Konzertbericht: Everlast w/ Team Makasi

2010-07-19 München, Backstage Halle

“Sag mal, kennst du Everlast noch?” „Die Klamottenmarke?“ „Ne, den mit „What It’s Like?““ „Wen???“ „Pass auf…“ *die ersten Takte des Songs laufen* „ACH, der….“ – solche Gespräche sind hierzulande alles andere als selten, denn der Welthit von Erik Schrody aka Everlast ist jedem noch so vernarrten Mainstream-Radiohörer bereits nach wenigen Sekunden ein Begriff. Allerdings ist es im Laufe der Jahre ruhiger geworden um den US-Musiker, der nach eigener Aussage im Business „die highest Highs und lowest Lows“ erlebt hat.
Sein letztes Album „Love, War and the Ghost of Whitey Ford“ liegt inzwischen satte 2 Jahre zurück und spaltete die Musikwelt wieder einmal in diejenigen, die seine grenzenlose Experimentierfreudigkeit liebten, und diejenigen, die ihn genau dafür hassten. Trotz seines insgesamt in die Jahre gekommenen Songmaterials ging Everlast im Juli auf Tour nach Übersee: Im Rahmen eines kleinen Deutschlandabstechers mit lediglich vier Auftritten verschlug es ihn und seine 3-Mann-Band am 19. Juli in das Münchner Backstage. Wer die kleine Halle kurz vor dem angekündigten Beginn um 20 Uhr betrat, bekam allerdings einen mittleren Schock: Gerade 20 bis 50 „Fans“ hatten sich dort eingefunden und man fragte sich unweigerlich, wie dieser Mann in den späten 90ern beinahe vor ausverkauftem Haus in der Olympiahalle auftrat.

Doch die Zeiten haben sich geändert und so auch die Everlast-Konzerte, die genau wie Schrodys Musik immer für Überraschungen gut sind: So gab es um 20 Uhr weder ein „What it’s like“ noch ein „Ends“, sondern die inoffiziellen Münchner Hip Hop Open im kleinsten Kreis – von und mit Team Makasi, die scheinbar über eine unerschütterliche Gute-Laune-Garantie verfügen. Trotz kaum vorhandenem Publikum versuchten die vier Musiker unermüdlich stets fröhlich, frisch und munter ihre Songs an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Das gelang mehr oder weniger erfolgreich. Einerseits hatte niemand mit dem unangekündigten Support gerechnet und demnach hielt sich die allgemeine Begeisterung zunächst merklich in Grenzen, doch Roger Rekless, Boshi san. und ihre beiden Mitmusiker versuchten das Beste draus zu machen – bis es einer mitkriegt (so auch der Titel ihrer gleichnamigen EP).
Und das Publikum bekam es mit, größtenteils sogar freiwillig. Zwar gingen die Texte und Freestyles im allgemeinen Soundbrei unter (so wurde für meine Ohren aus „Roger Rekless“ anfangs „Hold your necklace“ und aus dem Track „Heb dein Kind hoch“ ein wenig schmeichelhaftes „Wirf dein Kind vor“), aber immerhin gaben sich die Jungs trotz zig erfüllter Hip Hop Klischees ziemlich authentisch ohne dabei affektiert zu wirken. Als am Ende Boshi san., der äußerlich wie stimmlich an einen jungen Jan Delay erinnert, einige Takte von Michael Jacksons Hit „Man In The Mirror“ sang war sogar ich für einen kleinen Moment wirklich begeistert. Trotzdem fiel mir der Abschied vom gesamten Team nach gut 40 Minuten weniger schwer.

Jedoch hätten Rekless, Boshi und Co. ruhig noch ein paar Takte (oder eher Beats) länger spielen können, denn es dauerte sage und schreibe 50 Minuten, bis Everlast danach die Bühne betraten. Zunächst begann die Setliste ungewohnt monoton und blueslastig (dafür sehr laut), bis schließlich beim Johnny Cash-Cover „Folsom Prison Blues“ der Groschen fiel und die stetig wachsende Menge vor der Bühne in Wallung kam. Mit „Ends“, „White Trash Beautful“, dem alles überragenden „Stone In My Hand“ und dem obligatorischen „What It’s Like“ ging es querbeet durch die knapp 22-jährige Schaffensphase des irischstämmigen Künstlers. Seine Ansagen zwischen den Songs beschränkten sich zwar auf „How are you doing?“ und „Thank you“ in diversen Abwandlungen, doch als ihn beim Stimmen seiner Gitarre ein Fan mit relativ sinnfreien Zwischenrufen aus der ersten Reihe zu sehr störte, wurde dieser mit einem blitzschnell aus der Hüfte geschossenen „Shut the fuck up“ und einem Augenzwinkern ruhig gestellt.
Leider missglückte trotz gestimmter Gitarre die Live-Version von „Put Your Lights On“, obwohl sich der farbige Carlos Santana-Ersatz sichtlich abmühte, dem Original wenigstens für ein paar Minuten das Wasser reichen zu können. Soundtechnisch waren alle Elemente von Höhen über Tiefen völlig übersteuert, so dass die gedämpft-groovige Atmosphäre der Studioversion völlig Flöten ging.
Gegen Ende bekamen die Mitmusiker bei der extralangen Version von „What It’s Like“ ihre eigenen 5 Minuten im Rampenlicht (den Rest beanspruchte Whitey Ford für sich), wobei der Keyboarder schlussendlich sogar mit den Ellbogen sein Instrument malträtierte und der farbige Hip Hop Drummer ein umjubeltes Solo mit erstaunlichen Tempiwechseln einbaute.
Vor den zu erwartenden Zugaben hatte die Band ihr Hitpulver in der sehr kurzen, dafür gut gewählten Setliste bereits komplett verschossen, doch statt neuem Material oder sinnfreien Coverversionen entführte Everlast die tobende Menge in die Anfangszeit seiner Karriere, als er als Teil von House of Pain den Hip Hop Megahit „Jump Around“ schrieb (dessen Beat er auch für „Folsom Prison Blues“ verwendet hat). So stand Schrody nun ganz ohne Gitarre, ohne Folk und ohne Blues auf der Bühne und brachte die Menge mit schnellen Raps zum Springen, bevor er mit „Black Jesus“ den insgesamt durchaus gelungenen Abend eher gemächlich ausklingen ließ.

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