Review Griftegård – Solemn, Sacred, Severe

  • Label: Ván
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Doom Metal

Selten hat es eine Band geschafft, mir in so kurzer Zeit so eine Vorfreude ins Hirn zu injizieren. Okay, zugegeben, „Psalm Bok“, das erste Lebenszeichen der Schweden GRIFTEGÅRD ist schon zwei Jahre alt, aber die Neuauflage von Van fiel geriet mir halt erst vor wenigen Monaten in die Finger, drehte sich seitdem (trotz nur 18 minütiger Spielzeit) oft und gerne in meiner Anlage und… ja, ich sagte es ja schon, steigerte meine Vorfreude auf das erste Langeisen der Band quasi ins Unermessliche. Um so glücklicher war ich zu hören, dass das Debut „Solemn, Sacred, Severe“ (heißt so viel wie „Feierlich, heilig, ernst“) bereits in der Mache wäre. Und dann war der Augenblick gekommen, da ich das erste Mal ein Ohr in das neue Material der Doom-Hoffnung riskierte.

Und der erste Durchlauf war schon eine ziemliche Geduldsprobe. Zumindest der Anfang desselben. Nicht weil das Material irgendwie schlecht wäre, sondern eigentlich nur, weil GRIFTEGÅRD einen der beiden Tracks der „Psalm Bok“-EP neu aufnahmen und als Opener ihres Albums verwursteten. „Charles Taze Russell“, ein toller Song, auf der Vorgänger-EP stellte er seinen „Mitstreiter“ „Paul Gustave Doré“ mühelos in den Schatten. Aber Wiederholung ist Stillstand und Stillstand ist im Musikgeschäft Stagnation und deswegen mussten GRIFTEGÅRD was ändern, an ihrem Charles. Die neue Version ist etwas umarrangiert worden, ein paar Samples kommen besser durch, die Produktion ist ein wenig besser, dadurch aber auch glatter und gesichtsloser, der Gesang von Thomas Eriksson ist noch etwas ergreifender, lässt in den heftigeren Parts aber die Räudigkeit vermissen.
Die größte Verschlimmbesserung ist aber wohl die, dass „Charles Taze Russell“ auf „Solemn, Sacred, Severe“ etwa anderthalb Minuten länger dauert als auf „Psalm Bok“, dementsprechend ein Stück langsamer gespielt wird und… wenn man dann noch die alte Version im Ohr hat (weil man sie etwa drei Dutzend mal innerhalb von wenigen Wochen/Monaten gehört hat), dann ist das Anhören ungefähr genau so anstrengend wie die Szene in „Dead Men Don’t Die“, in der Elliott Gould etwa drei Minuten lang „Pasadeeeee…“ ins Mikro stottert, bis alle Anwesenden im Studio ihn anbrüllen: „Sag es! Sag das Wort! Pasadena!“ Kurioser vergleich, schmerzhafterweise aber nur allzu treffend. Und auch Leute, die das Original nicht kennen, dürften wohl ein kleines Problem mit „Charles Taze Russell“ haben, oder zumindest nicht so sehr beeindruckt sein von dem Song, denn das langsame Tempo zerstört massiv diesen überirdischen Groove, den die „Psalm Bok“-Version inne hatte (besonders beim „Man can not suffer enough for his sins„-Part, der hier wesentlich schwächer ist).

Warum ich mich so sehr am Opener von „Solemn, Sacred, Severe“ aufhänge? Weil’s zum Rest des Albums einfach nicht so viel zu sagen gibt. „Punishment & Ordeal“ hat dann noch einige Anlaufschwierigkeiten (und ist wegen seinen 11 Minuten, mit denen das Stück nicht wirklich zurecht kommt, der wohl größte Langweiler der Platte), aber wenn’s dann erst mal flutscht, dann flutscht’s auch richtig. „I Refuse These Ashes“ und „Drunk With Wormwood“ sind handwerklich solide, ergreifende, epische Doom Songs, die viel Freude machen, „Noah’s Hand“ ein exzeptionell gutes Zwischenspiel (das ich trotz oder vielleicht gerade wegen seiner minimalistischen Art zum absoluten Highlight des Albums erheben würde, selten ist mir so eine tiefgreifend sakrale Atmosphäre untergekommen), „The Mire“ ist ein wenig lahm, geht aber auch in Ordnung. Abgesehen von der unwürdigen Neuverwurstung von „Charles Taze Russell“ und dem etwas lahmen „Punishment & Ordeal“ leisten GRIFTEGÅRD sich keine Klopser, ihre Musik ist ehrlich und einfach nur gut, ein paar extrem gediegene Textzeilen werden auch noch herbei gezaubert (der „Drunk with wormwood I stumble„-Teil oder das Chorale „…these ashes“ am Ende von „I Refuse these Ashes“ zum Beispiel) und Thomas Eriksson ist die vielleicht hoffnungsvollste neue Stimme im Doom Metal, davon abgesehen gibt’s aber kaum etwas exzeptionelles zu sehen (oder zu hören) auf „Solemn, Sacred, Severe“. Die Großtaten des Vorgängers werden nicht wiederholt, die Musik auf der CD ist gut, aber beileibe nicht so gut wie auf „Psalm Bok“ (vielleicht mit Ausnahme von „Noah’s Hands“).

Also irgendwie eine Enttäuschung, die Debutscheibe von GRIFTEGÅRD. Ja, kann man so sagen, so begeistert wie ich gerne wäre bin ich einfach nicht. Aber man muss relativieren, denn obwohl sie eine Enttäuschung ist, so ist sie doch eine auf hohem Niveau. Die CD macht schon Spaß und hat eine nette Atmosphäre zu bieten, wenn auch die großen Überraschungen ausbleiben und man nie die Sphären von „Psalm Bok“ erreicht. Kann man als Doom-Fan haben, essentiell ist aber leider nix dran.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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