Interview mit Meggers von The Casualties

1990 gegründet, gehören THE CASUALTIES zwar nicht zur ganz alten Garde des Punk, sind als Konstante aus der Street-Punk-Szene jedoch nicht mehr wegzudenken: Mit „Chaos Sounds“ erschien unlängst das elfte Album der New Yorker. Schlagzeuger Meggers über die 90er, Punk im Jahre 2016 und sein Idol Lemmy.

The-Casualties-LogoHi Meggers, wie geht’s, wie ist die Lage in New York?
Nicht schlecht … man versucht sich warmzuhalten. Wir haben gerade einen extremen Schneesturm. Hier liegen jetzt schon gut 60 Zentimeter!

Deine Band, THE CASUALTIES, gibt es seit 1990, ihr seid mittlerweile eine echte Punk-Legende. Hättest du dir träumen lassen, dass es diese Band so weit bringt?
Kurz gefasst: Nie im Leben. Aber wir haben in all den Jahren hart daran gearbeitet, die Band im Rennen zu halten. Wir haben uns aufgeopfert, und das zeigt sich jetzt eben, denke ich. In unserem Genre hat man so viele Bands kommen und gehen sehen – aber uns gibt es immernoch, sogar seit über 16 Jahren im gleichen Lineup.

Casualties_3656-5a-Jaka_Curlic

Wo siehst du die Hauptunterschiede, wenn du die heutige Zeit mit den 90ern vergleichst?
Damals, als wir angefangen haben, unsere ersten Shows zu spielen, gab es das Internet nicht. Wenn du neue Bands hören wolltest, bist zu zu Konzerten gegangen und hast Kassetten, CDs oder Platten gekauft. Du hast Leuten Briefe geschrieben und hast Musik über den Postweg getauscht – nicht über Links oder Torrent-Server. Damals war nicht alles so leicht verfügbar.

Was bedeutet der Begriff Punk für dich?
Punk bedeutet Freiheit … alles zu hinterfragen, alles denken zu dürfen, Authoritäten zu hinterfragen. Solidarität mit ähnlich gesinnten Leuten, die nicht in die sogenannten sozialen Normen passen. Und all das verpackt in laute Musik!

In den 90ern war Punk eine große Sache – wie ist das heute? “Punk’s not dead” ist der Slogan der Szene, aber stimmt er auch im Jahr 2016 noch?
Punk kommt und geht in Wellen – aber Punk wird nie tot sein. Er ist Rock ’n‘ Roll! Es wird immer Kids geben, die in der Garage drei einfache Akkorde auf der Gitarre lernen und dann Freunde dazuholen, um eine Band zu gründen. Damit fängt es an und das wird auch immer so bleiben. Wenn nicht, haben wir ein echtes Problem!

Casualties_3783-Jaka_Curlic

Ich habe das Gefühl, die Hochphase des Punk ist vorbei …
Du kannst denken, was du willst, aber damit klingst du wie ein alter, verbitterter Bastard. Ich glaube, heute entstehen immer mehr Punkbands und die Szene ist so aktiv wie viele Jahre nicht!

… was insofern verwunderlich ist, als die politische Situation weltweit doch eigentlich wie dafür gemacht scheint, eine neue, rebellierende Jugend heranzuzüchten?
Unsere Welt ist am Arsch! Jeder kann das sehen. Religionskriege, Kriege für Öl, Terrorismus, Armut, das Bankensystem, das Arbeiterfamilien buchstäblich beraubt, Rassismus und so vieles mehr. Wir leben in harten Zeiten, und die Leute müssen als Menschen zusammenhalten. Das sind perfekte Zeiten um als Punkband anzufangen: Die Jugend ist sauer und frustriert, und das gleiche gilt auch für fast jeden sonst, der ein bisschen aufpasst. Der Nährboden ist da! Das echte Leben. Benutze es, schrei es heraus, werde wütend!

Müssen Punk-Texte denn deiner Ansicht nach politisch sein?
Ich habe an allen Arten von Punksongs und -texten Spaß. Ich glaube, sie haben alle ihre Daseinsberechtigung. Ich finde eine Band, die über Politik singt und die Leute wachrütteln will, genauso geil wie eine, die einfach Spaß hat und über einen schlechten Tag in der Arbeit singt oder darüber, mit Freunden einen zu trinken. Es gibt da alles, und alles sollte man würdigen.

The Casualties - Chaos SoundWie haltet ihr das? Worum geht es in den Texten eues neuen Albums, “Chaos Sound”?
Auf dem Album variiert das: Wir haben Anti-Kriegs-Texte, solche darüber, von den Reichen aus unserer eigenen Stadt verdrängt zu werden und über die chaotische Musik, die uns antreibt. Diesmal geht es wirklich quer Beet. Und ein Motörhead-Cover über die Ramones, um gleich zwei unserer Lieblingsbands gleichzeitig Tribut zu zollen. Der Song rockt einfach, und wir haben ihn aus Bewunderung und tiefstem Respekt beiden Bands gegenüber ausgewählt. Musikalisch ist es auch ein cooler Effekt, dass bei dem Song unser Bassist Rick den Gesang übernommen hat.

Lemmy ist also auch für euch als Punker ein Idol gewesen?
Definitiv! Der Mann ist unser Held und sein Leben und Tod gehören gebührend gefeiert! Wenn du Motörhead nicht magst, bist du ein Depp. (lacht)

Welche anderen Bands sind für euch, heute selbst eine Punk-Legende, Idole geblieben?
Ich würde uns definitiv nicht als “legendär” bezeichnen, aber Bands, die ich als Jugendlicher verehrt habe und die es heute immer noch gibt, geben mir ein bisschen ein Gefühl von Geborgenheit. GBH zum Beispiel reißen immer noch alles ab, jedes Mal, wenn ich sie sehe. Oder Iron Maiden, von klein auf meine Lieblingsband, klingen auch heute noch großartig und ziehen die besten Shows ab. Es gibt immer noch eine Menge alter Hunde, die immernoch richtig reinhauen. Davor habe ich einen höllisch Respekt!

Casualties_3923-Jaka_CurlicWie sieht es bei euch aus, plant ihr mit “Chaos Sound” auch Shows in Europa?
Ja, klar! Wir kommen im Sommer rüber. Ich glaube, es geht mit dem Resurrection Fest in Spanien los, dann touren wir für sechs bis acht Wochen durch Europa. Die Termine sollten bald feststehen.

Letzte Frage: Wer ist eigentlich auf die Idee mit dem Operngesang als Intro zu “Chaos Sound” gekommen?
Das war Jorge. Er liebt diese alten Spaghetti-Western. Wir hatten schon mal ein Intro für unsere Live-Shows, bei dem Trompeten und Hörner zu hören waren, während wir rauskamen. Wir wollten etwas ähnliches, aber etwas düsterer, für das Album. Und er kennt eben eine aufstrebende Opernsängerin. Er hat sie gefragt, ob sie etwas vergleichbares mit ihrer Stimme hinbekommen könnte, so dass es nach einem düsteren Stammes-Ruf klingt. Das ist für uns mal was ganz anderes und ich finde es ziemlich gelungen. Wir wollten immer unserem Sound und unseren Wurzeln treu bleiben, aber auch keine Scheu davor haben, mal etwas Neues auszuprobieren. Diesmal eben einen düsteren Stammesgesang, inspiriert vom Soundtrack alter Western-Filme.

Vielen Dank für deine Zeit und Antworten!
Kein Problem, danke für das Interview. Cheers!

Zum Abschluss noch unser Metal1.info-Brainstorming:
Donald Trump: Anscheinend war er ein Fan von uns bis er unseren Bassisten und Sänger gesehen hat (lacht)
Pistols oder Ramones: Beide!
Metal: Fuck yeah!
Flüchtlingskrise: Lasst sie rein.
THE CASUALTIES in zehn Jahren: Etwas härter, mehr Tattoos, weniger Haare!
Dein Lieblingsalbum 2015: Die Long-Knife-Diskographie.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert