Review Stream Of Passion – Embrace The Storm

Auf seinem letzten Album „Human Equation“ von seinem Hauptaushängeschild Ayreon präsentierte uns der überaus aktive Holländer Arjen Anthony Lucassen nicht nur den wohl mit wildesten Stilmix, den man sich auf einem homogenen Progalbum vorstellen kann, sondern arrangierte auch eine gewisse Marcela Bovio als Sängerin für den Charakter „Wife“.

Marcelas unglaubliches Gesangstalent und insbesondere die euphorischen Reaktionen der Fans dürften jetzt dafür gesorgt haben, dass Mr. Lucassen ein ganzen Album mit der schönen Sängern aufgenommen hat.

Dabei war er diesmal eher der Vermittler, als der Hauptakteur. Die gesamte Platte ist mithilfe des Internets entstanden, denn die beteiligten Musiker wohnen mehrere tausend Kilometer auseinander. Die Songideen entstammen hauptsächlich der Feder von Marcela, die auch für den ungewöhnlich dunklen, gothicähnlichen Sound verantwortlich ist. Arjen steuerte lediglich einige Gitarrenriffs bei – auf die üblichen Space-Synthies seiner Fantasy-Epen müssen wir also verzichten. An ihrer Stelle steht ein einfaches, aber akzentuiert eingesetztes Piano. Mit progressiver Musik haben die zwölf Songs auf „Embrace The Storm“ demzufolge so gut wie gar nichts zu tun. Vielmehr schafft man eine melancholische, düstere Stimmung, die immer wieder von gradlinigen Gitarrenriffs unterstützt wird. In nicht wenigen Momenten kommt so eine durchaus Nu-Metal ähnliche Atmosphäre auf. Nicht vergessen darf man jedoch die Geige, ebenfalls von Marcela gespielt, die der Musik ein ganz besonderes Flair verschafft. Mal charmant, mal traurig gespielt nimmt sie großen Einfluss auf die von der Musik vermittelten Emotionen.

Im Zusammenhang mit diesem Schlagwort kann man der Band übrigens attestieren, einen perfekten Namen ausgewählt zu haben. Über die gesamte Spielzeit wird der Hörer gefangen genommen von Marcelas engelsgleichen Gesang, weiß oftmals nicht, ob er sich freuen, oder endlos mit ihr leiden soll. Man kann sich dieser emotionalen Anziehungskraft kaum entziehen. Das symphonisch-rockige „Passion“ mit seinem wunderschönen Refrain z.B. hat großes Suchtpotential. Man möchte dieses Kopf-Kino einfach immer wieder erleben. Ähnliches gilt für das nachfolgende „Deceiver“, das traurige „Wherever You Are“ mit seinem betörenden Pianothema oder das zauberhafte Titelstück, in dem sich sogar ein kleiner Folk-Einfluss bemerkbar macht. Mein unabdingbarer Anspieltipp jedoch ist Track Nummer 10, „Out Of The Real World“. Wer sich jetzt schon ein bisschen zusammenreimen konnte, dass STREAM OF PASSION eventuell ein wenig wie Nightwish, Evanescence oder Within Temptation klingen, dem kann ich Recht geben. Der einzige Unterschied: STREAM OF PASSION haben nicht nur die bessere Sängerin, sondern schlichtweg auch das beste Songmaterial. Als einziger Vergleich zu Marcela Bovio fällt mir Anneke van Giersbergen von The Gathering ein. Die Stimmen der beiden sind sich in der Tat sehr ähnlich!

Bleibt noch die Frage: Gibt es auch einen Haken? Und leider lautet die Antwort: Ja, gibt es! Zwar variiert man geschickt das Tempo und Instrumentierung der Songs, ab und zu singt Marcela sogar Spanisch, wie z.B. bei „Nostalgia“. Insgesamt betrachtet wirkt das vorliegende Songmaterial jedoch recht eintönig und somit nicht sonderlich abwechslungsreich. Das führt schließlich dazu, dass sich nach einiger Zeit doch Ermüdungserscheinungen beim Hörer breit machen. Man hat den Eindruck, dass Album sei unendlich lang.

Das ändert aber grundsätzlich nichts daran, dass ich „Embrace The Storm“, das übrigens auch in einer Special Edition mit DVD (mit Making Of, Videoclip zu „Passion“ und Demoversionen der Songs) erscheint, bedenkenlos empfehlen kann. Ein Genuss in kleineren Dosen sei hier angeraten, aber letztendlich muss jeder selbst wissen, wann er genug „Passion“ hatte.

Wertung: 7.5 / 10

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