Review Thought Chamber – Psykerion

Na, erinnert sich noch wer an THOUGHT CHAMBER? Sechs Jahre ist es her, dass die amerikanischen Progmetaller ihr Debüt „Angular Perceptions“ veröffentlichten – und danach schnell wieder in der Versenkung verschwanden. Auch der charismatische Gesang von Ted Leonard (Enchant, Spock’s Beard, Affector) konnte damals nicht darüber hinwegtäuschen, dass THOUGHT CHAMBER ein seelenloses Internetprojekt war, dem es an Eigenständigkeit gefehlt hat. Gespielt wurde viel, gesagt wenig.

Mit „Psykerion“, einem 64-minütigen Sci-Fi-Konzeptwerk, startet THOUGHT CHAMBER-Chef Michael Harris jetzt den nächsten Versuch – und schon ein Blick auf die 16 Stück starke Tracklist mit vielen kurzen Nummern lässt vermuten, dass hier jede Menge Ideen irgendwie zu etwas Großem zusammengeschustert werden sollten. Eine Vermutung, die sich beim Opener „Inceptus“ leider direkt bestätigt: Ein hymnisches Intro leitet hier in beliebig klingende, total hektische Frickelei mit nervtötenden Keyboardsounds über. Das nachfolgende „Exodus“ macht dann genauso weiter – an dieser Stelle möchte ich das Album am liebsten in die Ecke schmeißen. In Zeiten, in denen Bands wie Leprous, Haken oder Jolly beweisen, wie elegant man technische Kabinettstückchen in edles Songwriting verpacken kann, locken die Jungs von THOUGHT CHAMBER damit allerhöchstens Musikstudenten hinter dem Ofen hervor.

Im dritten Song „Psykerion: The Question“ hat dann Sänger Ted Leonard seinen ersten Auftritt. Ein wenig blutleer klingt sein Gesang, aber er spendet der klinischen Musik zumindest ein Fünkchen Lebendigkeit und sogar eine Melodie, die sich ein Stück weit im Ohr festsetzen kann – ein Hoffnungsschimmer. Es ist die Hauptmelodie, die im Verlauf des Albums immer wieder auftaucht und instrumental bearbeitet wird.

Als Hörer verspüre ich während der gesamten Spielzeit den starken Drang, mich am Gesang festzuhalten, um die instrumentalen Eskapaden zu überstehen. Das klappt bei einem Vocal-dominierten Song wie „Kerakryps“ ganz gut – doch das Gehörte weiß in seiner Gesamtheit nicht mitzureißen, nicht zu berühren. Ein jazziges Zwischenspiel wie „The Black Hole Lounge“ ist da zwar nett, passt aber so gar nicht zum restlichen Sounddesign. Der größte Schock erwartet uns allerdings noch: „Isle Of Bizen“ ist stellenweise derart deutlich an „And You And I“ von Yes angelehnt, dass es schon nicht mehr schön ist – natürlich ohne auch nur ansatzweise das Original zu erreichen. Immerhin lenken die fünf Herren später die Stimmung des Stücks in eine etwas andere Richtung.

Am besten sind THOUGHT CHAMER immer dann, wenn sie sich etwas Zeit lassen, wie in den überlangen Tracks „Behind The Eyes Of Ikk“ oder „Trascend“. In diesen Nummern geht die Instrumentalfraktion ausnahmsweise einmal eine harmonische Einheit mit dem Gesang ein, während sich die Solospots sinnvoll ergänzen und für einen gelungenen Spannungsaufbau sorgen, anstatt sich nur lieblos gegenseitig abzulösen. So soll es sein!

THOUGHT CHAMBER sind Meister an ihren Instrumenten – beweisen aber gleichzeitig, dass das nicht reicht, um ein packendes Album aufzunehmen. „Psykerion“ ist wunderbar frickelig, hat ein paar tolle Momente, ist aber leider nur selten wirklich stimmig und packend. Zu beliebig sind dafür die Kompositionen. Und vor allem zu leblos.

Wertung: 5.5 / 10

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