RC2 ist die erste Band aus Venezuela, die mir unterkommt. Sie entstand aus der Formation Radio Clip, die immerhin vier Alben unters Volk gebracht haben. Inzwischen sind RC2 aber in Spanien beheimatet.
Wenn ich Venezuela höre, fällt mir nicht gerade spontan eine Musikrichtung wie Progressive Rock ein. Dennoch haben sich RC 2 dieser verschrieben. Nach dem selbstbetitelten Debut von 2003, ist „Future Awaits“ ihr zweites Werk.
Vielleicht liegt es an der Abstammung des Quintetts, dass keine sehr frickeligen und abgehackte Phasen mit unzähligen Breaks und Wechseln dominieren. Viel mehr ist die Musik auf „Future Awaits“ sehr atmosphärisch. Die acht Songs sind lang und beinhalten ausgedehnte instrumentelle Arrangements. Dabei geht es großteils gemäßigt zu. Es gibt viele ruhige und besinnliche Passagen mit schönen Melodien. Einzelne Abschnitte dürfen sich entwickeln, bevor ein Taktwechsel oder eine Stimmungsveränderung eintritt. Das soll aber nicht heißen, dass nicht auch mal druckvolle Phasen mit Leadgitarrendominanz die Kompositionen auflockern. Aber in erster Linie werden die Freunde träumerischer Linien angesprochen.
Einflüsse früher Dream Theater sind nicht zu leugnen. Aber auch Bands wie Aphrodite’s Child oder Genesis haben sicherlich ihre Spuren hinterlassen. Bei „Future Awaits“ gibt es auch spacige Abschnitte, die mich ein Stück weit an Sachen von Arjen Lucassen erinnern.
Darüberhinaus integrieren RC2 auch musikalische Wurzeln ihrer Heimat in die Songs, die sich in jazzig angehauchten Phasen oder auch durch lateinamerikanische Rhythmen bemerkbar machen. Alleine dadurch heben sich die Venezulaner schon von der Masse ab. Hinzu kommt, dass sie es verstehen, hörenswerte Kompositionen zu schreiben.
Einzelne Stücke hervorzuheben ist nicht einfach, da sie vor allen Dingen durch völlig unterschiedliche Einzelheiten glänzen. Bei „Time Pieces“ wird den sinnlichen Emotionen musikalisch freien Lauf gelassen. In „Future Awaits“ bestimmen dagegen die moderneren, spacigen Parts, während bei „Autumn“ durch das Gitarrenspiel und ausgedehnte Hammond-Orgel-Phasen vorwiegend eine 70er-Jahre-Retro-Stimmung erzeugt wird.
Am besten gefallen mir aber sogar die rein instrumentellen Tracks: „El Diablo Suelto“ weiß durch virtuose Vielfalt und durch klassische Arrangements zu begeistern, und „Voice Of The Storm – Part I“ ist schön groovy, leicht exotisch angehaucht und macht auch vor einer Instrumental-Interpretation von „House Of The Rising Sun“ nicht halt. Den einzig schwächeren Song finde ich „Coming Down Again“, der zu sehr nach Jean-Michel Jarres Elektro-Pop klingt.
Von der technischen Seite zeigen sich RC2 absolut professionell. Etwas ins Rampenlicht muss ich dabei vielleicht noch Rafael Paz rücken, den Mann am Keyboard, der vielen Songs durch sein Spiel die spezielle Note aufdrückt. Sänger Felix Duque erinnert mich mit seinem hellen Stimmklang in ruhigeren Passagen an Saga-Fronter Michael Sadler. Nur wenn etwas mehr Power gefragt ist, zeigt er leider etwas Ausdrucksschwäche und Mangel an Stimmvolumen. Der Schlusstrack „Voice Of The Storm – Part II“ nähert sich übrigens auch so ein wenig an Saga-Kompositionen an.
Im Fazit ist „Future Awaits“ ein starkes und abwechslungsreiches Progressive-Rock-Album, das ich Anhängern der atmosphärischen Seite der Spielart auf jeden Fall empfehlen möchte. Mit jedem Hören geben die Stücke etwas mehr von ihrem eigenen Charme preis. „Future Awaits“ hat genug Klasse und Vielfalt, um sicherlich immer wieder den Weg in den heimischen CD-Player zu finden.
Wertung: 8 / 10