Review The Mount Fuji Doomjazz Corporation – Anthropomorphic

Wem das Bohren und der Club of Gore, Omega Massiv und das Kilimanjaro Darkjazz Ensemble immernoch zu mainstream (oder sagen wir lieber: gewöhnlich) sind, der sollte sich, so er denn grundsätzlich auf die Genres Jazz, Doom und Drone (und zwar gleichzeitig!) steht, auf alle Fälle einmal mit THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION auseinandersetzen.
Wie bereits der Name andeutet, handelt es sich dabei um ein zweites Sprachrohr der Kilimanjaro Darkjazz Ensemble-Musiker, welche sich hier, begleitet von diversen Gastmusikern, im Improbereich austoben.

Richtig gelesen: Improvisation. So gesehen handelt sich bei „Anthropomorphic“ nämlich um ein „Live-Album“, jedoch nicht im herkömmlichen Sinne. Publikum oder Live-Atmosphäre gibt es hier natürlich keine, vielmehr wurden drei Mitschnitte von Improvisationsauftritten der Ausnahmemusiker derart nahtlos miteinander verwoben, dass ich die „Locationwechsel“ zwischen Utrecht, Wroclaw und Moskau immer noch nicht gefunden habe. So hat man es hier mit einem 60:01 Minuten langen Song, oder vielmehr Klanggebilde, zu tun, das sich wahrlich nur schwer in Worte fassen lässt. Zwischen Noise- und Drone-Elementen, die an Sunn o))) erinnern, Jazzfeeling und doomigen Parts sorgen mal mehr, mal weniger dezente Elektro-Elemente für das spezielle Etwas in dem beeindruckend stimmigen Gesamtgebilde.
Ein Song, instrumental und über 60 Minuten – das klingt für mich zunächsteinmal zumindest nach der Gefahr der Langeweile oder aber einem völlig überzogenen kompositorischen Anspruch, der spätestens nach 45Minuten in sich zusammenbricht. Nicht so hier, bleibt das Stück doch bis zuletzt (im Rahmen der gesteckten Genregrenzen) spannend und unterhaltsam. Sicherlich, wer Action-Mucke sucht, ist hier auf dem falschen Dampfer – jedoch sollte man die Intensität des Dargebotenen keinesfalls unterschätzen: Düstere Klänge ziehen den Hörer in einem immer kraforvolleren Strudel hinab in eine Welt jenseits gewöhnlicher Songstrukturen oder Schema-F-Kompositionen. Kraftvoll und melancholisch, bezaubernd und verstöhrend zugleich vermag der Werk den Hörer vollends in Besitz zu nehmen, lässt sich dieser nur auf das Spiel ein…
Wirklich beindruckend ist dabei, dassman der Improvisation, und das ist durchaus als großes Kompliment zu werten, ihre Spontanität in keiner Weise anmerkt. Um ehrlich zu sein, wurde ich mir über die Tatsache, dass es sich um einen Livemitschnitt handelt, erst bewusst, als ich im Booklet der CD mit der Nase darauf gestoßen wurde… könnte das, was sich hier über eine Stunde Spielzeit erstreckt, doch auch gut und gern durchkomponiert und im Studio in akribischer Detailarbeit eingespielt sein.
Auch der Sound oder die Klangqualität im allgemeinen lässt nämlich zu keiner Zeit den Gedanken aufkommen, man könnte es mit etwas anderem als einer Studioaufnahme zu tun haben: Glasklar ist jedes einzelne Instrument zu vernehmen, und auch sonst gibt es kein Indiz, das auf eine Live-Einspielung hindeuten würde…

Zugegebenermaßen: Wie auch die anderen genannten Bands ist auch THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION natürlich Nischenmusik, die sicher nicht bei der breiten Masse Anklang findet. Wer jedoch dazu bereit ist, sich in einer Klangwelt irgendwo zwischen Jazz, Drone und Elektronik zu verlieren, dem kann ich „Anthropomorphic“ nur wärmstens Empfehlen.

Wertung: 9 / 10

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