Festivalbericht: Inzestival IV

11.05.2013 - 11.05.2013 München, Feierwerk

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Man könnte ihn fast mit der populären Einleitungs-Floskel „Alle Jahre wieder …“ beginnen, den Nachbericht zum INZESTIVAL. Denn bereits zum vierten Mal in Folge steigt in diesem Jahr am Pfingstwochenende das von Metal1.info präsentierte Festival mit dem etwas anderen Konzept. „Etwas anders“, weil es kein Genre-Festival ist, sondern von Black Metal bis HipHop alles geboten ist. „Etwas anders“, weil die Bands nicht willkürlich oder frei nach Gusto gebucht werden, sondern einzig über ihre Besetzung ins Lineup finden – wie der Name schon andeutet, geht es hier um eine Bandfamilie. Und „etwas anders“ zu guter Letzt, weil es trotz dieser „Aufnahmebedinung“ 17 Bands auf den Spielplan dieses einen Tages geschafft haben.

17 Bands, keine Überschneidungen, zwei Hallen – das klingt nach einem straffen Programm. Ist es auch – und damit für 14€ (VVK) bzw 17€ (AK) eine Menge Musik fürs Geld.

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Wie bereits auf den vergangenen INZESTIVALs stehen erneut die Rocker THE NEIGHBOURS im Zentrum des Geschehens, deren Musiker zugleich die Organisatoren des Band-Familientreffens sind. Um diese herum gruppieren sich zunächst nahezu alle Side-Projects, bei denen die umtriebigen Vier zu Gange sind sowie, in zweiter Generation sozusagen, die weiteren Bands der jeweiligen Mitmusiker. Personelle Überschneidungen sind hier also der Schlüssel zur Frage, wie man auf eine derart vielseitige Bandzusammenstellung kommt. Und weil hier jeder jeden kennt und zu schätzen weiß – sowohl auf der Bühne als auch zum großen Teil davor -, ist Qualität garantiert.

919836_139967966192477_711275385_oLos geht es um 16:30 mit den INZESTIVAL-Neulingen KRACHMANINOFF – wobei hier von Neulingen zu sprechen nicht ganz des Pudels Kern trifft. Zwar gibt die Band in diesem Jahr ihr Inzestival-Debüt, aufgrund der Tatsache, dass es sich hier um die Band des Vaters von Neighbours-Keyboarder Jasper handelt, wäre der Begriff jedoch vielleicht etwas irreführend. Wie dem auch sei: der Altersunterschied macht hier ebenso wenig aus wie es Genre-Unterschiede tun – entsprechend feiert das schon erfreulich zahlreich erschienene Publikum die alten Herren der jungen Wilden angemessen ab. Mit ihrem klassischen Rocksound den sympathischen Ansagen ihres leicht verschrobenen Frontmanns bringen die alten Herren dabei einmal mehr frischen Wind in den sowieso schon breit gefächerten INZESTIVAL-Sound.
Etwas ruhiger geht es im Anschluss in der Kranhalle weiter: ERSCHEINUNGSMUSEUM geben Alternative-Rock mit teils sentimentalen Texten und Rio-Reiser-Parallelen zum Besten – mit vollem Erfolg, zeigt sich die nach einiger Zeit gut gefüllte Halle von der Darbietung doch äußerst angetan. Im Hansa39 wird es mit ESCHATA nun etwas vertrackter: Hier spielen der Schlagzeuger sowie der Session-Bassist von Nebelkrähe mit ihren Mitstreitern im Prog-Metal-Sektor auf und wissen bei grandiosem Sound mit abgefahrenen Rhythmen und Groove für offene Münder zu sorgen.

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Direkt im Anschluss folgen auf der Kranhallen-Bühne Q-BOX aus Pentenried: Die live sehr aktiven Rocker legen dementsprechend einen so routinierten wie mitreißenden Gig auf die Bretter, bevor es mit groovigem 70’s Sound und funky Rock à la DON’T CALL ME CHARLIE weiter geht. Beinahe wäre der Gig schon an der Anreise aus dem fernen Wien gescheitert – umso schöner, dass die extravaganten Rocker den Weg doch noch zurückzulegen in der Lage waren, in München aufzuspielen. Nachdem bei FRY vor allem die Sängerin durch Witz und Charme zu überzeugen weiß, sind schließlich THE NEIGHBOURS an der Reihe und stellen mit ihrem ersten Auftritt seit dem INZESTIVAL III alle Fans mehr als nur zufrieden. Vor allem die im Vergleich zu den letzten Jahren leicht variierte Setlist weiß hier in ihrer Struktur vollauf zu begeistern und spätestens beim Abschlusssong „Cannibal Days“ steht niemand im Hansa39 mehr still.
921604_139968449525762_1277472822_oAuf die INZESTIVAL-Dauergäste folgt mit der Brass-Musik-Band KEIN VORSPIEL ein weiterer Debütant – und definitiv ein Highlight für alle musikalisch unvoreingenommenen Festival-Besucher. Der Kontrast könnte schärfer nicht sein, spielt im Anschluss im Hansa39 mit NEBELKRÄHE doch die härteste Band des Festivals: Mit zwei Sessionmusikern legt die Black-Metal-Band einen schweißtreibenden Auftritt hin, der in manchen Momenten aufgrund der Aggression beinahe schon als Punkrock-Show durchgehen würde. Das Ergebnis dieser Energie: unzählige kreisende Köpfe, begeisterter Jubel und in die Luft gereckte Hände. Während hier also innovativer Black Metal geboten ist, bereitet sich in der Kranhalle mit den BENUTS bereits eine der populärsten deutschen Ska-Bands auf ihren schweißtreibenden Auftritt vor. Der zurückgekehrte Sänger Silvester treibt das Publikum zu Höchstleistungen, die Songauswahl liefert alte und neue Hits, so dass die Spielzeit von 35 Minuten hier aufgrund der extrem guten Stimmung leider fast zu kurz ausfällt. Etwas Zeit zum Regenerieren und Durchatmen bietet das Akustik-Pop-Trio DÜSTI, bevor bei den STEAMY DUMPLINGS erneut der Offbeat regiert. Den Bogen zurück zum Rock schlagen ANGSTERS INC., welche man von den ersten beiden INZESTIVALs als GERMAN ANGST kennt – und das sehr elegant, weiß doch gerade das Material der neuen EP live zu begeistern. Zwar dünnt das Publikum aufgrund der späten Stunde allmählich etwas aus, was die restlichen Anwesenden allerdings nicht daran hindert, immer noch ordentlich Gas zu geben und die Bands abzufeiern. Im Anschluss geht es ein letztes Mal in Richtung Ska – mit RAPID steht dabei nicht nur ein Abkömmling der Benuts, sondern auch die Band mit den meisten Musiker-Überschneidungen und damit ein echtes INZESTIVAL-Allstar-Projekt auf den Brettern.
462437_139973896191884_1304229570_oDas andere Extrem neben den Black Metallern von Nebelkrähe stellt wohl die Die PEACECAMP BAND mit ihren beiden MCs BUSHBAYER und TOBI WAN dar: Hier treffen sich Reggae, Hip Hop und Rock. Vielleicht nicht der Höhepunkt des Abends, allemal aber Beweis für die Vielseitigkeit dieses Musik-Events. Den Festival-Abschluss in der Kranhalle geben die Psychedelic-Fusion-Metal-Rocker LEE HARVEY & THE OSWALDS, bevor die von der Süddeutschen Zeitung zur besten Münchner Newcomer Band 2012 gekührten STRAY COLOURS um kurz vor drei Uhr morgens nicht nur das letzte Fünkchen Energie aus dem Publikum herauskitzeln, sondern dieses nach ihrem eigentlichen Auftritt noch mit einem Akustik-Ständchen im Foyer des Feierwerkes nach draußen begleiten.

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Über neun Stunden Musik, 17 Bands aus verschiedensten Bereichen hangemachter, authentischer Musik und das ein oder andere Bier später dürfte es wohl niemanden geben, der das Gelände des Feierwerk an diesem Abend unzufrieden verlässt: Angefangen vom Sound, über die straffe Organisation bis hin zu den durchweg gelungenen Auftritten der Bands hat hier und heute alles gepasst. In diesem Sinne: bis zum nächsten Mal, wenn sich die Pforten zum fünften INZESTIVAL öffnen!

 

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Konzertphotos mit freundlicher Genehmigung von: TRMK Photography

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