Dana_Dentata_Pantychrist_Cover_Roadrunner_Records

Review Dana Dentata – Pantychrist

Es gab eine Zeit, in der Roadrunner Records die Metal-Szene dominierten und unzählige junge Musiker zu Stars machten. Musiker, wohlgemerkt; Musikerinnen eher selten. Und so mussten über 40 Jahre verstreichen, ehe ein Pressetexter des Labels (beziehungsweise des heutigen Dachunternehmens Warner Music) im Jahr 2021 über DANA DENTATA schreiben durfte: Sie ist gefährlich gut – und sie ist ganz nebenbei das erste rein weibliche Signing bei Roadrunner Records.“

Mit diesen Worten beginnt die Labelankündigung von DANA DENTATAs Debütalbum „Pantychrist“. Und nicht nur ob der Belanglosigkeit des ersten Teilsatzes fällt es schwer, zu glauben, dass die restlichen drei Viertel des ersten Satzes dieser Pressemitteilung wirklich nur als Randnotiz gemeint sind. Dass die „reine Weiblichkeit“ der Solokünstlerin (!) DANA DENTATA so hervorgehoben wird, wirkt allerdings eher wie eine befremdliche Mischung aus Schuldeingeständnis und Femwashing – Applaus für dieses doch eher mäßig beeindruckende Verdienst in Sachen Gleichstellung erwartet bei Roadrunner jedenfalls hoffentlich niemand.

Dass Frauen in der Metal-Welt nach wie vor massiv unterrepräsentiert sind, wird jedoch nicht nur durch dieses tollpatschige Statement klar, sondern ist zugleich das Herzensthema der stark feministisch geprägten Kunst von DANA DENTATA. Erste musikalische Gehversuche unternahm die in Los Angeles lebende Kanadierin in der Underground-Punk-/Rockband Dentata. Als Solokünstlerin setzt sie hingegen auf einen radikaleren Sound: Nu-Metal-Zerrgitarren treffen auf Rapgesang und Screams, Trap-Elemente und Industrial-Beats. Dabei geht es mal ruhiger und Hip-Hop-lastiger zu („Happy Family“), mal eskaliert DANA DENTATA bis zur Ekstase in fiesen Screams („Spit“, featuring Travis Barker). Mit anderen Worten: Ghostemane und Die Antwoord klingen hier ebenso an wie der Crossover der ’90s, der goldenen Zeit von Roadrunner Records.

Alles andere als Roadrunner-typischer 90er-Jahre-Stoff sind hingegen die Texte, die neben diversen Popkultur-Referenzen (etwa der Song- und zugleich Filmtitel „I Know What You Did Last Summer“) sehr deutlich auf das Thema „starke Frau“ fokussieren. Dass Roadrunner Records in der Künstlerinnenvorstellung als DANA-DENTATA-Fürsprecher ausgerechnet die als toxisch maskulin bis übergriffig berüchtigten Kanye West und Marilyn Manson anführen, wirkt – erneut – befremdlich. Denn mag DANA DENTATA musikalisch auch durchaus Parallelen zu Marilyn Mansons Werk aufweisen, hat die junge Künstlerin derart fragwürdiges Namedropping gar nicht nötig: Selbstbewusst rappt DANA DENTATA – deren Künstlername wohl nicht zufällig an den von Sigmund Freud geprägten Begriff der Vagina dentata, der bezahnten Vagina, erinnert – „my pussy got teeth“ („I.U.C.“) oder spielt in ihren Musikvideos mit der Sexualisierung ihres Körpers, der sie sich als Tänzerin und Model seit jeher ausgesetzt sieht.

Nicht alles, was DANA DENTATA auf „Pantychrist“ abliefert, ist genial oder neu – ihr Mix aus Nu Metal, Industrial und Rap überzeugt trotzdem. Wenn DANA DENTATA sich als selbstbestimmte Künstlerin nun noch davon freimacht, von ihrem Label als Quoten-All-Female-Projekt eingespannt und mit dem Wohlwollen von Männern wie Marilyn Manson oder Kanye West beworben zu werden, kann man von der forschen Kanadierin in den kommenden Jahren noch viel erwarten.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert