Review Dolorangst – Катастрофа Внутри (EP)

Das Schöne am Durchstöbern der Peripherie der Musiklandschaft ist die Möglichkeit, dabei auf spannende neue Bands zu stoßen, die womöglich noch ein wenig holprig auf den Beinen sind, aber mit ihrem Einfallsreichtum bereits Lust auf zukünftige, ausgereiftere Veröffentlichungen machen. Ein solches potentialträchtiges Projekt ist beispielsweise die 2019 von Roman Yelozin ins Leben gerufene Ein-Mann-Band DOLORANGST. Mit „Катастрофа Внутри“ („Eine innere Katastrophe“) legte der Depressive-Black-/Dark-Metal-Künstler Ende desselben Jahres seine erste EP vor, welche nun wenige Monate später in physischer Form unter Einbezug eines Bonustracks wiederveröffentlicht wurde.

Seitens des Labels wird das ungefähr 25 Minuten lange Minialbum unter anderem Fans von Tiamat, Katatonia und Woods Of Desolation nahelegt – und das durchaus nicht zu Unrecht. Zwar hat „Катастрофа Внутри“ einige nicht zu leugnende Macken – etwa die seltsam unscharf und hintergründig abgemischten Distortion-Gitarren und den fast schon leblosen Sound der schroff in Szene gesetzten Drums, bei deren Spiel DOLORANGST nahezu vollkommen auf genretypisches Blasting verzichtet. Dennoch hört man dem russischen Einzelmusiker bereits ein gewisses Talent, was den Aufbau einer bedrückenden Stimmung angeht, an.

So werden die fünf Songs – abgesehen von dem trübsinnigen Akustik-Outro „Этот Дождь Когда-Нибудь Закончится…“ – weitgehend von verwaschenen, einlullenden Clean-Gitarren getragen, die an Katatonias „Day“ („Brave Murder Day“) zurückdenken lassen, wohingegen die trostlosen Gitarrenleads den Grundton der metallischeren Stücke desselben Albums aufgreifen. Die hin und wieder eingeworfenen, schemenhaften Screams und eigentlich geradezu lachhaft simplen Piano-Einlagen werden sicherlich niemanden mit ihrer Raffinesse vom Hocker hauen, tragen aber doch recht effektiv zur hoffnungslosen Atmosphäre des Kurzalbums bei.

Vereinzelt verpasst DOLORANGST den Tracks mithilfe der Keyboards sogar einen leicht spacigen Touch („Эшафот“). Es handelt sich demnach keineswegs um eine völlig beliebige Underground-EP mit entsprechend abgründiger Tonqualität, sondern um eine durchaus stimmungsvolle Angelegenheit. Die zu erhoffende technische Entwicklung ist auf dem neu hinzugefügten Bonustrack „Надежда“ zwar noch nicht zu beobachten, da dieser allenfalls aufzeigt, dass DOLORANGST auch mit etwas mehr Schwung aufzutreten vermag, doch an sich ist die EP schon ausreichend niveauvoll, um eine Empfehlung wert zu sein.

Wie mit den meisten Newcomern muss man auch mit DOLORANGST ein wenig nachsichtig sein, um die Vorzüge seines Einstandswerks anerkennen zu können. Es wäre nicht vermessen, „Катастрофа Внутри“ eine gewisse klangliche Kraftlosigkeit und kompositorische Grobheit anzulasten. Der niedergeschlagene, träumerische Charakter der Musik dürfte jedoch sicherlich für den einen oder anderen Liebhaber von depressivem Black Metal und sogar Gothic Rock eine ansprechende Vertrautheit ausstrahlen, deretwegen man über die Anfängerfehler des noch jungen Projekts hinwegsehen und auf zukünftige Releases von DOLORANGST gespannt sein kann.

Keine Wertung

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