Das Cover von "Nostalgia" von Enforcer

Review Enforcer – Nostalgia

  • Label: Nuclear Blast
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Heavy Metal

Als vor zwei Jahren ihr damals aktuelles Album „Zenith“ erschien, fühlte sich so mancher ENFORCER-Fan von der Platte vor den Kopf gestoßen: Mit ungewohnt präsenten Synthesizern, Klavierpassagen und teils reichlich düsteren Songs, deren Fokus mehr auf Atmosphäre denn auf energetischem Riffing lag, machten die Schweden einem Großteil ihrer Speed-Metal-affinen Anhängerschaft zu viele Experimente. Ihr neues Werk hört nun auf den Titel „Nostalgia“ – ein Begriff, mit dem die Truppe gerade im traditionsbewussten Metal offene Türen einrennen, aber auch die Erwartung schüren dürfte, dass sie sich endlich wieder auf ihre Wurzeln besinnt. Können ENFORCER im 20. Jahr ihres Bestehens wieder auf ganzer Linie überzeugen?

Die gute Nachricht ist, dass Fans der „alten ENFORCER“ mit dieser Platte auf jeden Fall mehr auf ihre Kosten kommen als mit „Zenith“. Mit rabiaten Nummern wie „Coming Alive“, „Metal Supremacia“ oder „When The Thunder Roars (Cross Fire)“ erzeugen die Schweden die für ihre Anfangstage typische Dringlichkeit und riffen wieder (fast) so ungestüm wie auf „Into The Night“ – darauf dürfte so mancher Fan gewartet haben, der mit dem Vorgänger nichts anfangen konnte. In diesen Songs spielt auch die Leadgitarre wieder eine wichtigere Rolle als in den eher auf Atmosphäre bedachten Songs von „Zenith“ und so punktet die Band auf „Nostalgia“ immer wieder mit beeindruckenden Solopasssagen.

Aber ENFORCER blicken auf „Nostalgia“ nicht nur in die eigene Vergangenheit – „Zenith“ hat mehr als irgendeine andere Platte aus ihrem Backkatalog gezeigt, dass die Band keine Angst vor Neuem hat und dieser Mut zum Experimentieren hat sie auch auf dem Nachfolger nicht verlassen. Mit dem bereits im Vorfeld veröffentlichten Titeltrack versuchen sich ENFORCER an einer waschechten Ballade und im coolen Midtempo-Stück „Heartbeats“ probiert Frontmann Olof Wikstrand zu Beginn andere Gesangstechniken aus. Selbst im eher traditionellen „Keep The Flame Alive“ verändert die Truppe ihre gewohnte Formel und wechselt die zackigen Riffs mit Elementen aus dem Pop der 70er ab.

Dass eine eher traditionell orientierte Band wie ENFORCER nach musikalischer Entwicklung strebt, verdient in jedem Fall Respekt, aber es birgt auch so manche Tücke: Natürlich ist es irgendwie cool, wenn sich die Band in „Nostalgia“ hörbar an Sinatras „My Way“ orientiert, bis der Song ein einen wirklich großartigen Refrain umschlägt, passt das aber nicht so recht. Genauso kann man durchaus nachvollziehen, was gemeint ist, wenn sich Herr Wikstrand im Intro zu „Heartbeats“ gesanglich ausprobiert, aber zumindest in dieser Form klingt es einfach nicht gut. Trotz all seiner starken Momente und Songs wirft „Nostalgia“ daher einmal mehr die Frage auf, ob der Sound von ENFORCER wirklich dazu geeignet ist, über das bereits erreichte Maß hinaus entwickelt zu werden.

ENFORCER haben große Ambitionen – das zeigt sich auch an „Nostalgia“ wieder deutlich. Die Truppe aus Stockholm war bereits mit „Zenith“ hörbar bestrebt, nicht bloß „eine weitere Retro-Metal-Band“ zu sein und wenngleich sie mit ihrem neuen Album ab und an wieder zu ihrem bekannten Sound zurückkehrt, will sie auch den zuletzt eingeschlagenen Weg weiter beschreiten. Diese Phase des Umbruchs ist für das ganze Album charakteristisch, wobei die Formation zur Zeit ein wenig zwischen Baum und Borke hängt. Die klassischen Songs sind nicht mehr ganz so bissig wie früher und auf der Suche nach neuen Elementen für ihren Sound greifen die Schweden auch mal daneben. „Nostalgia“ ist durchaus ein starkes Album, aber auch ein weiteres Symptom der Geburtswehen der neuen ENFORCER.

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Wertung: 7 / 10

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