Dezember 2015

Review Baroness – Purple

(Stoner / Sludge / Prog / Classic Rock) Das sprichwörtliche blaue Auge wurde für BARONESS 2012 Realität: Ein schweres Busunglück auf Tour, das alle Bandmitglieder wie durch ein Wunder überlebten, schlug eine gewaltige Kerbe. Der Titel ihres neuen Albums „Purple“ spielt auf die Folgen dieses Einschnitts an, steht dabei aber auch ganz in der Tradition ihrer bisherigen Farbenlehre aus Rot, Blau, Grün und Gelb. In der Zwischenzeit sind neben der Gründung des bandeigenen Labels Abraxan Hymns mit Nick Jost und Sebastian Thomson zwei neue Musiker an Bass und Schlagzeug zu John Baizley und Pete Adams gestoßen, die frischen Wind in BARONESS bringen. Diese Fortführung mit einem Bezug auf die eigene Geschichte im Zusammenspielt mit der Erweiterung um neue Facetten spiegelt sich auch im Sound von „Purple“ wieder: Die alte Sludge-Vergangenheit aus den Sümpfen Savannahs macht sich hier genauso bemerkbar wie der Einfluss von Classic- und Progressive Rock, nur um im Ergebnis unverwechselbar nach BARONESS zu klingen.

Eröffnet wird das vierte Studioalbum des Vierers mit dissonanten Tönen, bevor saftige Riffs und Taktverschiebungen übernehmen. Der Sound pendelt sich gleich zu Beginn irgendwo zwischen Stoner Metal, Sludge und Prog ein, bevor in der Mitte des Songs ein traditionelles Classic-Rock-Solo übernimmt. Neben diesen Eckpfeilern ziehen sich auch John Baizleys heiserer Gesang, der mit viel Hall unterlegt ist, und eine direkte, dabei jedoch stets klar differenzierte Produktion durch das Album, das eine ganz eigene Atmosphäre entwickelt. Die 80ies-Synthies am Beginn von „Shock Me“ erweitern die musikalische Bandbreite von BARONESS, unterstützt von Klaviertönen im Refrain, um unfassbar melodischen Rock.
Generell scheuen BARONESS nicht vor Popappeal zurück, den sie mit treibende Rhythmen eine ganze eigene Note verleihen. Als Beispiel für das unwiderstehliche Gespür für große Melodien dient der fabelhafte Schluss des großartigen „Kerosene“. In die gleiche Kerbe schlägt das epische „Chlorine & Wine“, das mit einem langen Intro aufwartet, und sich über den Verlauf von mehr als sechs Minuten über Riffattacken in einen übergroßen Schlussteil in bester 70s-Manier steigert. Das Tempo, das BARONESS auf „Purple“ anschlagen, ist dabei meistens im Midtempo, wobei besonders das atmosphärische „If I Have To Wake Up (Would You Stop The Rain?)“ sowie das Interlude „Fugue“, das so auch auf einem Dredg-Album nicht auffallen würde, die ruhige Seite des Albums repräsentieren.

Die 70er in Form von Classic Rock, die 80er in der Form des Progressive Rocks, die 90er und 00er in Form von Einflüssen aus Emo (besonders deutlich in der Melodieführung in „Shock Me“) und Sludge – BARONESS verbinden all dies zu einem stimmigen Ganzen und gehen ihren Weg unbeeindruckt von Schicksalsschlägen und kritischen Stimmen, die sich den harten Metal der frühen Tage zurück wünschen, weiter. Dass dabei nicht alle Songs restlos überzeugen und „The Iron Bell“ sowie „Desperation Burns“beispielsweise eher unspektakulär, jedoch keinesfalls schlecht daherkommen, ist bei der durchgängig hohen Qualität auf „Purple“ absolut verschmerzbar. BARONESS beweisen, dass der Rückgriff in die Musikgeschichte nicht bedeutet, auf Originalität und Innovation zu verzichten und hieven Classic- und Progressive Rock durch die Hilfe von Sludge und Stoner in die Gegenwart.

Wertung: 8 / 10

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