Review Suns Of Thyme – Cascades

(Shoegaze / Krautrock) „Krautgaze“, so nennen die Berliner SUNS OF THYME ihren eigentümlichen Musikstil. An sich eine sehr treffende und darüber hinaus auch noch markante Bezeichnung, die dem Schaffen des Quintetts dennoch nicht ganz gerecht wird. Die Band spielt nämlich nicht einfach „nur“ Shoegaze und Krautrock, sondern bringt auch noch Post-Punk, Post-Rock, Psychedelic Rock, Gothic Rock und arabische Folk-Einflüsse unter einen gut sitzenden Hut. So viele Subgenres sind natürlich nicht in einem einzelnen Wort unterzubringen, weshalb man „Krautgaze“ aus Zweckmäßigkeitsgründen wohl so stehen lassen kann. Wer ob dieser musikalischen Vielfalt skeptisch die Stirn runzelt, sollte sich „Cascades“, das zweite Album der Truppe, unbedingt anhören und sich eines Besseren belehren lassen. SUNS OF THYME haben damit nämlich einen einstündigen Schatz geschaffen, der dringend entdeckt werden will.

Bereits der zurückgelehnte Opener „Do Or Die“ lädt mit seinem eingängigen Rhythmus zum Kopfnicken ein und wartet mit einer schrägen, atmosphärischen Hauptmelodie auf. Im anschließenden, melancholischen „Intuition Unbound“ sowie später im fast schon tanzbaren „In Dreams Awake“ kommt der Gothic-Aspekt in den Gitarren mehr zum Tragen, außerdem holen SUNS OF THYME hier die Keyboards mehr in den Vordergrund. Das heißt jedoch keineswegs, dass sie ansonsten Pause haben, ganz im Gegenteil, sie sind nahezu omnipräsent, allerdings zumeist im Hintergrund als durchgehender Klangteppich, der den Songs eine gewisse Fülle verleiht.
Generell lässt sich feststellen, dass es auf „Cascades“ sehr viel zu entdecken gibt, obwohl die Songs praktisch nie über die Sechs-Minuten-Marke hinauskommen. So stützt sich das tatsächlich sehr verträumte „Ich träum von dir“ auf eine trockene, einprägsame Gitarrenmelodie, die vor dem inneren Auge Bilder einer Reise durch die Wüste malt und immer wieder variiert wird. Hier kommt auch der Bass mehr zum Zug, doch auch der Rest der Platte profitiert an vielen Stellen von den darauf gespielten Post-Punk-Rhythmen und der guten Hörbarkeit des Basses.
Die in „Ich träum von dir“ dezent angedeuteten, arabesken Elemente werden vor allem im smoothen „Rush“ und im Beat-lastigen Instrumental „The Field“ voll entfaltet, unter anderem durch Einsatz einer Sitar. Peppig wird es in „Deep Purple Rain“ mit seinen coolen Electro-Keyboards, während SUNS OF THYME mit „Aphelion“ den härtesten Track des Albums stellen, ohne dabei die vorherrschende Atmosphäre zu zerstören. Mitverantwortlich für diese Stimmung sind auch die absichtlich recht monotonen Vocals, die anfangs eine gewisse Eingewöhnung erfordern, letztlich aber sehr gut zur Instrumentalisierung passen.

Es ließe sich noch viel mehr über „Cascades“ erzählen, so facettenreich ist dieses Album. Trotzdem sind SUNS OF THYME insofern am Boden geblieben, als ihre Tracks allesamt einprägsam und leicht zugänglich sind, es gibt wirklich keinerlei Durchhänger. Der Genre-Mix mag zu Beginn etwas befremdlich sein, aber spätestens ab dem zweiten Hördurchgang ist man völlig gebannt. Die Leute von Napalm Records haben wahrlich eine gute Wahl damit getroffen, die Berliner „Krautgazer“ unter ihre Fittiche zu nehmen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Band in der Folge die Bekanntheit erlangt, die ihr aufgrund ihrer Kreativität zusteht.

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Wertung: 9 / 10

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