aller Professionalität und Spiel- bzw. Sangeskunst auch der Spaß nicht zu kurz kommt, dafür sorgen einzelne Momente des Konzerts wie zum Beispiel die Geschichte rund um das instrumentale „Die Rache des rosa Flauschkaninchens“. Den Titel wählten Basileus, Johann und Co. aus verschiedenen Vorschlägen ihres Fanlagers, was zur Folge hatte, dass den Marktveteranen in der Folgezeit verschiedene rosa Gegenstände geschenkt wurden.  Bei der Ansage zum „Palästinalied“ ließ Basileus das Publikum wiederum einen bekannten deutschen Lyriker und dessen bekanntes Stück mit „P“ erraten. Ein nicht ganz ernst gemeintes „Yellow Submarine“ als Lösungsvorschlag dürfte hierbei bestenfalls als Annäherungsversuch gewertet werden.

SONY DSCNach einem kräftigen Schluck Cider vor „Son Ar Sistr“ beenden Vermaledeyt das reguläre Set ihres letzten Konzerts so, wie sie das ihres ersten begonnen hatten: mit dem bretonischen Tanz. Das endgültige Ende bedeutet dieses Stück natürlich noch nicht. Im Zugabenblock erfüllen sich die acht Musiker noch einen lang gehegten Wunsch und holen ein dreiköpfiges Streicherensemble sowie eine Querflöte auf die Bühne. Zu „Ewig“ werden schließlich die Wunderkerzen im Publikum geschwenkt, während Johann Lästerzunge und Vivianne von der Saar als Duett auf der Bühne eine gesangliche Meisterleistung abliefern. Das einzig weibliche Bandmitglied setzt anschließend beim akustischen Teil von „Feuer und Flamme“, begleitet von Basileus von Berg am Klavier, noch einen drauf, ehe die gesamte Combo zur Rockversion mit Klassikverstärkung überleitet.

Anschließend ist es buchstäblich „Zeit zu gehen“ und während sich die acht Musiker in den Armen liegen, um danach in Reihe und Glied die Bühne zu verlassen, ertönt Enrico Einaudis „Una Mattina“ über die Lautsprecher. Zu den Klavierklängen entsteht am Ende auch für Nichtverwandte und Freunde ein ergreifender Augenblick. Die drei Stunden davor zeigten wiederum, welch einen Verlust VERMALEDEYT für die Mittelalterszene darstellen.
Als krönenden Abschluss gönnten sich die Süddeutschen eine Live-Aufnahme ihres letzten Gigs, der als CD oder DVD erscheinen soll. Diese Veröffentlichung sei bereits jetzt allen wärmstens empfohlen. Und ein Abschied für immer muss das Ende der Combo auch nicht sein, wie Basileus unlängst verriet: „Wir werden sicher alle weiterhin in irgendeiner Weise Musik machen und wahrscheinlich sieht man den ein oder anderen auf einem Mittelaltermarkt oder auf sonst einer Bühne wieder. Vielleicht gehen einige von uns neue musikalische Wege. Auf jeden Fall sind wir gespannt, was die Zukunft zu bieten hat.“

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SONY DSCSetliste:
01. Tanzt!
02. La Maitre De La Maison
03. Vino Gratias
04. Serbokroatischer Tanz
05. Madre Deus
06. Die Rache des rosa Flauschkaninchens
07. Karascha
08. Fünf Söhne
09. Palästinalied
10. Spielleute erzählen Heldensagen
11. Rubolt
12. Totus Floreo
13. Albanischer Tanz
14. Medley
15. Lytha
16. König der Narrenheit
17. Son Ar Sistr
18. Spielmannsweise
19. Bretonischer Marsch

20. Merseburger Zauberspruch
21. Ewig
22. Feuer und Flamme
23. Zeit zu gehen

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