Review Maestus – Deliquesce

  • Label: Code666
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Doom Metal

Das lateinische Wort „maestus“ lässt sich mit „betrübt“ oder „niedergeschlagen“ ins Deutsche übersetzen. Könnte es eine treffendere Namenswahl für eine Death/Doom-Band mit schwarzmetallischen Einflüssen geben? Schon auf ihrem 2015er Debüt „Voir Dire“ haben MAESTUS die Essenz dieses Begriffs mit ihren tonnenschweren, bis zu 20 Minuten langen Tracks in Kunst für die Ohren verwandelt. Für ihr zweites Album „Deliquesce“ haben sich die Amerikaner ganze vier Jahre Zeit gelassen und in der Zwischenzeit nichts außer einer ersten Demo des Titeltracks veröffentlicht. Trotz dieser langen Anlaufphase kommt „Deliquesce“ im Gegensatz zu seinem Vorgänger mit einer relativ „normalen“ Spielzeit von 50 Minuten daher – und fordert den Hörer doch in gleicher Weise wie „Voir Dire“.

Dass man es hierbei nicht bloß mit in Zeitlupentempo gespieltem Death Metal vom Fließband zu tun hat, offenbart sich bereits ganz zu Beginn des fünfzehnminütigen Titeltracks. Geduldig und mit einem klaren Ziel vor Augen lassen MAESTUS erst mal nur die atmosphärischen Keyboards und das anmutige, bedrückende Piano für sich sprechen, ehe die monströsen Growls, die bösartigen Screams sowie die kriechenden Gitarren und Drums dem Stück auch den letzten Funken Trost austreiben. Obwohl die Stilmittel, die sich das Quintett im Verlauf der Platte zunutze macht, damit im Wesentlichen erfasst sind, lassen sich die Blackened-Doomer keineswegs von den Konventionen des Genres einengen.

Nicht nur die eleganten Klaviermelodien, auch die zarten Akustik- und die beklemmenden Clean-Gitarren sowie die an Ambient grenzenden Hintergrundsounds, die MAESTUS an den passenden Stellen in die Songs integrieren, sind auf einer Death/Doom-Platte gewiss keine Selbstverständlichkeit. Selbiges gilt für die tosenden Black-Metal-Orkane, welche die doomige Trauerprozession bisweilen aus heiterem Himmel unterbrechen und mit ungeahnter Wucht über alles hinwegfegen („The Impotence Of Hope“). MAESTUS machen es damit weder sich noch ihren Zuhörern leicht: Zwar beeindrucken die vier Longtracks auf Anhieb, doch es braucht seine Zeit, bis man sie auch nur überblicksmäßig verarbeitet hat, zumal man es dabei mit im wahrsten Sinne des Wortes schwerer Kost zu tun hat.

Lautstärke und Tempo mögen sich im Zuge der Platte mehrmals verändern, die Konstante bleibt jedoch stets die desolate Atmosphäre. Dass ebenjene ungefiltert und ungetrübt ihren Weg aus den Boxen heraus findet, liegt nicht zuletzt an der kraftvollen, zeitgemäßen Produktion, die sicherlich auch Markus Stocks Mixing und Mastering zu verdanken ist. Der abgründige Mahlstrom, den MAESTUS mit ihrer Musik vertonen, entfaltet dadurch seine volle, beängstigende Sogwirkung.

Eingängigkeit ist definitiv kein Charakteristikum, das für Doom Metal typisch ist. Doch selbst an den Standards der Stilrichtung gemessen, ist „Deliquesce“ alles andere als eine leicht verdauliche Platte zum nebenbei Hören. Anstatt sich von der bleiernen Schwere ihrer Tonkunst selbst in die Tiefen der Monotonie hinabreißen zu lassen, versuchen sich MAESTUS auf ihrem zweiten Full-Length mit Erfolg an einer ausgewogenen Mischung verschiedenartiger Klangvariationen. Dabei verlieren die Amerikaner jedoch zu keiner Zeit den roten Faden, der die ausgedehnten Kompositionen miteinander vereint. MAESTUS können sich somit zu Recht damit brüsten, das erste große Doom-Highlight des Jahres herausgebracht zu haben.

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Wertung: 8 / 10

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