Review Caravan Palace – Caravan Palace

  • Label: Wagram
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Entmetallisiert, Electroswing, Jazz

Es ist schon etwas Besonderes, wenn sich eine Band formt, nachdem die Gründungsmitglieder sich bei der Arbeit an Pornomusik kennengelernt haben. Dass die Ergebnisse dementsprechend unkonventionell ausfallen, ist demnach nicht verwunderlich.

Was die sechs Musiker von CARAVAN PALACE aus Frankreich hier geschaffen haben, ist pure, auf CD gepresste gute Laune. Mit einer fast undefinierbaren Mischung aus Swing, Jazz, Gypsy-Sound und Electronic gehen die Melodien über die geschmeichelten Ohren direkt in die Beine. Swingender House, jazzende Daft Punk – darf man das? Gewagt, originell, und genau ins Schwarze getroffen, so könnte man sagen.
Schon der erste Song „Dragons“, ein Instrumental und sicherlich ein Highlight des Albums, verbindet gekonnt virtuose Gitarren-, Klarinetten- und Violinenklänge mit wummerndem Bass und Electronic-Sounds. Ein mehr als eingängiges, mitreißendes Musikstück, das gleichzeitig wie ein herausgebrülltes Statement wirkt: Das sind wir, das ist unsere Musik, und jetzt steht auf und tanzt!
„Star Scat“ kommt da schon etwas lässiger und jazziger daher, elektronisch verzerrte Laute und Silben führen durch das Stück. Und gleich darauf wieder ein Kontrast: Reduzierte Jazzclub-Atmosphäre mit dem packenden Gesang von Colotis Zoé in „Ended with the night“. Dann gleich wieder mitfiebern bei „Jolie Coquine“, bis sich der Rhythmus ins Gehirn gebrannt hat – CARAVAN PALACE schaffen es gekonnt, mit jedem Lied zu überraschen und eine neue Seite von sich zu zeigen, und gestatten dabei kleine genießerische Ruhepausen, nur, um gleich wieder loszulegen. Egal ob der Text nun englisch, französisch, kauderwelsch oder einfach nur „babadab dubadab“ ist, man braucht ihn nicht zu verstehen, um die Lebensfreude dahinter zu spüren und mit jedem Bassschlag zu verinnerlichen.Highlights auf dem Album neben „Dragons“ und „Jolie Coquine“ sind sicherlich das überaus gelungene „Suzy“ mit Suchtgefahr und der Instrumentalwalzer „Violent Valse“, der die Fantasie mitten in das Herz Frankreichs führt und sie dort genüsslich an der Seine entlangflanieren lässt.

CARAVAN PALACE haben einen Genremix geschaffen, den noch nicht viele gewagt und nur die wenigsten auf funktionierende Art und Weise umgesetzt haben. Ihre Musik ist so ungewöhnlich und speziell, und dennoch kann sich ihr kaum jemand entziehen. Ich nenne das ganz gerne das „Peter Fox Phänomen“, auch wenn CARAVAN PALACE eher an Gotang erinnern, die auf ähnliche Weise den Tango revolutioniert haben. Ungeachtet aller Vergleiche ist das Album „Caravan Palace“ ein perfekt durchdachtes, spannendes, fröhliches, extravagantes und mitreißendes Meisterstück, das sicherlich dem einen oder anderen zu extravagant oder zu befremdlich sein mag, aber dennoch mit Reizen nicht geizt. Da kann man nur sehnlichst auf das nächste Album warten. Chapeau!

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