Nicht aus dem Land wo die Schatten drohen und auch nicht aus dem des Nazgûl-Lords und Hexenkönigs, sondern aus Frankfreich kommen ANGMAR, die sich Anno 2002 zusammenrauften, um fortan normannischen Black Metal zu produzieren, wie ihre Myspace-Seite vollmundig verkündet. Ihre erste (und einzige) Demo „Aux Funérailles Du Monde…“ aus dem Jahre 2003 brachte ihnen einen Vertrag mit dem sächsischen Extrem-Metal-Label Northern Silence Productions ein und schon 2005 wurde die erste Langrille mit dem Titel „Metamorphosis“ eingetrümmert.
‚Was ist „Norman Black Metal“?‘, mag sich jetzt der eine oder andere fragen. Oder auch: ‚Was unterscheidet „Norman Black Metal“ von der stinknormalen Variante dieser Zunft?‘. Berechtigte Frage, aber eine Antwort darauf zu geben ist erst mal gar nicht so einfach. Denn auf den ersten Lauscher klingen ANGMAR so außergewöhnlich nicht. Die Genialität versteckt sich nämlich im Subtext und auf den stößt man erst, wenn man das Scheibchen ein paar Mal hat rotieren lassen. So mag man „Metamorphosis“ nach den ersten paar Durchläufen vielleicht als recht gewöhnlichen Black Metal abstempeln, der eigentlich nur dadurch glänzt, dass er keinen so frostigen Klang hat wie der der nördlicheren Kollegen. ANGMAR trümmern eher warm, voll, aber nichts desto trotz äußerst melancholisch daher.
„Metamorphosis“ beginnt mit dem geisterhaft schönen Intro „Résurgence“, das schon eine ziemlich feine Schauerstimmung aufbaut. Danach geht’s aber mitnichten so fragil weiter, wie die Ambient-Sounds der ersten zwei Minuten versprechen. Auf dem ANGMAR’schen Debutwerk wird ein gelungener Querschnitt aus Uptempo-Krachern, Midtempo-Stampfern und auch ein klein wenig Downtempo geboten. Die Produktion ist dabei ein wenig dumpf geraten, aber überraschend transparent. Fogs fieses Gekeife (das er hin und wieder auch mal zugunsten von eher gemäßigtem Klargesang oder tiefen Growls wegpackt) liegt schön oben auf dem Grundgerüst aus sägender Gitarre, klirrenden Drums und einem überraschend gut hörbaren Bass obenauf und weiß wirklich zu begeistern. Der Mann hat wahrlich den Teufel in der Kehle. Die Texte sind teils englisch, teils französisch, haben ein paar grammatikalische Macken, bieten aber ansonsten eigentlich eher weniger Anlass zu meckern. Auf den ollen Deibel trifft man dabei nicht, bei ANGMAR geht’s um Natur, die Apokalypse, Krieg und ein wenig (normannische) Historie.
So, aber was macht diese Scheibe denn jetzt so besonders? Was haben ANGMAR, was die Konkurrenz nicht hat? Hm, einen Großteil der Faszination macht wohl die Tatsache aus, dass die drei Franzosen trotz aller Grimmigkeit ihrer Musik immer noch glänzende Ideen in Sachen Songwriting haben. Da mündet das fiese Soundgewitter von „When The World Overturns“ plötzlich in einem zerbrechlichen, dreiminütigen Piano-Outro. Da wird im Mittelteil von „Normannia“ auf einmal die ganz große Melancholie-Kelle ausgepackt und schmissige Chöre gesellen sich zu Fogs Gekreische. Und bei „Homini Delenda Est“ verstummt auf einmal die komplette Soundkulisse, damit Welkin ein kleines aber feines (und verflucht grooviges) Bass-Solo aus dem Ärmel schütteln kann. Solche kurzen Einwürfe, gepaart mit den überraschend fragilen Melodien, die ANGMAR geschickt im Hintergrund ihres Soundgewandes verstecken, machen „Metamorphosis“ so genial. Da gibt’s sogar beim hundertsten Hördurchlauf noch was Neues zu entdecken. Und mit dem Abschließenden Outro „In Die Unterwelt“, das eine unglaublich dichte, deprimierende Atmosphäre auffährt, haben die Franzosen sich sowieso selbst übertroffen.
Jetzt fix noch in paar Schlussworte aufgefahren: Mit ihrem Erstling „Metamorphosis“ haben ANGMAR Großes geleistet. Grimmiger Black Metal trifft auf eine geisterhaft melancholische Grundstimmung und auf eine Offenheit bezüglich wirklich genialer musikalischer Ideen, die ihresgleichen sucht. ANGMAR haben mit ihrem „Norman Black Metal“ ihren ganz eigenen, wundervollen und zugleich zutiefst zerstörerischen Stil gefunden, mit dem ihnen noch Großes bevor steht. Ich warte sehnlichst auf den Nachfolger.
Wertung: 10 / 10