Konzertbericht: Chelsea Wolfe

31.07.2014 München, Hansa 39

Chelsea Wolfe Header

Manchmal muss man sich zu guter Musik zwingen: Wenn draußen die Sonne scheint und die Temperaturen im höheren zweistelligen Bereich liegen, liegt es nicht direkt nahe, schwermütigen Gothic-Folk zu hören. Weil sich die Gelegenheit, die großartige CHELSEA WOLFE gemeinsam mit Band live zu sehen in München allerdings sehr selten bietet, wird eben eine ganze Woche lang quasi nichts anderes gehört und die Laune auf die düsteren Klänge trotz des schönen Wetters immer weiter geschürt. Dass das Hansa 39 pünktlich zum offiziellen Beginn um 21 Uhr sehr stattlich direkt vor und neben der Bühne gefüllt ist, lässt darauf schließen, dass viele andere die gleiche Idee hatten wie der Redakteur dieser Zeilen. Das Publikum ist dabei extrem stark gemischt: Von Black-Metal-Fans und Musiknerds, über „Normalos“ bis hin zu Punkern ist quasi jeder Charakter vertreten.

Chelsea Wolfe 01Ohne Vorband, dafür mit stimmiger Musik und Bühnendekoration (ein paar weiße Lilien liegen auf den Verstärkern) wird im Hansa 39 eine leicht gruslige Stimmung erzeugt, bis schließlich CHELSEA WOLFE mit ihren musikalischen Mitstreitern an Elektronik, Geige und Schlagzeug die Bühne betritt. Ihr an der Seite weit geschnittenes schwarzes Kleid, welches mit langen Ärmeln weit über ihren Körper und schwarze Kleidung fällt, ihre traurigen Augen, das hell geschminkten Gesicht, die vielen Ringe, ihre langsamen und oft entrückten Bewegungen erzeugen in der Kombination mit ihrer klaren, oft verhallten und glockenhellen Stimme eine ganz eigene Wirkung. Diese wird am heutigen Abend besonders durch das Bandsettig verstärkt, welches so ein musikalische Erlebnis bietet, dass mit düsteren Gothicfolk, den CHELSEA WOLFE auf ihren Alben präsentiert, wenig zu tun hat. Durch die mächtige Abmischung, das drückende Schlagzeug, die stark verzerrte E-Gitarre, zu der CHELSEA WOLFE immer wieder selbst greift und besonders durch die basslastige Elekronik entsteht heute ein Klang der irgendwo zwischen der kalten Bedrohlichkeit von Portishead und heftiger Rockmusik hin und her wechselt, ohne dabei je einen Zweifel aufkommen zu lassen, mit welcher Künstlerin man es hier zu tun hat.

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Die Setlist setzt sich aus einer gesunden Mischung der bisherigen Alben zusammen, das Publikum ist von der ersten Sekunde an in einem wahren Bann, was die Zuschauer allerdings nicht davon abhält, nach jedem Lied begeistert zu applaudieren – in manchen kunstvoll gestalteten musikalischen Übergängen ist das zwar schade, aufgrund der hohen Qualität der heutigen Show aber nur verständlich. CHELSEA WOLFE selbst richtet nur einige wenige, nahezu schüchtern wirkende Worte an das Publikum und bedankt sich, am heutigen Abend hier spielen zu dürfen. Nach einer guten Stunde ist das Konzert schließlich nach einem wahren Feedback-Inferno, dass an Intensität kaum zu überbieten ist, vorbei – könnte man denken, wäre dieses furiose Finale doch das perfekte Ende für ein atemberaubendes Konzert gewesen. So muss man schon fast sagen: Leider kommt die Band danach noch einmal für zwei Songs zurück, welche nicht mehr die Emotionalität und Elektrizität des bisherigen Auftritts erreichen können und der Abend somit ein bisschen wehmütig beendet wird.

Chelsea Wolfe 02Setlist CHELSEA WOLFE
01. Movie Screen
02. Feral Love
03. Kings
04. We Hit A Wall
05. Mer
06. Tracks (Tall Bodies)
07. Demons
08. House Of Metal
09. Ancestors, The Ancients
10. Sick
11. Reins
12. Moses
13. Pale On Pale
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14. Lone
15. Echo (Rudimentary Peni Cover)

FAZIT: CHELSEA WOLFE live ist eine beeindruckende Erfahrung, die sich niemand entgehen lassen sollte, der auf düstere Rockmusik steht. Die Abmischung im Feierwerk konnte einmal mehr dazu beitragen, diese Musik in ihrer ganzen Kraft zu präsentieren. Dass das Publikum sich charakterlich derart breit gefächert und derart zahlreich im Hansa 39 eingefunden hat, stellt einen weiteren Beweis dar, dass interessante und experimentelle Musik durchaus erfolgreich sein kann.

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