Interview mit Fabian Ziegler von Inzestival IV – Veranstalter

2013 geht das Münchner Bandfamilientreffen INZESTIVAL in die vierte Runde. Wer schon einmal dabei war, lässt sich diese Sause sowieso nicht entgehen, wer noch nie etwas von der musikalisch vermutlich vielfältigsten Tagesveranstaltung im deutschsprachigen Raum gehört hat, kann sich nun mit unserem Interview mit Veranstalter Fabian Ziegler informieren, warum es sich lohnt, vor Ort zu sein, und wie die Hintergründe des traditionell im Feierwerk stattfindenden Event aussehen.


Hallo, danke dir für das Interview! Was sind die organisatorischen Schritte, mit welchen du jetzt, Mitte April, beschäftigt bist, was die Organisation des INZESTIVAL IV angeht?
Also im Moment sind wir gerade dabei, in allen möglichen Redaktionen in der Münchner Region reinzuschneien, um denen Info über unser Festival zu geben, dann haben wir gerade den Vorverkauf gestartet und überlegen im Moment, wie das diesjährige Festivalshirt ausschauen wird und welchen Special-Drink wir anbieten können. Und dann gibt’s halt tausende kleiner Dinge zu organisieren, die jeden Leser hier nur langweilen würden, z.B. welches Essen für die Bands, wie viele Vegetarier, Veganer, ab wann wird gegrillt, wer spielt auf welcher Bühne mit wessen Verstärker, welches Bier gibt’s im Backstage, ich könnt’ das hier ewig fortsetzen, haha

Beginnen wir ganz allgemein: Kannst du den Lesern, die noch nichts von der Veranstaltung gehört haben, kurz vorstellen, worum es dabei ganz allgemein geht?
Das Wort Bandfamilientreffen beschreibt es vielleicht ganz gut. Wir haben vor vier Jahren angefangen, dass alle Bands, in denen einer der vier Musiker von „The Neighbours“ mittlerweile spielen, zusammen auftreten. Das waren damals sieben Stück, und zwischen Ska, Indie und Black Metal war alles dabei. Das Konzept haben wir eben mittlerweile auf die zweite Generation ausgedehnt, weil natürlich in den Bands wieder Leute noch eine zweite oder dritte Band haben, die dann auch beim Inzestival spielt. Mittlerweile haben wir einen richtig komplexen Stammbaum, und über 10 Musiker, die öfter als einmal auf der Bühne sind, und das coole dabei ist, das Stil und Größe der Band total egal sind. Wem ein Stil grad nicht taugt, der holt sich eben draußen ein Bier oder eine Grillwurst…

Kannst du kurz zusammenfassen, was bei Nr. 4 anders sein wird als bei Nr. 3? Wie sehen die Veränderungen im Billing aus, auf welche neuen Bands darf man sich freuen?
Wir haben dieses Jahr insgesamt 6 neue Bands mit dabei, dabei wird es stilistisch noch etwas abenteuerlicher, als letztes Jahr: Ich freue mich besonders, auf „Kein Vorspiel“, die erste deutsche Balkanbrass Band, die auf dem legendären Blasmusik Festival in Guca (Serbien) auftreten durfte, das hat in dem Stil in etwa die Bedeutung von Wacken und Bang Your Head zusammen. Wer bei Blasmusik jetzt ans Bierzelt denkt, der sollte auf jeden Fall vorbeischauen, weil was die machen etwa dreimal so schnell, doppelt so hart und zehnmal so viel Party hat, als was man aus hiesigen Breiten so kennt. Mit der „Peacecamp Band“ haben wir dieses Jahr auch zum ersten Mal einen Reggae/Hip Hop Act mit dabei, auch was ganz Neues, und dann spielen mit „Krachmaninoff“ auch eine Band, die auf ganz andere Art mit den „Neighbours“ verwandt ist: Der Vater von Mitorganisator Jasper spielt da nämlich mit.

Nr. 3 wiederum hatte ja vom Konzept her schon deutliche Unterschiede zu Nr. 2. Unterschiede, die das Festival 2012 offenbar deutlich attraktiver gemacht haben als noch 2011, wo die Besucherzahlen ja vergleichsweise ernüchternd waren. Wie erklärst du dir den Erfolg, der sich 2012 ja ganz klar eingestellt hat?
Nach dem krassen Erfolg 2010 hatten wir uns im zweiten Jahr etwas zurückgelehnt und gedacht, da bräuchten wir gar nicht viel machen. Das war wohl falsch. Interne Meinungsverschiedenheiten und der Pfingstsamstag als Termin haben’s wohl auch nicht besser gemacht. Aber ich glaube, wir haben daraus echt was gelernt, und sorgen seit dem Dreier dafür, das es nicht einfach nur eine Neuaflage vom letzten Jahr wird. Dieses Jahr haben wir auch das Team vergrößert, weil die Organisation zu zweit, selbst mit der fleißigen Hilfe von einigen Leuten einfach nicht mehr möglich war.

Das INZESTIVAL fällt dieses Jahr auf ein verlängertes Wochenende. Verliert man da nicht viele potenzielle Besucher?
Ja mit dem Datum haben wir so ein spezielles Talent. Das erste Inzestival war zeitgleich mit dem Fußball WM Eröffnungsspiel, das zweite eben am Pfingstsamstag, das dritte kollidierte mit dem DFB-Pokalfinale (auch noch Bayern gegen Dortmund), und dieses Jahr findet zeitgleich die „Lange Nacht der Musik“ statt. Alles nicht optimal, aber der Pfingstsamstag war wohl definitiv der schlechteste unserer Termine. Aber man findet wohl nie den perfekten Tag, irgendwas ist in so ner Großstadt halt immer los…

Das INZESTIVAL wird wie immer im Feierwerk stattfinden. Angenommen, die Veranstaltung wächst kontinuierlich weiter, muss man dann mit einem Location-Wechsel rechnen? Oder wird es das Festival und das Feierwerk definitiv immer nur zusammen geben?
Ohne die Hilfe vom Feierwerk hätten wir wohl keines dieser verrückten Festivals hinbekommen. Die haben uns schon unterstützt, als überhaupt nicht klar war, ob so was funktioniert, einfach weil sie’s cool fanden. Ein bisschen gehört das Feierwerk also schon zum Team und hält uns da auch finanziell den Rücken etwas frei. Falls wir in Zukunft noch größer werden, könnte man natürlich noch die dritte und vierte Bühne im Feierwerk (Orange House und Sunny Red) miteinbeziehen, oder das ganze auf zwei Tage ausdehnen. Ich glaube, das Inzestival würde viel von seinem Flair verlieren, wenn wir auf größere Hallen mit Tausend Leuten oder mehr ausweichen würden, und dann wär das der Anfang vom Ende…


Sind beim INZESTIVAL IV nun mit Ausnahme von Studioprojekten wie Atrorum wirklich alle Bands des entsprechenden Verwandtschaftsgrades am Start?
Ja, ja, die leidige Diskussion jedes Jahr, ob wir mit Atrorum endlich auf die Bühne gehen… jedes Jahr nehmen wir’s uns vor und jedes Jahr stellen wir fest, dass wir das zeitlich auf keinen Fall hinbekommen. Dieses Jahr standen wir vor der Wahl uns entweder auf eine Live-Performance mit Umschreiben der Songs, Musikersuche und Proben zu konzentrieren, oder endlich unser drittes Album aufzunehmen. Wir haben uns recht schnell für letzteres entschieden, und ich glaube, dass war die richtige Entscheidung.
Aber um zur Frage zurückzukommen: Es sind nicht ganz alle Bands am Start, da ich ja mittlerweile offizielles Mitglied der Münchner Progmetaller von „Dreamscape“ bin, die aber im Moment nicht aktiv sind, weil David und Danilo mit der Aufnahme der neuen „Subsignal“ Scheibe (der Inzest geht weiter…) beschäftigt sind und wir unseren Sänger aus Italien einfliegen lassen müssten. Das gibt’s Budget leider noch nicht her.
Außerdem helfe ich jetzt neuerdings bei den Death/Black Metallern von „Saeculum Obscurum“ aus, aber da stand das Line-up bereits fest, ist natürlich ärgerlich für alle Metaller. Aber ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, ob ich mehr als vier Auftritte am Abend packe. Das war letztes Jahr schon grenzwertig und das hat man im Publikum auch gemerkt, haha. Weiß auch nicht, wie das der Jasper mit seinen fünf Bands dieses Jahr (Nebelkrähe, The Neighbours, Rapid, Lee Harvey & the Oswalds und Erscheinungsmuseum) überleben möchte.
Dann gäbe es noch die Studioprojekte „TruEvil“ und „Perdition’s Light“, die aber – genau wie Atrorum – kein Live-Lineup haben, für Metaller natürlich eine ärgerliche Sache, sorry.

Ich habe gehört, dass auch Atrorum für einzelne Shows auf die Bühne gebracht werden soll. Wenn es soweit ist, wird dann früher oder später auch das INZESTIVAL beehrt?
Wenn tatsächlich eine Atrorum Show mit einem kompletten Line-up steht, dann ist das auch jeden Fall drin, weil dann die Vorbereitung dafür nicht mit der Festivalorganisation kollidiert. Dann ist halt nur noch die Kondition von Jasper und mir das Problem, aber dafür ließe sich dann hoffentlich ein Sauerstoffzelt auftreiben, hahaha


Angenommen, die Mitglieder der Stammbands schaffen es zeitlich nicht mehr, immer neue Bands zu gründen… Wird ein stagnierendes Line-Up dann nicht früher oder später langweilig? Oder geht man trotzdem jedes Jahr auf ein Festival, wo immer die gleichen Bands spielen?
Dass es in so ein langweiliges Nostalgiefestival mündet ist natürlich eine Gefahr, aber die Bandfamilie ist eigentlich groß genug und auch ständig in Bewegung. Vielleicht müssen dann tatsächlich mal ein paar Bands für ein Jahr aussetzen und man holt sich Bands aus der 3. oder 4. Generation dazu. Also da fällt uns bestimmt was ein…

Bezüglich des Maskottchen sind wir nach dem Baby nun bei der Ommi angelangt… Wie soll das weitergehen, wenn die Großfamilie in 5-6 Jahren komplett ist?
Ooch, da gibt’s noch so viel Möglichkeiten. Der langhaarige Skarockpopper mit Corpsepaint könnte ja noch ein Geschwichterchen bekommen, der Hippie-Papa fehlt, die Punk-Mum, der Blasmusik-Opa, der Rastafari-Familienhund und und und, wird jedes Jahr voller auf unserem Plakat, mal schauen, wie lange sie alle noch auf’s T-Shirt passen.

Du selbst stehst bei verschiedenen Bands mit verschiedenen Aufgaben auf der Bühne. Wie stellst du dich an so einem vermutlich gut an den Energiereserven zehrenden Tag geistig auf die einzelnen Auftritte ein? Wie unterscheidet sich für dich ein Auftritt mit den Neighbours von einem mit den Benuts und kann man da überhaupt jeweils alles geben, wenn man Ende des Tages nicht komplett hinüber sein will?
Nein, natürlich ist man danach komplett hinüber: Letztes Jahr hatte ich meine drei Auftritte hintereinander, nur kurze Umbaupausen, das war tatsächlich ein Fehler. Dieses Jahr werden wir daher die Slots so legen, dass Leute mit mehr als zwei Konzerten dazwischen eine Pause bekommen. Die Pause sieht bei mir immer so aus, dass ich apathisch in der Ecke liege, keinen Ton rede, sehr viel Flüssigkeit trinke, weil man auf der Bühne bei all dem Herumgespringe irre viel schwitzt, also super interessant für Außenstehende, haha.Tatsächlich ist das Schwierige, sich schnell in eine neue Rolle reinzufinden. Bei beNUTS stehe ich eher im Hintergrund, bewege mich aber recht viel, bei den „Steamy Dumplings“ trage ich gar nichts zur Show bei, sondern konzentriere mich allein auf ein möglichst grooviges, präzises Bassspiel und bei Neighbours (und dieses Jahr noch Rapid) hab ich dann auf einmal die Frontrolle und muss mit den Leuten kommunizieren, ansagen machen und anheizen. Das ist schon manchmal schwer, nicht durcheinanderzubringen, wenn man richtig in Fahrt ist.

Was wünschst du dir, was am INZESTIVAL IV noch besser laufen soll als 2012?
Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber letztes Jahr war einfach alles so perfekt, dass ich absolut glücklich bin, wenn es dieses Jahr genauso läuft. Der Merchandise-Stand könnte vielleicht besser organisiert werden und noch ein paar mehr Leute, aber gar nicht so viel, sonst wird’s eng…

Fabi, vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören wie üblich dir.
Danke. Naja, ich hoffe, dass ein paar Leute, die bis zum Schluss gelesen haben jetzt neugierig sind. Also schaut vorbei, auch wenn oder gerade weil’s einfach ein etwas anderes Festival ist, und ich glaube, letztes Jahr hat’s keiner bereut, dagewesen zu sein. Servus und bis hoffentlich elfter Mai!

Publiziert am von Marius Mutz

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