Es ist schon amüsant, wie sich manche Bands scheinbar gegenseitig inspirieren. Während die polnischen Artrocker VOTUM auf ihrem ersten Longplayer „Time Must Have A Stop“ wie eine noch metallischer geratene Variante von ihren überaus erfolgreichen Landsmännern Riverside klangen, beschlossen jene Landsmänner mit ihrem letztjährigen Output „Anno Domini High Definition“, dass sie das musikalische Gaspedal ja auch noch ein Stück weiter durchdrücken könnten.
Nun legen VOTUM ihren Zweitling „Metafiction“ vor, und klingen plötzlich so ruhig wie Riverside in ihren Anfangstagen. Es wirkt, als hätten die beiden Bands ihre Rollen getauscht – mit der kleinen, aber feinen Ausnahme, dass die Musik von VOTUM qualitativ noch nicht ganz das Niveau ihrer Kollegen erreicht. Hörer, die das Riverside-Debüt „Out Of Myself“ verehren und sich für Bands wie Anathema oder (die ruhigen) Wolverine begeistern können, werden mit dem vorliegenden Werk der Band dennoch jede Menge erfüllter Stunden verbringen.
Die Jungs haben sich eindeutig in jeglicher Hinsicht gesteigert. Die Produktion kommt gleich mehrere Klassen druckvoller und klarer daher, die Melodien fallen wesentlich griffiger aus und haben eine überdurchschnittlich hohe Halbwertszeit und – am wichtigsten – die Band arrangiert und instrumentiert ihre neuen Tracks äußerst geschmackvoll. Schwebende, getragene Keyboardflächen, akzentuiertes Bassspiel Marke Mariusz Duda und leichtfüßig aufspielendes Schlagzeug prägen jetzt den Sound der Combo. Riffende Gitarren wie zu Beginn von „Glassy Essence“ sind eher die Ausnahme und nur ein Stilmittel und nicht mehr stilbestimmend. Elegische Gitarrensoli gehören natürlich ebenso zum neuen VOTUM-Soundkosmos wie eindringlicher Gesang. An dieser Stelle muss Sänger Maciej Kosinski hervorgehoben werden. Er hat im direkten Vergleich mit „Time Must Have A Stop“ auf „Metafiction“ den größten Sprung gemacht. Sein Gesang kommt in den – das Album bestimmenden – ruhigen Passagen überaus einfühlsam und emotional rüber. Er singt glasklar und ausdrucksstark. Auch bei in den druckvollen, etwas aggressiveren Momenten ist eine Besserung zu verzeichnen; auch wenn Kosinski hier noch leicht undifferenziert agiert und zu sehr presst.
Mit 44 Minuten ist das Album dann auch ebenso lang (oder kurz?) wie „Anno Domini High Definition“ von Riverside. Das war hoffentlich nicht auch noch Absicht. Stilistisch zeigen sich VOTUM zwar immer noch nicht eigenständiger, dafür schaffen sie es, die Spannung und Atmosphäre während der gesamten Spielzeit aufrecht zu erhalten. Echte Durchhänger gibt es nicht, alles ist gutklassig, stimmig und vor allem packend, wenn man solch in sich ruhende Musik mag. Als Anspieltipp eignet sich jede Nummer. Einen guten Überblick gibt das schon erwähnte „Glassy Essence“. Wenn die Polen es schaffen, auf ihrem dritten Album noch einmal eine solche Steigerung hinzulegen, steht uns ein richtiges Highlight ins Haus.
Wertung: 8 / 10