„Soylent Green“ von PANDEA ist keine Puresteel-Produktion, wie wir sie kennen. Was Mastermind Dan Uhden (Mind Odyssey, Merlin) zusammen mit seinem alten Bandkollegen Mario Le Mole hier auf die Beine gestellt hat, ist von der üblichen traditionell- kraftvollen und true-en Ausrichtung des Labels weit entfernt. Viel mehr ist „Soylent Green“ als eine progressiv-symphonische Metal-Oper zu bezeichnen, die ihre Vergleiche am Ehesten bei den diversen Arjen-Lucassen-Projekten oder in Ansätzen auch bei Tobi Sammets Avantasia sucht. Lyrisch liegt diesem Werk – man kann es am Titel erkennen – der apokalyptische Krimi „Soylent Green – 2022…die überleben wollen“ aus dem Jahre 1973 zugrunde. Mitgewirkt haben bei diesem Release etliche Gastmusiker, die großteils in der Rock- und Metalszene der ehemaligen DDR verwurzelt waren. Herausgekommen ist dabei eine atmosphärische und intensive Achterbahnfahrt an Eindrücken und Emotionen.
Das direkt nach dem Synthie-Intro platzierte „Lost Eternity“ vermittelt in seiner Harmonie und mit der eingängigen Melodie und den Chören erst einmal eine Heile-Welt-Stimmung, und Ähnlichkeiten zu Avantasias Metal-Opera-Alben kommen einem sofort in den Sinn. Bei „Nomadic Life“ wird diese Atmosphäre bereits aufgerüttelt, erscheint düsterer und aggressiver. Das wird musikalisch auch einwandfrei umgesetzt. Wenn man sich zurücklehnt und die Musik so richtig in sich aufnimmt, spielen sich die Szenen ziemlich plastisch vor dem inneren Auge ab, selbst wenn man den Film nicht kennt.
Regelmäßig werden auch verschiedene Elemente, die unterschiedliche Emotionen ausstrahlen, innerhalb eines Songs gelungen zusammengesetzt. So entwickeln sich Spannungsbögen, baut sich Energie auf, die dann oft wieder in einer stimmungsvollen Passage entladen wird. Hauptsongwriter Uhden hat hier eindrucksvolle Arbeit geleistet. Trotz dieser progressiven und teilweise auch komplexeren Ausrichtung lässt er dennoch immer wieder Raum für ohrwurmartige Melodien und die mitreißenden Refrains und Choräle. Alles wirkt unheimlich stimmig zusammengefügt. Wechsel von Intensitäten oder Rhythmen stören den Songfluss nicht, sondern schaffen einfach nur Abwechslung und drücken die sich ändernde Stimmungen und Gefühle aus.
Das Album präsentiert sich als eine große Einheit, aus der man eigentlich einzelne Stücke als quasi-Anspieltipps kaum herausreißen mag, da Songs auch ineinandergreifen, aufeinander aufbauen und sich so gegenseitig ergänzen. Klar, hat man seine Favoriten, was die Melodie und Stimmung angeht. In meinem Fall sind es „Lost Eternity“, „Clan Of Saluation“, „Point Of No Return“, „Today’s Tuesday“ und „Hands Tied Up“. Dennoch ist es viel eher anzuraten, das Album in seiner Gesamtheit in sich aufzunehmen, sich wirklich eine Stunde Zeit zu nehmen, abzuschalten, alles andere beiseite zu legen und sich voll und ganz ausschließlich auf die Musik zu konzentrieren. Denn nur so kann dieses atmosphärische Werk seine Reize so richtig entfalten und die soundlichen Trümpfe und technischen Finessen ausspielen.
Auf einen Leistungsabfall wartet man vergeblich. Meines Wissens habe ich etwas Ähnliches das letzte Mal bei Ayreons „01011001“ gehört. Und dieser Vergleich hinkt wahrlich nicht. Meister Lucassen muss sich vor dieser Konkurrenz in Acht nehmen, wenn sie denn zu einem dauerhaften Projekt wird. Technich und kompositorisch gibt es nicht das geringste zu bemängeln. „Soylent Green“ fesselt, reißt mit, weiß Atmosphäre zu entwickeln, Gefühle auszudrücken und ist ein musikalischer Hochgenuss für die Sinne. Die gesamte Truppe an Gastmusikern, sowie die beiden Initiatoren des Werkes machen hier in jeder Hinsicht einen prima Job. Im Bereich progressiv-symphonischer Metal-Opern wird „Soylent Green“ sicher seinen Platz in der Spitzengruppe finden.
PANDEA liefern hier ein hochklassiges Album ab, das in seiner Sparte zweifelsohne zu den Highlights des Jahres 2010 gehören wird. Wer mit der Musik von Ayreon, Avantasia, Saviour Machine, Xystus, Shadow Gallery oder Jon Olivas Projekten etwas anfangen kann, sollte sich auch „Soylent Green“ nicht entgehen lassen.
Wertung: 9 / 10