Review Dunkelnacht – Revelatio

Ein Ambient Black-Metal-Album mit einem interessanten Lyrics-Konzept? Immer her damit! Auf „Revelatio“ beschäftigen sich DUNKELNACHT mit einer Metapher über drei weise Affen: Mizaru, den Blinden, Kikazuru den Tauben und Inwazaru, den Stummen. Mizaru repräsentiert dabei das Volk (das hört, redet, aber nicht sieht), Kikazuru die politischen und religiösen Anführer (die sehen, sprechen, aber nicht hören) und die Iwazaru, übernatürliche Wesen, die von den anderen nicht gesehen werden (die hören, sehen, aber nicht sprechen). Die Thematik des Albums scheint damit ja sowohl ungewöhnlich als auch ziemlich spannend zu sein, bleibt also bloß die Frage, wie sie musikalisch umgesetzt wird…

„Revelatio“ beginnt mit dem kurzen Intro „The Fall Of Entropy“, das gut in die düstere Stimmung des Albums einführt. Dann legen DUNKELNACHT mit dem Black Metal los: Aggressives Geschrei, brutale Blastbeats und Doublebass-Attacken… Soweit so gut, so gewohnt. Aber irgendwas ist… komisch. Man braucht einige Augenblicke, bis einem bewusst wird, was es ist: Die Leadgitarre, die völlig selbstvergessen, mal mehr, mal weniger passend, neben der eigentlichen Musik herzududeln scheint.

Laut Band soll das Ganze „Ambient Black Metal“ sein, doch von dem „Ambient“ merkt man eigentlich nichts, es sei denn DUNKELNACHT wollen ihre Hörer in die E-Gitarren-Halle einer überfüllten Musikmesse entführen, in der gerade jeder Möchtegern-Profi auf Gitarren rumklimpert, die er sich sowieso nicht leisten kann. Als „Möchtegern-Profi“ möchte ich den Gitarristen von DUNKELNACHT dann aber auch nicht bezeichnen, denn spielen kann er durchaus. Aber trotzdem ist ein Großteil seiner Arbeit so unnötig, als ob die Band nach Fertigstellung des Album befunden hätte, man müsse mit Ach und Krach noch irgendwie etwas Melodie hineinprügeln. So bekommt der gute Mann nun ein 45-minütiges Solo zugestanden, in dem er sich austoben kann, wie es ihm beliebt. Das killt nicht nur sämtliche Atmosphäre, es macht „Revelatio“ auf volle Länge auch zu einer ziemlich nervenaufreibenden Angelegenheit. „Gönnt ihm doch mal ein wenig Ruhe, dem müssen ja schon die Finger bluten!“, ging mir beim hören mehrfach durch den Kopf. So wird das Album zu einer wirklich frustrierenden Erfahrung, weil der Rest der Musik eigentlich ziemlich gut gewesen wäre. Um ehrlich zu sein, und es überrascht mich selbst das zu sagen, wäre es mir lieber gewesen, DUNKELNACHT hätten das Album in matschigen Keyboard-Klängen ertränkt, das hätte wenigsten noch etwas Atmosphäre zugelassen. Der Schlamassel ist umso bitterer, da „Revelatio“ eigentlich keine großartigen Melodien gebraucht hätte: Nur mit dem Black-Metal-Grundgerüst wäre die Band auch schon gut gefahren, nämlich locker besseres Mittelklasse-Niveau. Aber es hatte nicht sein sollen.

Das Fazit fällt bei so einem Album immer sehr schwer: Technisch gesehen hätte „Revelatio“ sicherlich eine „7“ verdient, aber seien wir mal ehrlich: In der offensichtlichen Zielgruppe, nämlich Fans von atmosphärischem Black Metal, wird das Werk mit Sicherheit keine Freunde finden. Am ehesten werden eventuell Melodic-Death-Anhänger damit anbandeln können, falls sie das Gekreisch und die Doublebass-Attacken nicht abschrecken. Im jetzigen Zustand ist der Sound von DUNKELNACHT jedenfalls nur schwer zu genießen, obwohl die Band Potenzial an allen Ecken und Enden hat. Für die Zukunft können wir nur hoffen, dass sie ihrem Gitarristen einfach mehr Pausen gönnen und nicht so starrköpfig auf die Notwendigkeit von Melodie beharren.

Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Tobias Schultz

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