Review Tuuls – Tuuls

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 1999
  • Spielart: Entmetallisiert, Weltmusik

Musik kann auf die unterschiedlichsten Arten skurril und exotisch sein. Man ist von der Metalszene ja einiges an Ideenreichtum und Klangvielfalt gewohnt, und zwar in jeder Hinsicht. „Skurril“ können aber auch ganz andere Dinge klingen, an die unser mitteleuropäisches Gehör nicht gewöhnt ist. Das Album „Tuuls“ von der gleichnamigen Gruppe wäre da ein Beispiel. Die beiden Herren Miagmar Nyamgerel und Miagmar Tsogtgerel spielen traditionelle mongolische Volksmusik, in der vor allem Instrumente wie die Pferdekopfgeige, Trommeln, Rasseln sowie Ober-und Untertongesänge die Hauptrolle spielen.

Dass das Ganze ziemlich urig klingt, brauche ich wohl nicht explizit zu erwähnen. Die Geigen spielen Melodien, die oft zum mitschunkeln einladen und vor dem inneren Auge das weite Bild mongolischer Steppen hervorrufen. Das rhythmische Fundament ist oft sehr einfach gestrickt, geht aber sofort ins Blut über. Die wahre Meisterleistung sind jedoch die Gesänge, die sich von tiefstem Grummeln bis hin zu unglaublich hohen, sphärischen Tönen erstrecken. Ein erneuter Beweis dafür, wozu der menschliche Körper und Kehlkopf alles imstande sind. Dass die beiden Musiker ihr Gesangshandwerk so gut beherrschen ist auch nicht weiter verwunderlich, hat doch der eine 10 Jahre und der andere 8 Jahre lang den Beruf des Höömi, als des Obertonsängers, erlernt.

Die Texte verstehe ich selbstverständlich nicht. Die Herren erklären auf der Rückseite der Verpackung in Kürzestform den Inhalt der Lieder, aber dann gilt es, die Musik für sich sprechen zu lassen. Aber schon der Ton der äußerst seltsam anmutenden mongolischen Sprache vermittelt einfach dieses „Feeling“, diese Liebe zum Land und zu den alten Bräuchen und Sagen. Die Musik klingt durch und durch mongolisch, sehr volkstümlich und ist streckenweise sehr unterhaltsam, um einen im nächsten Moment wieder in pures Staunen zu versetzen. Nur die Produktion ist leider etwas kraftlos, aber damit kommt man klar.

Die beiden Herrschaften sind wohl schon seit ein paar Jahren in Deutschland als Straßenmusikanten unterwegs, wie ich im Netz erfuhr. Auch erwähnenswert finde ich, dass Miagmar Nyamgerel an der Universität studiert hat und Kunstkritiker ist. Wo er studiert hat? Natürlich in Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Den Leser, dem spontan eine andere mongolische Stadt einfallen sollte, wo es eine Universität gibt, bitte ich, mir eine Mail zu schreiben! Denn ich bezweifle das, bei einem Land, in dem auf einer Fläche von 1.564.116 Quadratkilometern die Bevölkerungsdichte nur 1,9 Einwohner pro km² beträgt.

Nun, für wen eignet sich dieses nette Album? Für jeden, der eben mal etwas wirklich exotisches hören möchte und einfach seinen Horizont um eine interessante Facette erweitern will. Natürlich, einen Vergleich zu anderen mongolischen Obertonsängern habe ich nicht, vielleicht gibt es ja in dieser Hinsicht noch eine Menge zu entdecken. Ich fand es jedenfalls ein überaus lustiges und besonderes Hörvergnügen. Sicher nicht etwas, das man tagtäglich hören muss, aber doch eine bereichernde Hörerfahrung.

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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