Konzertbericht: Inzestival III

12.05.2012 München, Feierwerk-Gelände


Am 12. Mai öffnet das Münchner Feierwerk zum dritten Mal seine Pforten für das INZESTIVAL. Und schon im Vorhinein ist klar, dass die Veranstaltung im Vergleich zum Vorjahr deutlich größer ausfallen würde: Neben dem Umstand, dass zusätzlich zur Kranhalle nun auch das Hansa39 bespielt wird, zeichnet sich vor allem die Erweiterung des Bandkaders von sechs auf nun insgesamt 13 Gruppen dafür verantwortlich. Um die Zuschauer dennoch nicht unvertretbar lang vor der Bühne festzuhalten, wurden jeweils fünfminütige Überschneidungen mit der jeweils nächsten Band eingebaut – ein Konzept, dass sich durchaus bewährt und dafür sorgt, dass der komplette Abend trotz 13 Auftritten und 40 Minuten Stagetime für jede Band zwischen 17:30 und 2:00 Uhr über die Bühne gehen kann.

Mit ESCHATA eröffnet gleich eine der interessantesten Bands des Billings den Abends, und die Münchner machen von der ersten Sekunde klar, dass ihre Qualität nicht nur spekulativ vorhanden ist. Diese findet sich zum einen in der Musik selbst wieder, die einen ziemlich abgefahrenen, aber doch homogenen und organischen Ritt durch verschiedene Spielarten des Progressive Rock darstellt. Classic Rock, Fusion-Ausflüge, Groovender Metal – hier findet sich mehr oder minder alles, was man sich in der Richtung grob vorstellen kann, zu einem äußerst eigenständigen Mix vereint. Zum anderen sorgt nämlich die technische Präzision der Instrumentalisten dafür, dass sich der Opener zahlreicher Zuschauer und großen Zuspruchs erfreuen kann. Wie Bass und Schlagzeug zusammen pumpen, wie über das Keyboard gefegt wird, ist eigentlich nicht das, was man von einer Band mit einem Altersdurchschnitt von vielleicht grade einmal 20 erwartet.
Den Spaß am Gig trüben dann auch eigentlich nur die unspektakuläre Lightshow, ein Punkt, in dem gerade solch einer Band noch einmal ein großes Plus an Atmosphäre verpasst werden könnte, und die gesangliche Performance. Diese fällt leider nicht kraftvoll und ausdrucksstark genug aus, und auch bezüglich der intonierten Melodien hat man das Gefühl, dass sie sich nicht so recht in die so inspiriert klingende Instrumental-Maschinerie eingliedern können.
Dennoch sind ESCHATA wohl der perfekte Opener für das Inzestival III, wird doch dadurch gleich zu Beginn betont, dass man es mit dem Anspruch, Münchens vielseitigstes Musik-Festival zu sein, durchaus ernst meint. Und auch die instrumentale Akkuratesse stellt einen schönen Vorgeschmack auf das musikalisch wie technisch weiterhin hochwertige Programm dar.
[Marius Mutz]

Setlist ESCHATA:
Intro
01. Killing Gravity
02. „AOR“
03. Recuerdo
04. Dawn
05. To Unknown Spheres
06. Mosaic
07. The Altered Destiny

Ohne Pause geht es weiter zu LEE HARVEY & THE OSWALDS, ebenfalls eine Band, die sich um Konventionen und Trends denkbar wenig schert. Mit „Tombola“ bewies man früher im Jahr bereits, dass dreckiger Rock, knallender Metal und fette Saxophon-Einlagen Komponenten sind, die ein gleichermaßen humoriges wie überzeugendes Gesamtbild abgeben können.
So steht bei dieser Show zwar durchaus der Spaß im Vordergrund, doch die durchdachten Songkonstrukte lassen trotzdem nie vergessen, dass sich die Band bei ihrer Musik durchaus etwas denkt und eben nicht darauf abzielt, durch stilistische Spagate möglichst witzig und unseriös zu wirken. Insofern gerät die Show erst durch den in seiner Gesamtheit ziemlich wirre Kleidungsstil auf der Bühne und die häufigen Motivationsansagen zur Party – das Publikum nimmt die Band musikalisch durchaus so ernst, dass sich niemand von selbst zu den später folgenden Polonaisen durch die Halle angehalten fühlte.
[Marius Mutz]

Setlist LEE HARVEY & THE OSWALDS:
01. Purple Ship
02. Tombola
03. Railgun
04. Drunken Soldiers Killed My Mama
05. Project 52
06. Strawberry Cheesecake
07. Blizzard
08. Cissy Strut

Nach diesem mehr als gelungenen Einstieg in den Konzertabend ist es nun an der Indie-Pop-Formation KONRAD UND DER LÖWE rund um den namensgebenden Ex-Benuts-Sänger Konrad, das Publikum für sich zu gewinnen. Obwohl die Band bereits im Vorprogramm der erfolgreichen Ich&Ich aufgetreten ist, finden sich zu Konzertbeginn nur einige wenige Leute in der Halle ein – was die Band nicht darin hindert, mit vollem Elan ihren beschwingten Sound zu präsentieren und mit sympathischen Ansagen die Zeit zu überbrücken, bis das restliche Publikum nach dem Gig von Lee Harvey & The Oswalds das Hansa 39 betritt. Scheinbar benötigen einige Zuschauer bereits jetzt eine Pause, denn lediglich der Bereich direkt vor der Bühne füllt sich. Die Anwesenden können sich allerdings über einen gelungenen Auftritt und ein musikalisch eigenständiges Set freuen: Die auf Deutsch gehaltenen Texte sind teilweise – vielleicht ist es auch der Sprache geschuldet – etwas arg holprig und mit der Brechstange gereimt, übertriebener Tiefgang würde der eingängigen Musik aber auch kaum entsprechen. Auf die gesamte Konzertdauer wird die Niedlichkeit, welche KONRAD UND DER LÖWE versprühen, tatsächlich etwas anstrengend, schlecht ist das aber zu keinem Zeitpunkt. Ein gelungenes Debüt auf dem Inzestival, nächstes Mal hoffentlich mit mehr Zuschauern.
[Bernhard Landkammer]

Setlist KONRAD UND DER LÖWE
01. Hör auf dein Herz
02. Allein
03. Der Gedanke
04. Sonnenklar
05. Übermorgen
06. Deine Spuren
07. Nicht zu spät
08. Mehr
09. Es ist Zeit


Nach Konrad & der Löwe sind DON’T CALL ME CHARLIE erneut ein starkes Kontrastprogramm – denn neben den später folgenden Q-Box sind es mit Sicherheit die Wiener, die sich selbst am wenigsten ernst nehmen auf diesem Festival… und das ist gut so. Wie schon bei der 2011er Show wirkt die Truppe von vorne bis hinten sympathisch bei der Darbietung ihrer bunten Mischung aus Blues, Hard Rock und funkiger Note: Das Wichtigste ist hier zweifellos die Party. Trotzdem muss man sich, ähnlich wie bei Lee Harvey & The Oswalds zuvor, keine Sorgen machen, dass das musikalische Niveau darüber auf der Strecke bleiben würde. DCMC knallen und grooven gnadenlos, und Sänger Vilo ist jemand, der sein Handwerk mehr als gut versteht. Sollte man nicht meinen, angesichts des provokant-geschmacklosen Auftretens in Lederhosen und Unterhemd.
Den Höhepunkt der Show markiert kurz nach dem grandiosen „Youporn Blues“ wohl mal wieder das „Medley“, bei dem zartbesaiteten Hörern durch Passagen unter anderem aus „’türlich ‚türlich (sicher Dicker)“ und „I Wanna Dance Now“ wohl endgültig das Licht ausgeht. Angesichts der tollen Show fallen die Publikumsreaktionen – gerade auch im Vergleich zum Vorjahr – fast noch verhalten aus, aber man merkt auch in diesem Jahr, dass DON’T CALL ME CHARLIE das Inzestival inzwischen gut und gerne als Heimspiel bezeichnen können. Immer wieder gerne!
[Marius Mutz]

Setlist DON’T CALL ME CHARLIE:
01. Green Fairy
02. Party In My Pants
03. Lilly
04. Self Galore
05. Youporn Blues
06. 1978
07. Medley

Mit dem ERSCHEINUNGSMUSEUM geht es anschließend wieder in ruhigere Gefilde. Zwar dauert es wie üblich etwas, bis sich die Halle füllt, dann aber kann auch diese Band das Publikum begeistern. Dass die Truppe sich im Vergleich zum Vorjahr um einen Gitarristen verschlankt hat, fällt da gar nicht weiter ins Gewicht, denn man merkt trotz engagiertem Einsatz aller Musiker doch, dass das ERSCHEINUNGSMUSEUM vor allem das Baby von Sänger Rüdiger ist, der auf der Bühne denn auch entsprechend Vollgas gibt. Dies gleicht dann auch weitgehend aus, dass die Musik, die sich selbst als Alternative Rock mit progressivem Einschlag verstanden wissen will, mir manchmal immer noch etwas an Tiefgang vermissen lässt. Keine Frage, das sind schöne Nummern, die super instrumentiert sind, und vielleicht liegt es auch nur an meiner generellen Aversion gegenüber deutschen Texten, aber den richtigen Kick gibt mir das Gesamtprodukt auf die ganze Show gesehen nicht. Die breite Zustimmung aus dem Fanlager und die wie gesagt starke Performance sorgen dennoch dafür, dass auch dieser Auftritt für alle Anwesenden lohnenswert ausfällt.
[Marius Mutz]

Setlist ERSCHEINUNGSMUSEUM
Intro
01. Barrikaden
02. Chérie, Chérie
03. Where The Sun Is Never Leavin‘
04. Seitenbrücken
05. Bankrott der Illusionen
06. Im Prinzip
07. Geschichten, die mal waren
08. Phasenflimmern
09. Der Tag, an dem der Sturm begann


Wenn man sich danach bereits wieder fit genug fühlt, um sich die Ohren volldröhnen zu lassen, ist man bei ANGSTERS INC. an der richtigen Adresse. Dreckiger Hard Rock der alten Schule steht auf dem Programm, und wenn man es nicht besser wüsste, könnte man einen, dass die heute nur als Trio auftretende Gruppe schon in den 70ern an der Seite AC/DCs oder Motörheads performte. Peitschende Riffs mit bisweilen bluesiger Note treiben durch die harten Nummern, während für die bei den ANGSTERS durchaus nicht zweitrangigen Balladen auch gerne mal eine Gitarre clean ertönt. Wer es sich bisher aus Imagegründen nicht leisten konnte, zu den etwas abgedrehteren vorangegangenen Party-Gruppen zu feiern, bekommt nun bei truem, beinhartem Sound die Gelegenheit, das 40 Minuten lang nachzuholen und die Sau rauszulassen. Dass die meisten Feierwütigen aber einfach nur einen weiteren starken Auftritt mit wieder anderer musikalischer Facette mitnehmen, zeigt sich an der durchgehend großen Publikumsresonanz.
[Marius Mutz]

Setlist ANGSTERS INC.:
01. Apocalypse, Milk & Sugar
02. My Fear is My Drug
03. Freud Fucked Up
04. I Don’t Party
05. Love Is
06. Phoenix Skies
07. Early Reflections
08. First Person Shagger
09. Suit N Tie

Nach einer kurzen Stärkung ist es nun an der Zeit, das dritte Inzestival in Dunkelheit zu tauchen – die mit Corpsepaint geschminkten Schwarzmetaller von NEBELKRÄHE, mit Organisator und Neighbours-Keyboarder Jasper, hier unter dem Pseudonym umbrA, machen sich für ihren Auftritt bereit, die Bühne der Kranhalle zu entern. Als Inzestival-Band der ersten Stunde kennen und erwarten offensichtlich auch viele Nicht-Metaller im Publikum die Band bereits, so dass das Hansa 39 schon bei den ersten Tönen des Openers „ebenbürdig“ vom im Herbst erscheinenden zweiten Album „Lebensweisen“ sehr gut gefüllt ist. Alle Bandmitglieder strahlen eine ungemeine Spielfreude aus, umbrAs Stimme klingt durch den Einsatz eines speziellen Mikrophons im wahrsten Sinne des Wortes metallisch und schnell kreisen im Publikum wie auch auf der Bühne die ersten Mähnen. Die in den letzten zwei Jahren gesammelte Konzerterfahrung merkt man der Band dabei deutlich an, ist die Truppe beim heutigen Auftritt doch sowohl musikalisch als auch hinsichtlich der Ausstrahlung kaum noch mit der Band zu vergleichen, die beim ersten Inzestival auf der Bühne stand: Unglaublich professionell und energiegeladen, großartig aufeinander abgestimmt und weit von stumpfen Blackmetal entfernt weiß die Show ununterbrochen mitzureißen.
Hierzu passt es natürlich hervorragend, dass die Band beim zweiten Stück „Lebenswaisen“ von umbrAs Schwester sowie der letztjährige Session-Bassist Benedikt als Gastsänger unterstützt wird und bei zwei weiteren Songs Haggard-Cellisten Florinda dem Soundgewand der Band eine beeindruckende Note hinzufügt – der etwas holprige erste Einsatz ist dabei wohl Monitorproblemen geschuldet. Auch wenn die Band als Ganzes begeistert, ist es doch Sänger umbrA, der fast die ganze Show an sich reißt: Zwischenzeitlich wild durchs Publikum rennend, sich auf der Bühne wälzend und von Erhöhungen springend, überzeugt er mit unglaublicher Leidenschaft und weiß darüber auch stimmlich zu begeistern. Doch auch einige lustige Ansagen dürfen hier nicht fehlen – vor allem die an die Frage „Wollt ihr mehr Cello?“ anschließenden „Cello, Cello“-Sprechchöre wissen hier zu erheitern. Ob das Grinsen auf den Gesichtern der Bandmitglieder zum düsteren Sound passt, ist hier vollkommen nebensächlich. Nach dem eigentlich abschließenden „Et in Arcadia ego“ wird der enthusiastischen Bitte nach einer Zugabe nachgekommen und das Set würdig mit einer im Vergleich zur Studio-Version unglaublich dreckigen und aggressiven Darbietung von „Über den Fluss hinweg“ beendet. Definitiv das bisherige Highlight des Inzestivals.
[Bernhard Landkammer]

Setlist NEBELKRÄHE:
01. ebenbürdig
02. Lebenswaisen
03. Der Flaneur
04. Mit Glut auf den Lippen
05. Et in Arcadia ego.

06. Über den Fluss hinweg

Der Kontrast könnte größer kaum sein: Stand mit Nebelkrähe im H39 grade eben noch Black Metal auf dem Programm, folgt mit den BENUTS nun eine der dienstältesten deutschen Ska-Bands. Doch auch hier geht das Festival-Konzept voll auf – denn wo sich Nebelkrähe bis zuletzt über eine volle Halle freuen konnten, ist die Kranhalle spätestens nach Ende der kurzen Überschneidungszeit proppenvoll.
Statt düsteren Klängen nun also munterer Offbeat – so scheinen zumindest auch die Musiker von Nebelkrähe gedacht zu haben. Denn abgesehen davon, dass der ein oder andere munter im Pogo mittanzt, lässt sich Sänger umbrA aka. jaspeR nicht nehmen, mit Corpsepaintresten im Gesicht für ein kurzes Keyboard-Solo die Bühne zu entern – Bandinzest eben.
Auch sonst hat die Show der Truppe, die durch Bassist Fabian mit der INZESTIVAL-Mutter-Band The Neighbours verbunden und seit der ersten Auflage mit von der Partie ist, einiges zu bieten: Neben einem Gastauftritt des letztes Jahr verabschiedeten Sängers Konni „El Konno“ bei „Ninja“ ist es vor allem die Neu-, beziehungsweise Alt-Besetzung des Sängerpostens, die erwähnt werden sollte: So steht heute nach acht Jahren wieder Silvester am Mikrophon, welcher der Band auf ihrem Erfolgsalbum „Nutty By Nature“ seine Stimme geliehen hatte. Der Grundstein für die Rückkehr war bereits im vergangenen Jahr beim Inzestival gelegt worden – damals hatte der sympathische Fronter einen Gastauftritt bei den BENUTS absolviert.
Und auch, wenn die Menge feiert und sich so mancher BENUTS-Fan in seine Jugendjahre zurückerinnert fühlen mag – zumindest als langjähriger Fan der Band werde ich das Gefühl nicht los, dass hier noch einen Zacken mehr gegangen wäre. Ob es an der etwas lahmen Setlist liegt, die irgendwie nicht richtig auf den Punkt kommt und welche doch den ein oder anderen Hit (egal, ob neues Material wie „Shut Up And Dance“ oder Klassiker vom angesprochenen Silvester-Album wie „Bang Bang“, „Masturbation“ oder – ja, genau – „Selbstmord im Schulsport“) vermissen lässt, an der Halle, die ob ihrer Höhe und „Sterilität“ deutlich unpersönlicher wirkt als das H39, oder daran, dass Silvester nicht so richtig in den Gig zu finden scheint, sich Ansagen quasi komplett spart und auch sonst nicht all zu viel zur Dynamik der Show beiträgt, ist schwer zu beurteilen. Fakt ist: An den mitreißenden Auftritt der Münchner auf dem letzten INZESTIVAL kann der heutige Gig mitnichten mithalten – auch wenn dem Publikum hier einiges geboten wird, und die Halle hier wohl niemand trockenen Hemdes oder unzufrieden verlassen dürfte.
[Moritz Grütz]

Setlist BENUTS:
01. Intro
02. On And On
03. Monkey On My Back
04. 13 To 31
05. Chop Off
06. S.O.S.
07. Skaska City
08. Ninja
09. Ska Summer Night
10. Russia
11. Wodka Poesd
12. Slam
13. Turn Off Your Radio


Nach dieser Überdosis Ska dürfen sich die Inzestival-Debütanten LUCKY FISH beweisen. Ihr melodischer Brit-Rock erinnert an Bands wie Oasis, zeigt sich aber durchaus von amerikanischen Einflüssen à la The Strokes inspiriert. Neben der Tatsache, dass hier ein weiteres Mal schön die musikalische Bandbreite des Inzestivals aufgeführt wird, ist es ebenso toll zu sehen, wie vielfältig das Publikum am heutigen Abend ist: Neben den klassischen Atomic-Café-Besuchern, welche diese Musik sicherlich zu goutieren wissen, finden sich auch viele Metaller ein, um der Band eine Chance zu geben. Diese präsentiert sich absolut sympathisch und trotz ihres jungen Alters sehr souverän. Ihr Sound lässt zwar eine gewisse Eigenständigkeit vermissen und lehnt sich sehr an den bereits genannten musikalischen Vorbildern an, was allerdings nichts daran ändert, dass die Musik die LUCKY FISH spielen super funktioniert. Auf Ansagen verzichtet die Band weitestgehend, das Publikum geht gut mit und insgesamt gelingt der Band ein würdiger Einstand. Dass die Band zu Beginn des Konzerts noch mit einer gähnenden Leere in der Halle zu kämpfen hat, ist auf den verzögert zu Ende gehenden Benuts-Auftritt zurückzuführen, wie sich am Ende des Sets zeigt: Ein gut gefülltes Hansa 39 klatscht nach den letzten Tönen „That’s It“ (vielleicht durchaus als ein ironisches Augenzwinkern Richtung The Strokes zu verstehen) begeistert Beifall.
[Bernhard Landkammer]

Setlist LUCKY FISH:
01. Untitled
02. Lights Out
03. Top Of The Road
04. Yet Another Day
05. Smiths Cover Band
06. Future Queen
07. Jiggery Pokery
08. Roadkill
09. Inside Her Eyes
10. Love\’s Only Good
11. That\’s It


Wenn man bedenkt, dass Eschata den Abend um 17.30 eröffnet haben und nun bereits neun Bands auf den beiden Bühnen gestanden haben, ist es nicht erstaunlich, dass die Kraftreserven bei manchem Besucher allmählich nachlassen. Kurz vor 23 Uhr ist der Bratwurst- und Bratsemmel-Stand dann allerdings noch einmal besonders frequentiert, denn schließlich ist es kurz danach so weit und die Band, welche für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist, der an diesem Mai-Abend bereits in die dritte Runde geht, betritt die Bühne: Vorhang auf für THE NEIGHBOURS. Mit der Ansage „Herzlich willkommen zum jährlichen NEIGHBOURS-Konzert“ von Bassist Fabi startet die Band, spielfreudig wie eh und je, mit dem Kracher „Lukewarm Summer Night“ in ihr Set und kann so bereits die ersten Zuschauer zum Mittanzen motivieren. Der „Nerd-Rock“ zwischen Ska, Punk, Metal, Pop und Rock mit unwiderstehlichen Synthie- und Keyboard-Melodien von Keyboarder Jasper angereichert, funktioniert auch dieses Mal wieder perfekt. Allein, die Müdigkeit der Anwesenden lässt zunächst keine wirkliche Tanzmotivation aufkommen – was nichts daran ändert, dass die Temperaturen in der Kranhalle einmal mehr an diesem Abend subtropische Gefilde erreichen und Jasper das Set weitestgehend nur in Boxer-Shorts und T-Shirt bekleidet spielt. Dass dies die Anwesenden zu regelmäßigen „Ausziehen, Ausziehen!“-Rufen anstachelt, denen zumindest Fabi insofern nachkommt, dass er nach jedem Song einen weiteren Knopf seines Hemds öffnet, zeigt, dass die Stimmung auf dem Inzestival wirklich familiär im besten Sinne ist – eine einzige große Party, bei der alle Musikrichtungen nebeneinander existieren können und sich irgendwie alle lieb haben.
Spätestens ab dem fünften Song „Cannibal Days“ sind auch die Letzten im Publikum überzeugt und mobilisieren ihre übrigen Kraftreserven: Bier spritzt durch den Raum, schwitzende Menschen lachen und tanzen, die Band auf der Bühne hat ganz offensichtlich einen Heidenspaß – so muss das sein. Die gelegentlichen Ansagen, dass dieser und jener Song hoffentlich auf dem „neuen Album“ landen werden, sorgen zwar für ein kurzes Schmunzeln auf beiden Seiten der Bühne; hinsichtlich der Spielfreude dieser Band bleibt allerdings zu hoffen, dass diese Ansagen irgendwann auch Realität werden. Nach dem abschließenden „Bleach Your Butt“ bleiben Zugabe-Rufe natürlich nicht aus und mit dem ruhigen „Escape“ beschließen die Headliner und Initiatoren des heutigen Abends ein stimmiges Set, welches sich nach leichten Startschwierigkeiten noch zu einem echten Kracher entwickelte.
[Bernhard Landkammer]

Setlist THE NEIGHBOURS:
01. Lukewarm Summer Nights
02. TV Smile
03. Life’s Just A Game
04. Instant Paradise
05. Cannibal Days
06. Swimming Pool
07. Gasbac Inc.
08. Goin‘ Mad
09. Real
10. Experimental Animals
11. Gone Into Mist
12. Bleach Your Butt
—13. Escape

Die Pentenrieder Metaller Q-BOX, welche als Band zweiten Verwandschaftsgrades (über Schlagzeuger Andi, welcher auch bei Erscheinungsmuseum trommelt) in diesem Jahr zum ersten Mal auf dem INZESTIVAL vertreten sind, haben sich für diesen Anlass etwas Besonderes ausgedacht – einen Glam-Rock-Themenabend. Passend zum Konzept ist die komplette Band, aber auch der ein oder andere Fan in voller Hairmetal-Montur, von Perücke über schrille Leibchen, Strumpfhosen und anderen fragwürdig geschmackvollen Accessoires erschienen. Nicht mit von der Partie ist indess aus Krankheitsgründen Bandkopf Christian. Doch Q-BOX wären nicht Q-BOX, ließen sie sich davon aufhalten. So wurde kurzerhand aus der Not eine Tugend gemacht, und mit nur einer Marathon-Spontan-Probe eine kleine Sänger- und Gitarristenschar rekrutiert und eingearbeitet, welche den Ausfall kompensieren sollte. Und das mit Erfolg: Egal ob Sängerin Isi (Fry, Düsti), Grunzer Thorsten (Saeculum Obscurum), Manu und Flo (Lee Harvey & The Oswalds), Tom und Julian (Rustinal), Bass-T (Insane) oder Qi (Fry) an der Gitarre – alle machen hier einen großartigen Job, um den Ausfall des Fronters zu kompensieren.
Was dabei herauskommt, ist in erster Linie eines: Eine riesige Party. Auf der Bühne feiert ein ganzer Haufen Münchner Musiker in schrägen Kostümen, vor der Bühne ein Publikum in bester Stimmung das bedingungslos mitgeht und den Auftritt der Band zu einem der wohl spektakulärsten des diesjährigen ZESTI’s werden lässt. Dass der Sound hier zum ersten Mal an diesem Festival-Tag ziemlich breiig und undefiniert aus den Boxen dröhnt, mag vielleicht schade sein – der Stimmung tut das jedoch keinen Abbruch.
[Moritz Grütz]

Setlist Q-BOX:
01. Intro
02. Slave To The Wheel
03. Blackened White Whale
04. Dethwoofer
05. Psychotic Girls
06. Dancing On Broken Glass
07. I Virus
08. Medley
09. Hellride


Es ist in der Zwischenzeit weit nach Mitternacht und dennoch leert sich das Feierwerk-Gelände kaum – das neue Konzept mit den dadurch motivierten Neuzugängen und der Zwei-Bühnen-Struktur scheint dieses Jahr voll aufzugehen. Dementsprechend ist auch die Zuschauerzahl bei der zweiten Ska-Band des heutigen Abends immer noch hoch und die Stimmung mehr als prächtig. Wie sollte es aber auch anders sein, wenn eine der dienstältesten Münchner Ska-Bands zum Tanz lädt? Die STEAMY DUMPLINGS haben sich im Gegensatz zu den Benuts eher der traditionelleren Spielart verschrieben, was zu dieser späten Stunde hervorragend passt, da es hier nicht mehr so sehr um Pogo geht, sondern jeder für sich tanzend seinen Spaß haben kann. Bassist Fabi, der zu diesem Zeitpunkt schon einige Live-Einsätze hinter sich hat, hält sich – sichtlich erschöpft – ganz im Hintergrund, lässt aber permanent ein seliges Grinsen in seinem Gesicht erkennen. Die Bläser-Fraktion ist auf den Punkt eingespielt und der Gesang, welcher im Wechsel von Prince Flo und Dr. Yomi vorgetragen wird, ergänzt die Musik perfekt. Spätestens beim Medley aus verschiedenen Ska-Klassikern, und dem ausgiebig zelebrierten „Monkey Man“ von The Specials ist die gesamte Kranhalle infiziert und die Stimmung trotz sichtbarere Müdigkeit im Publikum ebenso gut wie auf der Bühne. Die Ansage, dass die Band zunächst nicht wusste, wie die „bösen Metaller“ auf solche Musik reagieren würden, ist natürlich mit einem Augenzwinkern versehen – insgesamt wäre sie aber auch gar nicht notwendig gewesen, sieht man doch sowohl Bandmitglieder von Nebelkrähe und Eschata, als auch viele andere mit grimmigen T-Shirts bekleidete Freunde guter Musik grinsend in der Kranhalle tanzen. Diverse Sing-A-Long-Parts funktionieren auch um diese späte Stunde noch hervorragend und die immer wieder eingestreuten Swing- sowie Soul-Sprengseln machen das Ganze zu keiner Sekunde langweilig. Dass sich die STEAMY DUMPLINGS schließlich nicht lange bitten lassen und eine Zugabe hinten dran hängen, versteht sich beinahe von selbst. Nachdem die vor Schweiß tropfende Band sich beim nicht minder nassen Publikum verabschiedet hat, ist es Zeit die Kranhalle als Veranstaltungsort zu verlassen und die Aufmerksamkeit den STRAY COLORS, der letzten Band dieses denkwürdigen Abends zu widmen.
[Bernhard Landkammer]

Setlist STEAMY DUMPLINGS:
01. Big Riots
02. Sout To ska
04. Rise Up
05. Medley
06. My Place
07. Havanna Ska
08. Out Of Time
09. Suddenly Always
10. Hot Stuff
11. Easy
12. Step Off

13. Beam Me Up


Spät ist es, für den INZESTIVAL-Zuschauer jedoch offensichtlich noch nicht zu spät – findet sich doch um halb zwei erfreulicher Weise noch eine ansehnliche Fanschar in der Kranhalle ein, um mit dem Quartett STRAY COLOURS einen Konzerttag ausklingen zu lassen, wie er vielseitiger hätte kaum sein können.
Auch diese Band ist dieses Jahr – über Sänger Rüdi, welcher früher am Tag bereits mit Erscheinungsmuseum einen sehr gelungenen Auftritt absolviert hatte, mit der Bandfamilie verbunden – zum ersten Mal dabei. Gemeinsam mit Zlatko von Lucky Fish hatte dieser das Songwriter-Projekt erst unlängst aus der Taufe gehoben. Ergänzt um Percussions und Cello bieten STRAY COLOURS so eine Mischung aus Pop, Indie, Singer&Songwriter-Material und Balkan-Einflüssen, welche sich vor allem in der Melodieführung bemerkbar machen.
Jedermanns Sache ist das sicher nicht, aber von welcher spannenden Band könnte man das schon behaupten? Die Band jedenfalls ist mit Emotion und Elan bei der Sache – eine Einstellung, die auch zu später Stunde noch mitzureißen vermag, so dass das Publikum auch bei dieser letzten der 13 Bands des Tages noch voll mitzieht.
[Moritz Grütz]

Setlist STRAY COLORS:
01. Bergkönig (Intro)
02. Fainted Eyes
03. The Whale
04. Out of Time
05. Spaceship
06. Jam
07. Metaphors
08. Compagnone
09. Fall Too Much
10. Clouds
11. Memories
12. Paint It Black

Nach einiger Verzögerung ist es also doch noch gut 02:30 Uhr geworden, bis die letzten Gäste den Heimweg angetreten haben. Das INZESTIVAL III war definitiv eine Überraschung auf ganzer Linie: Die durch die große Bandzahl zu vermutende übermäßige Länge des Abends, die dem einen oder anderen im Vorfeld vielleicht Sorge bereitet haben mag, wurde durch die moderaten Spielzeiten, die auch für Fans aufeinander folgender Bands absolut verkraftbaren minimalen Überschneidungen und vor allem die kaum zu überbietende musikalische Abwechslung mehr als ausgeglichen, so dass man selbst bei den abschließenden Stray Colours mit einem vollen Dutzend gehörter Konzerte auf dem Buckel noch nicht vollkommen ausgelaugt war. Zudem stellten die Neuzugänge eine echte Bereicherung für das Festival dar, die die stilistische Bandbreite noch plausibler und vollständiger wirken ließ. Dies honorierten auch die Fans, die in ungleich größerer Anzahl als im Vergleich zum Vorjahr erschienen und hoffen lassen, dass das INZESTIVAL in seiner vierten Ausgabe im kommenden Jahr weiter wachsen kann.
[Marius Mutz]

Publiziert am von Marius Mutz, und

Fotos von: Marius Mutz

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