Review Periphery – Hail Stan

Mag sein, dass Tesseract und PERIPHERY dem gleichen Genre angehören. Mag sein, dass die Charakteristik der Songs ähnliche Elemente wie ausdrucksstarke Stimme und melodische Refrains beinhaltet. Dennoch liefern die Amerikaner mit ihrem aktuellen Album „Hail Stan“ eine nahezu völlig andere Interpretation von Djent ab als es die Briten auf „Sonder“ im letzten Jahr taten. Und PERIPHERY die Jahre zuvor selbst.

Die Gründe hierfür sind mannigfaltig und der Auffälligste zeigt sich bereits beim Opener, dem 17-minütigen Giganten „Reptile“: PERIPHERY klingen so hart wie nie zuvor! Sotelos sonst so warmer, mitunter etwas zu anbietender Gesang weicht rauen und ungewohnt harschen Growls, die stellenweise stark mit Deathcore liebäugeln. Dass das überstarke „Blood Eagle“ von der gleichen Band stammt, was auch die „Juggernaut„-Alben auf den Markt brachte, scheint beinah unmöglich.

Mit „CHVRCH BVRNER“, einer im Namen offensichtlichen Black-Metal-Persiflage, riffen sich PERIPHERY nicht durch dessen Trademarks, sondern bauen mit einem Elektronik-Outro auf den Überraschungseffekt – schade nur, dass der vermeintliche Humor hinter diesem Songtitel ebenso flach bis gar nicht daherkommt wie der Albumtitel selbst.

Wer den Humor der Amerikaner nicht mag, wird mit „Hail Stan“ aber an beinah neun Stellen, nämlich mit fast jedem Song, gebührlich entschädigt. Denn PERIPHERY legen mit ihrem vierten Album den innovativsten Brocken ihrer Karriere vor: kantig, schwer und zugleich ohne Umschweife ins Ohr gehend. Haben sich Sotelo und Co. zuvor gerne in ihren Songs verloren, liefern sie auf „Hail Stan“ in sich schlüssige Tracks, deren Grad an Abwechslung – obwohl wir es mit einem Prog-Album zu tun haben – dennoch überrascht.

Mit Loops, Breakdowns, Choreinsatz und symphonischen Einschüben verpacken PERIPHERY ihren Djent-/ Prog-Hybriden, der die Aura eines Pitbulls hat – bissig, aggressiv, nach der Fütterung aber doch handzahm und kuschelbedürftig. Der Bruch mit dem bisherigen Label Sumerian Records scheint enorme positive Kräfte zum Vorschein gebracht zu haben.

Während die ersten drei Tracks reine Nackenbrecher sind, steigen PERIPHERY mit „Garden In The Bones“ in smoothen Djent ein, auf den der hochgradig poppige Song „Its Only Smiles“ folgt, der stellenweise an A Thorn For Every Heart erinnert. Noch gegensätzlich wird es allerdings mit „Follow Your Ghost“, einem Lied, auf das Oli Sykes (Bring Me The Horizon) wohl voller Neid blicken dürfte.

So wie die Amerikaner „Hail Stan“ eröffnet haben, schließen sie auch das vierte Kapitel ihrer Diskografie, nämlich mit einem überlangen Song. Während „Reptile“ allerdings auf ganzen 17 Minuten unterhält, versucht „Satellites“ mit einem Motivbruch in der Hälfte des Songs einen Kontrast zu erzeugen, der eher holprig wirkt anstatt er den Klimax unterstützt, den PERIPHERY sicherlich erschaffen wollten.

Dass der letzte Track zugleich der schwächste ist, mag verzeihlich sein, schließlich haben die Amerikaner auf „Hail Stan“ nicht nur sehr viel Mut gezeigt, sondern auch, dass sie beim Schreiben ihrer Songs noch eine überbreite Schippe drauf legen können. Dieses Wagnis hätte gehörig schief gehen können, ist aber bei acht von neun Songs gelungen – Respekt!

PERIPHERY anno 2019 setzen somit Maßstäbe, wie man sie einem Devin Townsend oder Between The Buried And Me jederzeit zutraut, den Köpfen um Sotelo allerdings – zu Unrecht – bisher nicht. Mögen PERIPHERY auch (noch) nicht an die kompositorischen Finessen der genannten Musiker heranreichen, wodurch „Hail Stan“ eher wie eine Best-Of von Hits anstatt wie ein homogenes Album klingt, so sind die Ideen darauf und besonders deren Umsetzung zu großen Teilen sehr stark.

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Wertung: 8.5 / 10

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