Konzertbericht: Götz Widmann w/ Fred Timm & Pensen, Kriss Cologne

2009-12-26 Logo, Hamburg

Seit fast zehn Jahren ist es nunmehr gute Tradition, dass zur Weihnachtszeit GÖTZ WIDMANN und die MONSTERS OF LIEDERMACHING (bzw. davon FRED TIMM und PENSEN) einige Konzerte im kleinen Hamburger Logo spielen. Dieses Mal hatten sie überdies KRISS COLOGNE im Gepäck, der für die Altmeister des „Liedermaching“ eröffnen sollte. Unsere Wahl fiel auf den mittleren der drei diesjährigen Termine, doch letzten Endes dürfte sich wenig vom vorigen oder späteren unterschieden haben.
Gegen acht Uhr betraten wir das kleine Logo, in dem sich schon bald die ersten Leute – wie es bei derartiger Musik ja durchaus üblich ist – auf den Boden setzten und fleißig Tüten drehten. An die Einhaltung des allgemeinen Rauchverbotes war an diesem Abend natürlich nicht zu denken, aber irgendwie gehört zu Widmanns Auftritten eben auch Tabak- und Spezialgemüse-geschwängerte Luft.

Um kurz nach neun betraten das erste Mal die Künstler die Bühne, um die Gäste zu begrüßen und den Ablauf des Abends anzukündigen. Als erster Musikant war der mir vorher unbekannte KRISS COLOGNE an der Reihe, der das Standardrepertoire des „Liedermachings“ – freche und manchmal nachdenkliche Texte, gepaart mit dezenter Akustikgitarre – um HipHop-Rhythmen erweiterte. Eine Besonderheit seines Sounds ist der Einsatz eines Elektro-Schlagzeugs, welches über „Tasten“ an seiner Gitarre ausgelöst wird. Zunächst war dies gar nicht zu bemerken und mir stieß die vermeintlich von Band kommende Begleitung sauer auf, bis dies aber später zu meiner Zufriedenheit aufgeklärt wurde.
KRISS machte seine Sache als Anheizer ordentlich, blieb aber noch um einiges hinter dem Können der Hauptakteure zurück. Seine Reime ließen Witz vermissen, und ein ums andere Mal wollte ich ihm fünf Euro fürs Phrasenschwein aus der Tasche ziehen (ausgelutscht sind einfach Sätze wie „Ich packe meine Sachen…“ „Du erntest, was du säst…“ usw.). Jedoch konnte er sich zum Schluss mit der Aussage, das einzige Blatt, was er vor den Mund nähme, sei ein Pape zum Tütendrehen, ganz gut rehabilitieren. Dass aber keiner mit ihm „bouncen“ wollte, kann einem Leid tun oder nicht, er schien jedoch zufrieden mit der Ausbeute an Applaus.

Die zweite Runde ging an FRED TIMM und PENSEN, die mir vorher auch nicht auf der Bühne begegnet waren. Da ersterer lange Jahre Mitglied der A-Capella-Gruppe „Norbert und die Feiglinge“ war, konnte das Duo auch aus diesem Repertoire schöpfen. Mit großen Spaßnummern wie „Durchschnitt“, „Opas Grab“, „Nur drei Akkorde“ oder „Stille Nacht“ – natürlich mit großem Mitsingen – hatten die beiden das Hamburger Publikum fest im Griff und sichtlich eine Menge Spaß. Die beiden gut aufgelegten Witzbolde spielten sich nicht nur musikalisch, sondern auch in den Ansagen gekonnt die Bälle zu. Sehr wichtig war den beiden zum Beispiel dem Publikum stets mitzuteilen, wer jetzt welche Art von Gitarre (oder sogar Bass!!!) spielte. Dass hie und da auch ein wenig improvisiert wurde, machte den Auftritt nur noch sympathischer, der nach einigen Songs sein vorläufiges Ende finden sollte.

GÖTZ WIDMANN betrat als „Headliner“ zum ersten Mal etwa um viertel nach Zehn die festlich geschmückten Bretter des Logos. Gewohnt lässig und mit enger Tuchfühlung zum sitzenden Publikum zockte er gleich zu Beginn manchen Klassiker seiner alten Band „Joint Venture“, darunter „Hank starb an ner Überdosis Hasch“, „Politiker beim Ficken“ und „Sitzend Pinkeln“, immer gemischt mit jüngeren Granaten wie „Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4“ und „Kamikazefraun“ oder aber ganz neuen Nummern von der aktuellen Platte „Hingabe“, darunter „Mannhirn“ und „Der Laptopwebcammann“. Die Stimmung kochte, es wurde gewaltig mitgesungen und natürlich auch manches Genuss- und Rauschmittel konsumiert. Dass das Logo an die Grenze seiner Kapazität gekommen war, merkte man deutlich, denn ein Gang zum Klo oder an die Bar wurde durch die Massen von sitzenden wie stehenden Menschen zu einer Odyssee.

Gemütlich, wie die ganze Feier angelegt war, gab es dann gegen 23 Uhr eine kurze Pause, in der man „Zum Nichtrauchen rausgehen“ konnte. Auch gab es bereits Karten für die nächsten Konzerte der Monsters und Widmann zu erwerben.
Im Anschluss kamen noch einmal Fred Timm und Pensen zum Zug, die sich mit dem Song „Trotzdem HSV“ in einer nicht gering mit FC St. Pauli-Fans gefüllten Bude nicht nur Freunde machten. Das kosteten die beiden aber natürlich auch aus und ließen die beiden Lager verbal gegeneinander antreten. Friedlicheren Spaß gab es jedoch noch mit Nummern wie „Marzipan“ („Lady In Black“ lässt grüßen), „Carola“, „Blasenschwäche“ oder „Mein Schwan“. Angesichts der großen Menschenmenge war nun zwar nichts mehr mit Sitzen, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch, und so räumten Fred Timm und Pensen auch im zweiten Durchgang, quasi als Hamburger Hausherren, ganz gewaltig ab.

Auch der Chef des Abends ließ sich nicht Lumpen und spielte ein zweites und noch viel längeres Set, hin und wieder durch Mitglieder der Vorgänger unterstützt. Götz gab Nummern wie „Dein Vater hat nen Kater“ „Sozialberuf“, „Älter als Kurt Cobain“, „Die zarte Artischocke“, „Eduard der Haschischhund“, „Landkommunenhippie“ „Ich brauch Personal“, „Ich liebe mich“, „In der S-Bahn“, „Ich schäme mich beim Wichsen“ und noch eine ganze Reihe toller Songs zum Besten. Mehrere Male ließ er sich, ob allein oder mit Begleitung, zu einer weiteren Zugabe hinreißen – so konnten Lippenleser deutlich das „Sollen wir noch eins spielen?“ zwischen Götz und Fred erkennen. Erst gegen 1 Uhr nachts entließen die Sänger das Publikum in die letzte stille Nacht.

Entspannt und äußerst unterhaltsam ist ein solcher Abend, nicht nur wegen der Musik, die auch genau so umschrieben werden kann. Neben den Türstehern, die auch einen fast abgewischten Einlassstempel nicht krumm nahmen und dem äußerst humanen Preis von 10 € im Vorverkauf war es die ganze Atmosphäre, die einen trotz eines sehr langen Konzertabends einfach nicht ermüden ließ und dennoch erfüllte.

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