Review Eridu – Lugalbanda

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Extreme Metal

Im Jahr 2014 tauchte plötzlich eine junge Band aus dem Underground mit einem Album auf, das so überragend gut war, dass man sich als Hörer fragen musste, wie man auf einem Debütalbum schon derart erfahren und professionell klingen kann. Die Rede ist von der Münchner Formation Gilgamesh und ihrem Album „The Awakening“. Nur drei Jahre später verkündete Gründer, Fronter und Mastermind Emanuel „Enki“ Daniele überraschend seinen Ausstieg aus der Band. Der Grund: Er wolle „andere musikalische Pfade“ beschreiten. Nun ist er mit neuer Band und neuem Album zurück. ERIDU heißt sein aktuelles Projekt und mit „Lugalbanda“ hat dieses nun sein Debüt veröffentlicht.

Was genau die anderen musikalischen Pfade sein sollen, erschließt sich jedoch beim Hören des Albums nicht so wirklich. „Lugalbanda“ klingt wie der direkte und logische Nachfolger von „The Awakening“, zumal auch ERIDU das Konzept der sumerischen Mythologie ästhetisch sowie inhaltlich fortsetzen. Auch auf „Lugalbanda“ bekommt man also orientalischen Extreme Metal zu hören, der sich allerdings dieses Mal nicht mehr so ganz an Bands wie Behemoth oder Keep Of Kalessin orientiert, sondern eigenständiger daherkommt.

Als Konzeptalbum ist „Lugalbanda“ die Vertonung der Geschichte um die beiden Königreiche Aratta und Uruk sowie des titelgebenden Offiziers, der gegen Aratta in die Schlacht zieht und dieses letztlich mit Hilfe der Götter und der magischen Fähigkeiten der Weisen Frau von Uruk besiegt. Tatsächlich merkt man der Musik die erzählerische Struktur deutlich an. Gerade in Songs wie dem fantastischen „The Bewitching Of Sumer“ nimmt die Umsetzung geradezu theatralische Formen an, wenn Gastsängerin Isi Niedermeier als Wise Woman Of Uruk eine Gänsehautperformance abliefert.

Dennoch kann „Lugalbanda“ leider nicht mit dem Vorgängerwerk „The Awakening“ mithalten. Für ERIDU änderte Enki seinen Stil dahingehend, dass rhythmisch verspielte, raffiniertere Riffs nur noch vereinzelt zu finden sind. Nach Killerriffs wie bei „Astaroth“, „Aeons Of Hate“ oder „The Curse Of Akkade” sucht man hier also vergeblich. Einzig in Songs wie „Enmerkar, „Herald Of Heaven“ oder im Mittelteil von „Slaves Of Eridu“ findet man derartiges Songwriting stellenweise wieder. Stattdessen verlassen sich ERIDU viel auf die atmosphärische Wirkung von in klassischer Black-Metal-Manier durchgeschrammelten Akkorden über Blastbeats sowie von Riffs mit langklingenden, ineinander verwischenden Tönen. Diese bekommen sie zwar überwiegend sehr gut und deutlich effektiver als viele Kollegen hin. Dennoch können ERIDU Einbußen in der mitreißenden Wirkung dank des weitgehenden Verzichts auf groovendes Riffing nicht ganz verhindern.

Dass außerdem die Musik trotz im Durchschnitt kürzerer Songs komplexer, weniger eingängig und damit auch schwerer zugänglich daherkommt, tut dem Album stellenweise nicht gut. Etwa bei „The Siege Of Aratta“, das ein würdiger Nachfolger zu „Slaying In The Name Of Ishtar“ hätte werden können. Doch dass der Song im Sekundentakt hakenschlagend zwischen verschiedenen, im Grunde sehr gelungenen Einzelteilen hin- und herspringt, macht es dem Zuhörer sehr schwer, der Musik folgen zu können. Wenig verwunderlich ist daher, dass das strukturell simpelste und geradlinigste Stück des Albums, „Astral Warfare“, sich als das mit Abstand stärkste des Albums erweist. Auch hier verlassen sich ERIDU viel auf geschrammelte Akkorde. Dank einer umwerfenden Lead-Gitarren-Melodie und eines grandiosen Gitarrensolos sticht „Astral Warfare“ aber deutlich heraus.

Ansonsten bekommt man auch auf „Lugalbanda“ eine ähnlich hohe Qualität wie schon auf „The Awakening“ geboten. Auch wenn der abschließende Titeltrack arg unspektakulär daherkommt, gibt es mit Stücken wie „Slaves Of Eridu“, dem epischen „The Cavern“ oder dem brachialen Opener „Enmerkar“ genug starkes Material geboten. Das alles in einer deutlich scharfkantigeren Produktion mit aggressiven, kratzigen Gitarren, die zwar nicht ganz so druckvoll wie „The Awakening“, aber dafür merklich Death-Metal-orientierter daherkommt.

Mit „Lugalbanda“ ist der Münchner Oriental-Extreme-Metal-Band ERIDU ein mehr als überzeugendes Debütalbum geglückt, das sich vor internationaler Konkurrenz nicht verstecken muss. Auch wenn es als Nachfolgeprojekt Gilgameshs nur selten an die Brillanz von „The Awakening“ heranreicht, lohnt sich auch hier der Kauf. Gerade für Fans sumerischer Mythologie oder eines orientalischen Einschlages im Black und Death Metal, wie man ihn von Bands wie Melechesh kennt, ist „Lugalbanda“ ein heißer Geheimtipp. Und die Vermutung, dass die Band mit diesem Album große Aufmerksamkeit bei Labels erreichen wird, sodass beim Nachfolgewerk dann ein Labelvertrag drin ist, liegt bei einer derart professionellen Umsetzung mit einem so durchdachten Bandimage ebenfalls nahe.

Du willst mehr über die sumerische Mythologie in den Songtexten erfahren?

Lies hier unser Track-by-Track-Special mit Erklärungen von Bandchef Enki.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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