Interview mit Tarmo Kanerva von Poisonblack

Sentenced sind Geschichte – und zwar ein für alle Mal. Das wollen POISONBLACK um Frontmann Ville Laihiala mit ihrem neuen und mittlerweile vierten Langspieler „Of Rust And Bones“ noch einmal unterstreichen. Schlagzeuger Tarmo Kanerva beantwortete uns daher im Interview Fragen zur neuen Scheibe, ewig gestrigen Vergleichen zu Sentenced und der Kunst, vollständig entkleidet Songs aufzunehmen.

Hi Tarmo! Wie gehts dir heute?
Hi! Mir gehts ausgezeichnet, danke der Nachfrage!

Zuerst muss man euch natürlich zu eurem neuen Album “Of Rust And Bones” gratulieren. Bei der letzten Veröffentlichung, “A Dead Heavy Day”, waren sowohl Fans als auch Presse ja eher geteilter Meinung. Wie fielen denn die bisherigen Reaktionen aus?
Danke dir! Bisher ist es noch ziemlich schwer vorauszusagen, welche Reaktionen es zum Album geben wird, weil es bis dato nur Journalisten und unseren Freunden zugänglich gemacht wurde. Das Feedback von diesen Leuten war aber schon ziemlich positiv. Am wichtigsten ist uns aber natürlich, was die Fans davon halten – und das bleibt noch abzuwarten.

Die neue Scheibe klingt um einiges dreckiger und hat einen gewissen „Live-Faktor“, versprüht ein klein wenig vom Spirit, den ihr auch on stage habt. Wurde die Scheibe denn anders aufgenommen, als die letzte?
Ja, das hast du definitiv richtig erkannt. Wir wollten den selben Sound aufs Album zaubern, den wir auch haben, wenn wir auf der Bühne stehen. Deswegen wurden die Songs im Studio so „live“ wie möglich eingespielt. Nehmen wir zum Beispiel das Schlagzeug: Anstatt nur ein click track und eine Demo-Gitarre über meine Kopfhörer zu hören, hatten wir jetzt die ganze Zeit über beide Gitarren und den Bass. Wir haben sogar die meisten Bass-Spuren gleichzeitig mit den Drums aufgenommen. Auf diese Art und Weise haben beide Instrumente wesentlich mehr Groove.

Es lässt sich nicht leugnen, dass POISONBLACK von Album zu Album unabhängiger werden und sich von diesem Sentenced-Image entfernen. Ist es in gewisser Weise eine Erleichterung für dich und die anderen, nicht mehr ständig mit Sentenced verglichen zu werden?
Ich glaube, wir haben Schritt für Schritt zu unserem eigenen Sound gefunden. Meiner Meinung nach klangen wir zwar niemals wirklich nach Sentenced – aber es war nur natürlich, dass wir von vielen Leuten mit ihnen verglichen wurden. Vor allem am Anfang unserer Karriere mit POISONBLACK.

Zudem ist und bleibt es immerhin auch ein Kompliment, mit einer Band wie Sentenced verglichen zu werden. Aber hattet ihr nie das Gefühl, dass die POISONBLACK-Veröffentlichungen niemals in einem Maßen gewürdigt wurden, das sie verdient hätten? Einfach weil einige Leute noch wollten, dass ihr nach der Vorgänger-Band klingt?
Nein, eigentlich nicht wirklich. Selbstverständlich gibt es immer ein paar Hörer, die uns nur für ein Nebenprodukt von Sentenced halten – aber man kann es eben nicht allen recht machen und das wollen wir auch gar nicht. Wir schreiben Songs, die sich für uns gut anfühlen und hoffen weiterhin, dass sie nebenbei noch anderen Leuten gefallen.

Mit dem Song „Down The Drain“ hält „Of Rust And Bones“ auch eine ziemliche Überraschung bereit. Der Track wartet nämlich mit einem Blues auf und reflektiert eure neue, ein wenig rockigere Richtung. Wessen Idee war dieser Song denn?
Der wurde von Ville geschrieben.

Was hat der Rest der Band darüber gedacht? Waren alle vom ersten Moment an Feuer und Flamme oder eher skeptisch?
Ich kann mich gut daran erinnern, wie uns Ville den Songs vorgestellt hat. Am Anfang waren wir alle ein wenig besorgt und fragten uns, ob er denn überhaupt ins Gesamtbild passen und sich mit den anderen Tracks vertragen würde. Wir haben uns dann entschieden, es einfach mal zu versuchen. Darüber bin ich sehr froh, denn meiner Meinung nach hat er sich als ein großartiger Song entwickelt!

Ich finde, dass die aktuelle CD deutlich weniger melancholisch klingt. Womit erklärst du dir das? Vorausgesetzt, du teilst meine Ansicht.
Das ist lustig – ich empfinde nämlich genau das Gegenteil. Ich denke, auf „Of Rust And Bones“ gibt es wesentlich mehr melancholischere Songs als noch auf „A Dead Heavy Day“. Vielleicht ist es der Sound des Albums? Was ich meine ist, dass wir diese typischen, schweren Gitarren-Sounds auf dem Album haben. Vielleicht macht das die Stimmung ein wenig heller?

Das mag sein! Was mich auch eine Weile beschäftigt hat, war der Titel des Albums. Was wollt ihr uns mit „Of Rust And Bones“ sagen?
Nun, wir wollten vor allem, dass der Titel des Albums die einzelnen Songs miteinander verbindet. Als wir angefangen haben, uns über den Titel Gedanken zu machen und darüber zu diskutieren merkten wir schnell, dass es eigentlich zwei Arten von Songs auf dem Album gibt. Hart rockende und groovende wie „Leech“ und „Buried Alive“ und auf der anderen Seite ziemlich melancholische Nummern wie „Invisible“ oder „Down The Drain“. Unserer Meinung nach kombiniert der Titel „Of Rust And Bones“ diese beiden Elemente.

Ziemlich minimalistisch ist dieses Mal allerdings das Artwork ausgefallen. Es ist ja praktisch nur eine Schlange zu sehen. Steht das Artwork denn in direkter Verbindung zur Musik?
Das stimmt soweit schon, ja. Wir wollten das Artwork so einfach wie möglich gestaltet haben, weil die Musik an sich auch relativ simpel und straight rockend ist. Ein Grafiker namens Teemu Hostikka hat das Coverartwork entworfen – wir sagten ihm nur den Titel, erklärten ihm dessen Bedeutung und gaben ihm dann komplett freie Hand. Er konnte sich künstlerisch vollkommen entfalten. Wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden, mir selbst gefallen vor allem die Farben ziemlich gut. Ich weiß nicht, woran genau Teemu dachte, als er die Schlange einbaute, aber vielleicht soll sie als Symbol der Versuchung gesehen werden.

Ich habe gehört, ihr habt einige Songs komplett nackt aufgenommen. Stimmt das?
Das stimmt, ja! Am ersten Tag im Studio haben wir vollkommen nackt gearbeitet. Das hat das Eis am Anfang gebrochen. Wenn du etwas so Verrücktes machst, wie nackt zu spielen, bringst du einfach sehr viel Ruhe und Entspannung in eine eigentlich ernste Angelegenheit. Fakt ist nämlich: Wenn man endlich ins Studio kommt und einen Song davor im Proberaum immer und immer wieder gespielt hat, kann man es auch ganz leicht damit übertreiben und schnell etwas erzwingen wollen. Musik klingt einfach besser, wenn man die Dinge nicht ganz so ernst nimmt – und man hört dem Album deutlich an, dass wir eine Menge Spaß während der Aufnahmen hatten!

Gab es dabei noch andere positive Effekte?
Man ist auf jeden Fall weniger egoistisch, wenn man bis auf die Eier blank gezogen hat – so viel ist klar!

„Of Rust And Bones“ ist der vierte POISONBLACK-Album innerhalb von sieben Jahren. Worin unterscheidet es sich – musikalisch und aus persönlicher Sicht – vom ersten Album?
Aus musikalischer Sicht gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Alben. Für mich hörte sich das erste Album sehr gotisch an – danach kamen wir aber zu einem rockigeren und Gitarren-orientierteren Sound. Ich würde gerne glauben, dass es keine großen Veränderungen an mir als Person gab, aber das ist natürlich schwer zu sagen. Ich hoffe, dass ich immer noch mit beiden Beinen auf dem Boden stehe, meine Freunde und Familienmitglieder das auch so sehen und ich die gleiche Person bin, die ich vor meinem Eintritt in POISONBLACK war.

Track Nummer neun hört sich nicht nur gut an, sondern auch auf den Namen „The Last Song“. Wir hoffen natürlich alle, dass das nicht wörtlich zu nehmen ist!
Du bist nicht der Erste, der darauf anspielt! Wenn man sich näher mit den Lyrics beschäftigt, kann man heraushören, warum er diesen Namen bekommen hat. Ich weiß, dass Ville und Janne schon ein paar grundsätzliche Melodien und Ideen für neue Songs haben – deswegen kann ich mit Sicherheit behaupten, dass es weitere Songs geben wird und dieser gewiss nicht unser letzter war!

Ihr konntet schon einige Album- und Single-Charterfolge in eurer Heimat verzeichnen. Meinst du, die neue Scheibe kann an die alten Erfolge anschließen und diese vielleicht sogar toppen?
Das ist schwer zu sagen, aber ich hoffe es natürlich. Wenn wir Musik schreiben, denken wir natürlich nicht über solche Dinge wie Chartplatzierungen nach. Natürlich ist es immer eine nette Sache, wenn man dort erfolgreich ist, aber die Hauptsache ist, hinter deiner Musik stehen und stolz darüber sein zu können.

Die Reaktionen auf eure Shows 2008 mit Dark Tranquillity waren praktisch durchweg positiver Natur – was ich nur bestätigen kann. Gibt es schon ein paar Neuigkeiten über Live-Aktivitäten für dieses Jahr?
Danke dir für das Kompliment – das freut mich zu hören! Im April werden wir in Finnland eine Tour starten, die uns vor dem Sommer hoffentlich noch für ein paar Shows nach Deutschland führen wird. Im Mai gehen wir außerdem zum ersten Mal nach Japan, worauf wir echt schon sehr gespannt sind. Während des Sommers versuchen wir logischerweise so viele Festivals wie möglich zu spielen und hoffentlich gibt es im Herbst dann auch eine große Europatournee. Aber leider ist bisher noch nichts bestätigt.

Es gibt da ein Promofoto, auf dem du mit den anderen Bandmitgliedern um ein brennendes Fass versammelt zu sehen bist. Die Stimmung darauf erscheint nicht sehr euphorisch.
Wir wollten einfach etwas anderes machen, als diese ganzen glamourösen Rock Star-Promofotos. Viele Songtexte auf „Of Rust And Bones“ handeln davon, dass zu viel Alkohol getrunken wird. Es fühlte sich deshalb gut an, dieses Motiv zu wählen und die Dinge ein wenig überspitzt darzustellen.

Alkohol ist allgemein wieder ein großes lyrisches Thema mit der neuen Scheibe. Hauptsächlich für Ville oder auch für dich und andere Bandmitglieder?
Nun, ich denke, dass Ville die Inspiration für diese Texte schon aus seinem Privatleben bezogen hat, weswegen die meisten Texte auch von ihm selbst handeln dürften. Ich trinke schon immer, aber für mich persönlich stellte der Alkohol nie ein Problem dar. Ich kam deswegen nie zu spät zur Arbeit, habe eine unserer Shows versaut oder etwas dergleichen.

Auf Tour fällt es natürlich auch gerne mal schwerer, nüchtern zu bleiben oder sich am nächsten Morgen noch an alles erinnern zu können. Selbst wenn man das Rock Star-Image nicht bis zum Umfallen pflegt – sowas passiert trotzdem.
Wenn wir auf Tour sind, trinken wir natürlich mehr, als wenn wir bei uns zu Hause wären. Das ist ganz klar. Aber ich persönlich trinke nie mehr als zwei Bier vor einer Show. Manchmal betrinke ich mich danach total, aber für gewöhnlich bin ich betrunken äußerst ruhig und entspannt, wodurch es sehr selten passiert, dass ich mal etwas von der Vornacht zu bereuen habe.

Lass uns das Interview mit einem kleinen Brainstorming abschließen. Was fällt dir spontan zu den folgenden Begriffen ein:

Nacht: Beste Zeit des Tages!
Kirche: Cool aussehende Gebäude in vielen Städten, sonst nichts.
Salmiakki: Bestandteil eines tollen Drinks in Finnland!
Berlin: Schöne, historische Stadt
Metal1.info: Ein cooles Webzine, oh ja!

Tarmo, vielen Dank für deine Zeit. Machs gut!

Geschrieben am von Metal1.info

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